Die Begabten 40

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Leith
Ich konnte Lians Blick sofort durch den Raum schweifen sehen, als er ihn betrat. Er suchte sie. Das überraschte mich nicht, doch es überraschte mich, wie sein Gesicht zu Bestürzung und dann zu Zorn mutierte. Er starrte mich an, seine Muskeln gespannt. „Wo ist sie?!"
„Guten Abend Lian, wie geht es dir?", fragte ich ruhig. Ich war auch nicht besonders amüsiert. Ich hatte auch nicht zu ihr dürfen. Verra war sehr streng gewesen und meinte nur, dass es Elodie nicht gut ginge und sie sich drum kümmere. Doch Verrra saß nun brav am Tisch und tauschte sich mit ihrer Mutter über das Wetter aus.
„Wo. Ist. Elodie?", zischte er nun. Ich konnte Augenringe in seinem Gesicht erkennen und fragte mich, was er wohl getrieben hatte. „Sie ist krank und kann heute leider nicht erscheinen."
Mein Bruder erstarrte. „Verarsch mich nicht.", knurrte er und dieser Gefühlsausbruch ließ mich zufrieden nach hinten lehnen. „Das tu ich nicht, seit gestern ist sie nicht aus ihren Zimmern gekommen. Frag Verra, sie war die Einzige bei ihr."
Er wirbelte herum und schritt schnell auf unsere Cousine zu.
„Wo ist sie?", fragte er harsch und Verra antwortete schnell, bei seinem Gesichtsausdruck. „Ihr gehts nicht gut, sie ist im Bett und da sollte sie bleiben."
„Was hat sie?" Verra blieb stumm bei dieser Frage.
„War Laurent bei ihr? Oder ein anderer Arzt?" Verra schüttelte ihren Kopf. „Den braucht sie nicht...das ist...privat."
Wut spiegelte sich in Lians Blick und er knurrte kurz „Was meinst du mit privat?!"
Verra antwortete erneut nicht und darauf drehte sich mein Bruder um und stürmte hinaus. Verra sprang auf. Doch hinterherrufen konnte sie nicht. Aber sie sprintete hinterher, während Lian nach Laurent rufen ließ.
Auch Bright und ich standen auf. Wenn Verra sich so aufregte, dann musste es wirklich wichtig sein. Ihr blasses Gesicht wurde ganz rot.

Wir rannten Lian hinterher und hielten ihn an Elodies Tür auf. Verra quetschte sich vor die Tür „Lian, sie will wirklich niemanden sehen.", sagte Bright, bemüht, doch die Wachen meines Bruders ließen uns nicht zu ihm heran.
„Me corra wird mich sehen wollen.", knurrte Lian und wir erstarrten kurz.
„Sie hat niemanden empfangen außer Verra. Lass sie gesund werden und ich bringe sie zu dir.", versuchte ich es diplomatisch, doch da kam auch Laurent herbeigerannt. Nun erfüllte mich die Wut.
„Was ist denn los?", fragte der Arzt keuchend.
„Sie sagen, dass Elodie krank ist und wollen mich nicht zu ihr lassen."
Verwundert legte Laurent seinen Kopf schief. „Wieso?"
„Weil sie sich nicht wohl fühlt und allein sein will.", antwortete Bright fest. „Sie wird mich sehen wollen und wenn es ihr so schlecht geht, wie ihr sagt braucht sie einen Arzt.", zischte Lian. Laurent nickte zustimmend.
„Wie unverantwortlich bist du, Bruder?!", spuckte Lian „Sie ist dein Eigentum und wenn sie krank ist braucht sie einen Arzt! Du bist für sie verantwortlich!"

„Genau! Sie ist mein EIGENTUM und ich erlaube dir nicht sie zu sehen!", knurrte ich nun.
„Wir haben eine Abmachung!", rief mein Bruder voller Zorn und schob Verra sanft, aber bestimmend aus dem Weg. Die Tür knallte auf und nun versuchten alle in die Zimmer zu kommen. 
Alle erstarrten, als wir ein Wimmern aus dem Schlafzimmer hörten, dann ein leises Schluchzen.

Lian, zu meiner Missgunst, war der Erste der sich bewegte, mit Laurent an seiner Seite.
Ich lief hinterher und prallte fast an den Rücken des Arztes, als dieser stehen blieb um die Szene zu betrachten.
Das Zimmer war ein einziges Chaos, Verra hatte sich nicht viel Mühe gegeben Ordnung zu halten. Handtücher und Wasserbecher waren überall verteilt. Es roch nach Erbrochenem und das Bett war völlig zerwühlt.
Die Sirene kniete am Boden und krümmte sich vor Schmerzen. Lian hielt gar nicht inne und trat vorsichtig auf Elodie zu.
„Me corra?", fragte er leise und sanft, so hatte ich seine Stimme noch nie gehört. Erstaunt hob ich meine Brauen. Ihr Kopf schnellte hoch und sie starrte den Kronprinzen an.

„Me anim,...geh bitte...es geht mir nicht gut ich...will nicht, dass du mich so siehst.", wimmerte sie leise und sie beugte sich würgend über ihre Knie. Schnell reagierte mein Bruder und fasste ihre Haare zusammen, während er sich hinter ihr niederließ. Er zog sie zwischen seine Beine.
„Ich kann nicht gehen wenn es dir schlecht geht", murmelte er. Elodie rang nach Atem, sie hatte Nichts rausbekommen, wahrscheinlich hatte sie auch nichts mehr im Magen. Sie sah eingefallen aus. „Laurent ist auch hier...", sagte er leise, während er beruhigend ihren Rücken streichelte.
„Ich brauche keinen Arzt!", rief sie und krümmte sich erneut im Schmerz.
Laurent trat nun auf sie zu und kniete sich vor sie „Jaja, Kleines...", flüsterte er und sie hob nichtmal ihren Blick.

Elodie
Lian war da. Einfach so und schreckte vor meinem wahrscheinlich schrecklichen Anblick nicht zurück. Er hielt mich und zog mich auf seinen Schoß, als Laurent sich näherte. „Hast du was schlechtes gegessen?", fragte er mich, während er den Schweiß von meiner Stirn tupfte. Ich schüttelte den Kopf. „Ich brauche wirklich keinen Arzt ich hab das...öfter...", murmelte ich und senkte den Blick. Ich spürte, wie Hitze in meine Wangen schoss und starrte auf meine Hände. „Es müsste morgen wieder gehen."
„Me corra, wenn du das öfter hast...sag doch was es ist, sonst können wir dir nicht helfen. Wir können es bestimmt heilen."
Heftig schüttelte ich den Kopf „Das kann man nicht heilen.", hauchte ich wage und versuchte meine Haare aus meinem Gesicht zu streichen. Lian half mir dabei, sanft und vorsichtig.
„Wie oft hast du das denn?", flüsterte der Arzt leise, als er meinen Puls nahm. Ich seufzte, ich kam eh nicht daran vorbei es zu sagen. Bedeutungsvoll sah ich ihn an „Jeden Monat."
Es brauchte ein bisschen, bis Verstehen in den grauen Augen des Arztes aufleuchtete. Er wirbelte zur Tür herum, wo die anderen Adeligen standen. Leith, Bright und Verra.
„Raus hier!", knurrte er und Verra, die Liebe, las von seinen Lippen, schob sofort die anderen raus und knallte die Tür zu.
„Ich verstehe nicht...", murmelte Lian und ich mied seinen fliederfarbenen Blick. Laurent seufzte, als er in seiner Tasche wühlte. „Sie hat ihre Blutung, Lian."

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