Leith
Ich war ganz benommen, als sie zu singen begann. Ihre Stimme war sanft und gleichzeitig voller Kraft. Ihre Melodie war eine harmonisches Muster aus Tönen, die ineinander woben, zu einem einzigartigen Stoff. Ihre Stimme klang traurig und wunderschön, sodass sie mir beinahe Tränen in die Augen trieb.
Wäre ich nicht so fokussiert darauf, unsere Gabe zu verstehen und die Bedrohung, die mein Bruder darstellte auszumerzen...hätte ich sie einfach aus gutem Willen freigekauft. Das Kaufen von Menschen gab es bei uns nicht, ich wollte gar nicht wissen, was meine Eltern sagen würden, wenn ich mit einem menschlichen Besitztum nachhause kam. Es war eine unmenschliche Tat und eine Art des Sklaventums.
Das Lied, welches die Sirene sang war ein Wiegenlied, dass von Frieden, Sanftmut und Liebe handelte, es berührte mein Herz. Bright bekam eine Gänsehaut und ich sah Tränen in den Augen der Familie, die ich gerade trennte. Es tat mir leid, um diese Situation, aber Elodie war die einzige Sirene, die ich ausfindig machen konnte. Ich hatte zwei Jahre nach ihr gesucht.Nun saß sie vor mir, die begabteste und berühmteste Arenakämpferin Alyas. Berühmt für ihre Schönheit, für ihre Kraft und ihre Macht. Nichts davon war gelogen gewesen. Ihre dunkelroten Locken, ihre grünen Augen, ihre goldene Haut. So viel wärme und Farbe sah man in Ferhalla nicht. Sie war exotisch und so schön, dass man seinen Blick nicht von ihr abwenden konnte.
Ihre Bekanntheit war zwar nicht praktisch, aber viel länger konnte ich nicht warten, je älter mein Bruder wurde, desto mehr Macht bekam er in unserem Land...vielleicht war aber ihre Schönheit von Nutzen. Dazu liebte es mein Bruder mir meine Sachen wegzunehmen, vielleicht auch meine Sirene?
Ich spürte Brights Blick auf mir ruhen. Fragend blickte ich zu ihn hinab und hob meine Brauen. Er wagte es nicht zu sprechen und diesen Zauber zu unterbrechen welchen die Sirene gerade vollführte, doch seine violetten Augen sprachen Bände:
Ist dir DAS alles Wert?!"
Er meinte nicht nur das viele Geld, er meinte den Schmerz dieser Familie. Ich nickte knapp. Das war es Wert, es war nötig, es war wichtig, mein Bruder musste aufgehalten werden.
Und Elodie war der Schlüssel.Elodie
Ich sah fasziniert die ersten Tränen meines Vaters sein Gesicht hinablaufen, als ich das Lied beendete. Es zerriss mir beinahe das Herz, aber ich musste stark sein, meine Famillie würde von mir die letzte Hilfe erhalten, sie würde überleben. Das war das einzig wichtige.
Also nahm ich meine Macht um ihnen Hoffnung zu geben, sobald die Zeile darüber kam. Schade, dass ich darauf nicht reinfiel. Das wäre unglaublich meine Kräfte an mir selbst anwenden zu können.
Jeb stand auf und ich tat es ihm nach. Mein Herz schien sich zusammenzuziehen. Er umarmte mich, ein letztes mal, für immer.
...NEIN NEIN...
Ich bin die Reinkarnation reiner Perfektion. Die Schönheit, die Macht. Niemand kommt an mich heran. Ich trauere nicht.
„Das wollte ich dir eigentlich in drei Wochen geben.", sagte er leise und sah mich aus vertrauten grünen Augen an.
Er zog ein dünnes schwarzes Lederband aus seiner Hosentasche hervor. Nun konnte ich ein schluchzen nicht mehr unterdrücken. Schmerz und auch Freude durchströmte mich und ich musste mir ans Herz fassen.
Das war die größte Ehre die man bekommen konnte, dort wo wir herkamen. Wir verschenkten Lederbänder an Menschen, die einem das Leben mit Medizin, Geld, oder Gewalt gerettet haben. Es waren nicht viele Menschen, die so etwas trugen und wenn, dann trugen die es mit Stolz. Es war ein Zeichen der Ehre und Dankbarkeit.
„Ich habe Muster hineingekerbt, ich hoffe es gefällt dir.", flüsterte er, seine Stimme brach ein bisschen.
Halb schluchzend, halb lachend warf ich meine Arme um ihn „Ich liebe es!", rief ich das Band betrachtend. Die Ranken , die im Leder eingekerbt waren erinnerten an die um unser Haus in Ignatia. Sanft band Jeb es mir um den Kopf, sodass es auf meiner Stirn lag. Traurig lächelte er mich an und ich betrachtete ihn, lange. Ich sog ihn in mich auf und versuchte jeden Gesichtszug meines Bruders zu speichern. Vorsichtig legte ich meine Hand an seine Wange und prägte mir dieses wichtige Gesicht ein.
Dann verabschiedete ich mich von meinen Eltern. Mein Vater drückte mich lange an sein Herz und ich inhalierte den Duft von Zuhause ein. Meine Mutter jedoch umarmte mich nur kurz. Ich versuchte mir diesen Stich nicht anmerken zu lassen.
Ich bin die Reinkarnation reiner Perfektion. Die Schönheit, die Macht. Niemand kommt an mich heran.
Sie gingen, mein Bruder küsste mich noch einmal auf die Stirn, genau auf das Lederband. Ein Abschied, Andenken und ein Dank von ihm, an mich.
Ich hatte ihr Leben gerettet.
Geschafft und von Trauer überwältigt ließ ich mich auf einen der vielen Sessel fallen.
Ehrfürchtig fasste ich das schlichte schwarze Lederband an und mein innerstes verkrampfte sich.
Es war sehr weich und noch warm von Jebs Hand. Ein kleiner Trost.
„Mein Arm...", sagte ich abwesend und betrachtete mein Brandmal. „...kannst du das so entfernen, dass es nicht so scheisse aussieht?"
Bright lachte und der Prinz musterte mich mit unergründlichen Augen.
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Die Begabten
FantasyElodie ist die berühmteste Begabtenkämpferin des Landes und badet auch in diesem Ruhm. Ihre Macht als Begabte ist selten und mächtig, als Sirene hat sie in 5 Jahren nie verloren. Ihre Stimme ist so wunderschön, dass alle Wesen der Welt ihr gehorchen...