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Carolyn

„Polizei?!", entfuhr es mir. Es gelang mir gerade noch, meine Stimme zu dämpfen, um die anderen Gäste in Violet's Bakery, wo Rose und ich auf das Urteil des Automechanikers warteten, nicht auf uns aufmerksam zu machen.

Eine Autopanne konnte es immer mal geben, aber als Ryan, der zu Jason Tennants Werkstatt spaziert war, um zu sehen, was es neues gäbe, mit der Nachricht zurückkam, dass die Polizei dort war und Spuren sicherte, wäre mir fast der Rest von meinem belgischen Plunder aus der Hand gefallen. Der Bissen, den ich mir gerade in den Mund geschoben hatte, schmeckte wie Pappe und ich schluckte schwer, um ihn hinunterzubekommen. Ich spülte mit Tee nach, aber der Kloß in meinem Hals ließ sich nicht hinunterspülen.

„Da hat jemand an den Bremsschläuchen herumgemacht. Die Polizei hat es bestätigt.", sagte Ryan. Er war sichtlich geschockt und ihm war für den Moment seine flapsige Art abhanden gekommen.  Er wirkte nervös, seine roten Locken waren noch mehr zerzaust als sonst. "Die Polizei will auch mit uns reden."

„Worüber denn?", wunderte sich Rose.

„Sie wollen wissen, ob wir etwas gesehen haben."

„Das haben wir nicht, weil wir beim Einkaufen waren. Ich habe keine Ahnung, wer so etwas tun würde!"

„Ich auch nicht", sagte ich leise und begann mit meinem Teelöffel zu spielen, indem ich ihn nervös von einer Hand in die andere gleiten ließ. Unschöne Bilder stiegen in mir auf. Visionen von einem Haufen Schrott neben der Straße, der einmal ein Audi gewesen war.  Mir wurde heiß und kalt, als ich daran dachte, was hätte passieren können, wenn die moderne Technik, die in Davids Auto zum Glück verbaut war, nicht Alarm geschlagen hätte. Man kannte so etwas schließlich aus Krimis und Agentenfilmen. Manipulierte Bremsen, die einen Autounfall provozieren sollten. Mord, als Unfall getarnt. Mir schauderte und der Teelöffel fiel klappernd auf die Tischplatte. „Warum?", fragte ich mich leise. "Hatte es derjenige auf David abgesehen?", sprach ich den quälendsten meiner Gedanken aus.

„Das wird die Polizei herausfinden", sagte Ryan, sichtlich darum bemüht, gelassen zu wirken, aber er gab es schnell auf, in dem er sich zum widerholten Mal nervös mit den Händen durch das rote Haar fuhr. „Scheiße, ich könnte jetzt einen Drink vertragen." Rose griff nach seiner Hand, als er die seine wieder sinken ließ und warf ihm einen langen Blick zu. 

„Was wird die Polizei herausfinden?" Eine überaus freundliche Männerstimme mischte sich in unser Gespräch ein und als ich den Kopf in die Richtung drehte, aus der die Stimme gekommen war, sah ich Roy Miller neben unserem Tisch stehen.

„Was wollen Sie?", fragte ich feindselig, was überhaupt nicht zu mir und meiner ansonsten stets höflichen Art passte. Ein bisschen geschockt von meinem eigenen Verhalten, biss ich mir auf die Lippen. Alte Gewohnheiten sterben langsam und lassen sich offensichtlich nicht einmal von Mordanschlägen beeindrucken.

Roy Miller lächelte unvermindert und besaß die Unverfrorenheit, sich einen Stuhl heranzuziehen und sich zu uns an den Tisch zu setzen.

„Hat Sie jemand eingeladen? Sie sind doch dieser Reporter?", fragte Ryan, straffte den Rücken und sah Miller kühl an. Er wirkte immer so locker, aber auch er konnte den unnahbaren Aristokraten heraushängen lassen. Zum ersten Mal fiel mir eine gewisse Ähnlichkeit zu David an ihm auf. Es waren die gestraffte Haltung und der Blick.

Doch Miller blieb vollkommen ungerührt. „Ich bin auf Einladung Ihres Freundes hier, Carolyn, stimmt's?"

„Der Interviewtermin ist erst morgen", presste ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Ich wollte zwar nicht unhöflich sein, aber ich war auch gerade absolut nicht in der Stimmung für Smalltalk. Schon gar nicht mit einem Reporter, der mit Vorliebe Lügen verbreitete.

Love Christmas - A Cinderella StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt