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Die Mittagspause verbrachte ich in dem kleinen Café um die Ecke, wo ich mich mit einem Sandwich und einer Tasse Kaffee an meinen üblichen Platz in der Ecke am Fenster setzte, und ein Buch aus meiner Tasche holte. Es war ein Thriller und ziemlich spannend, aber heute konnte ich mich nicht darauf konzentrieren. Stattdessen schweifte mein Blick durch den Raum, ohne wirklich etwas zu sehen. Mein Spiegelbild in der Glasfront des Cafés verriet mir, dass ich blass war. Man sah, dass ich nicht gut geschlafen hatte. 

Plötzlich begegnete mir in der Spiegelung der Glasscheibe ein Paar Augen und ich wandte mich um. Ein Mann stand vor mir, etwas älter als ich, ein gepflegter Dreitagebart mit grauen Sprenkeln beschattete sein freundliches Gesicht. Sein Blick ruhte auf mir und ich senkte den meinen schnell in mein Buch, ohne etwas zu lesen.

„Entschuldigung", sagte er mit freundlicher Stimme. „Ich wollte nicht stören. Ist hier noch frei? Der Laden ist heute Mittag ziemlich voll."

Ich sah zu ihm auf und ließ meinen Blick dann durch das Café schweifen. Tatsächlich war jeder Tisch besetzt. Allerdings hätte er sich sicherlich auch an einem anderen, größeren Tisch dazusetzen können. Weil ich aber praktisch nie unhöflich sein konnte und gerne hilfsbereit war, nickte ich und schob meine Sachen ein wenig zur Seite, damit er seine Kaffeetasse abstellen konnte.

„Klar", sagte ich und versenkte den Blick wieder in mein Buch.

„Die machen hier tolle Sandwiches", sagte er im Plauderton. „Kommen Sie öfters her?"

Ich holte Luft. Ich hatte absolut keine Lust, mich mit diesem Fremden zu unterhalten, aber lesen konnte ich so auch nicht, und dann wäre da noch meine Unfähigkeit, unhöflich zu sein, also blickte ich auf und rang mir ein Lächeln ab.

„Ja, ich arbeite nicht weit von hier."

„Ich auch. Erstaunlich, dass wir uns bisher nie über den Weg gelaufen sind. Mein Name ist Roy Miller." Er streckte mir über den Tisch hinweg die Hand hin.

Ich schüttelte die ausgestreckte Hand. „Carolyn Montrose", sagte ich unverbindlich lächelnd.

Er lächelte ebenfalls. „Ein schöner Name."

Hatte er mir gerade zugezwinkert? Schnell widmete ich mich wieder meinem Buch und nahm gleichzeitig einen Schluck Kaffee.

„Was lesen Sie da?", fragte er.

„Ein Thriller." Ich zeigte ihm den Einband und er las den Titel.

„Klingt gut", fand er. „Und Sie arbeiten in der Gegend? In welcher Branche sind Sie tätig?"

„Ich bin Sekretärin", sagte ich ausweichend, weil mir die Fragerei langsam suspekt vorkam.

„Wie interessant", fand er und nahm einen Schluck Kaffee. Dann zog er aus einer Laptoptasche eine Zeitung und legte sie neben seine Kaffeetasse. Der Tisch war so klein, dass ich meinen Teller noch ein Stück weiter wegschieben musste und dabei fiel mein Blick auf die aufgeschlagene Seite. Sofort wurde mir kalt und der Bissen von meinem Sandwich, den ich gerade am Kauen war, schmeckte plötzlich wie Pappmaché. Es war die Ausgabe der Sun mit den Bildern von David und mir.

Der Fremde musterte mich über den Tisch hinweg und beobachtete meine Reaktion, während ich verzweifelt versuchte, mich unter Kontrolle zu halten.

„Das sind Sie, Miss Montrose, stimmt's?", fragte er, aber es war klar, dass er keine Antwort brauchte. Er hatte mich erkannt. „Sie arbeiten bei Jefferson & Co."

„W- was?" Ich klang kläglich. „Woher wissen Sie das?"

„Als meine Redaktion diese Bilder von einem Fotografen kaufte, kam mir die Frau darauf gleich bekannt vor. Ich habe ein ausgezeichnetes Gedächtnis für Gesichter und wusste, dass ich Sie in einem ganz anderen Zusammenhang schon mal gesehen hatte. Nach ein bisschen Durchforsten der Archive fiel es mir wieder ein. Es war auf dem Architekturkongress im letzten Jahr, als Ihr Chef einen Preis für einen Entwurf entgegennahm. Sie waren dabei, als ich ihm ein paar Fragen stellte und dann fiel mir ein, dass Dunbrook gerade Ihren Chef als Architekten engagiert hat. Zufälle gibt es! Oder gibt es zwischen diesen Fotos", er tippte mit dem Zeigefinger auf die Zeitung auf dem Tisch, „und dem Auftrag der Dunbrook Real Estate Holding einen Zusammenhang?"

Love Christmas - A Cinderella StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt