Die Begabten 20

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Elodie
„Angegriffen? Von Wem?"
Fliederne Augen musterten mich misstrauisch, doch er half mir nun auf.
Ich schwankte gefährlich und der Kronprinz hielt mich schnell an meiner Schulter. Er wollte wohl nicht, dass ich nochmal hinfiel. Ein Pluspunkt.
„Ich weiss es nicht, ich konnte meinen Angreifer nicht sehen und ich habe die Sprache nicht verstanden..."
Zweifelnd blickte er mich an und blickte sich selbst um, als könnte er meinen Angreifer noch entdecken. Seine Muskeln spannten sich an. War er nervös? Seine Wachen nahmen sein Verhalten auf und drehten eine Runde durch den Hof. Wahrscheinlich um ihn abzusichern.

„Wieso sollte dich jemand angreifen? Du bist kaum bekannt und gerade erst angereist."
Ich setzte eine halb verzweifelte Miene auf und zuckte hilflos mit den Schultern.
„Ich weiss es doch auch nicht...ich bin hergekommen um den Schmerzen zu entkommen und nicht sie neu zu erleben..."
Ich packte übermütig und halb weinend das Hemd des Prinzen. Götter, war ich dramatisch.
„Ihr müsst mir glauben! Ich wurde angegriffen und ich weiß nicht warum!", als ich meine Macht einsetzte sah ich, wie seine Augen kurz glasig wurden und er mich nun intensiver betrachtete. Seine Wachen traten einen Schritt auf uns zu. Wahrscheinlich um mich von dem Kronprinzen loszureißen, doch er hob die Hand.

„Ich glaube dir,...aber erst sollten wir deine Lippe versorgen."
Er wischte erneut über die noch Blut tropfende Lippe und seine Berührung ließ einen Stromstoß durch meinen Körper fahren. „Du...kümmerst dich um mich?", fragte ich leise, meine Stimme vibrierend. Meine Macht zitterte in meiner Kehle. Es war anstrengend, sie so unterschwellig wirken zu lassen. Sie war es gewohnt, mit voller Energie in den Gegner zu knallen. Er nickte jedoch verträumt.
„Aber ich bin nicht dein Besitztum...das musst du nicht.", sagte ich nun.
„Du bist der Besitztum meines Bruders und da er sich nicht um dich schert...tu ich das von nun an. Er braucht dich nicht zu interessieren. Du hast ja auch das Kleid von mir an."

Nun war ich wirklich erstaunt. Ich blickte auf das lila Kleid hinab und dann in seine fliedernen Augen.
„Es ist von euch?", fragte ich. Er hatte mich voll aus der Bahn geworfen. Das war ja eigentlich eine erfreuliche Nachricht. Er machte mir schon Geschenke. Doch das war sehr überraschend für mich. Wie kam er dazu?
Er nickte und rieb sich den Nacken. Ein Kronprinz nervös?
„Ein Willkommensgeschenk."
Ich grinste nun, etwas frech.
„Du magst mich!", ärgerte ich ihn und er hob belustigt einen Mundwinkel. Natürlich mochte er mich. Ich war auch PERFEKT.
„Denkst du?"
Er setzte sich nun in Bewegung und reichte mir ein Tuch.
„Für deine Lippe." Er schob mich aus den Hof und hinein in das Schloss.

„Ich denke es nicht nur, ich weiß es!", griff ich das Gespräch von vorher wieder auf...Ich musste ja sicher gehen, dass es in dir richtige Richtung lief.
Er schnaubte "Selbst wenn, bist du immer noch im Besitz meines Bruders."
Er spuckte das letzt Wort aus, als wäre es giftig. Man konnte den Hass spüren, den er zu Leith hegte. Es war schon etwas traurig.

„Ich kann nichts dafür, wer mich kauft, kommt auf den Preis an. Er hat mich vor Schmerzen bewahrt, die ich hier angeblich nicht erleiden sollte...ist wohl schief gegangen. Und es sollte mich doch nicht interessieren?"

Erneut schnaubte der Kronprinz und führte mich eine Treppe hinab. „Ein toller Besitzer, kann nicht mal auf ein Mädchen aufpassen. Warum bist du überhaupt so früh im Schloss unterwegs?"
Wir kamen zum Ende der Treppe und er führte mich einen langen diesigen ganz entlang. Es war eisig kalt und selbst das mit Fell bestückte Kleid hielt die Kälte nicht auf. Ich zitterte.
„Ich wollte mich ein bisschen umsehen, es ist alles anders hier."
„Kälter?", war der Kronprinz wirklich interessiert an meiner Einschätzung, oder wollte er mich nur reden hören?
„Nicht nur, viel ruhiger, viel...zivilisierter. Ihr scheint euch sehr am Riemen zu reißen."
Er lachte. Er lachte wirklich laut und hell. Es überraschte mich, da Leith und Bright ihn als sehr grüblerisch und mürrisch beschrieben hatten.

Er hielt abrupt an und klopfte Laut an einer hellen hölzernen Tür. Dann wandte er sich zu mir und betrachtete mein Gesicht. Er nahm meine Hand an meiner Lippe und zog sie von meinem Gesicht um sich den Riss genau anzusehen.
„Wir müssen Laurent wahrscheinlich wecken. Er schläft immer viel zu lange.", murmelte er und wandte sich wieder an die Tür und hämmerte so laut an der Tür, dass ich zusammenzuckte und auch hinter der Tür klapperte es.
Ein fluchen und ein stolpern. Amüsierte fliederfarbene Augen blickte über die Schulter zu mir, bis die Tür aufgerissen wurde. Ein Mann, mitte 20, stand Oberkörperfrei und komplett zerzaust in der Tür.
Er hatte keine weißen Haare, wie die königliche Familie, sie waren eher grau, seine steinfarbenen Augen strahlten vor Intelligenz.

Er jammerte irgendwas und schien genervt den Kronprinzen zu betrachten.
Er motzte Lian an, es schien, als wären sie Freunde, denn er benahm sich nicht so, als würde er mit dem Kronprinzen sprechen. Seine Augen fielen auf mich und er stockte. Er schob den Prinzen beiseite und plapperte in der Landessprache auf mich ein.
Etwas verloren blickte ich den Kronoprinzen an und er lächelte.
„Kurz gesagt Laurent versucht sich einzuschmeicheln um unter dein Kleid zu kommen." Ich starrte den Prinzen geschockt an.
Der Mann stockte und blickte ebenfalls den Prinzen an.

„Lügner!", rief er in der alyischen Sprache. Er hatte einen schweren Akzent, aber er schien meiner Sprache mächtig zu sein.
„Ach wirklich?", schnaubte Lian und verschränkte die Arme vor der Brust.
Laurent grinste, schwieg jedoch. Lian hatte wohl doch recht gehabt.
„Ich hab nur gefragt, warum so eine Schönheit mit dir unterwegs ist und ob du so langweilig bist, dass ihr extra zu mir kommen müsst."
„Wir sind hier, weil jemand Elodie verletzt hat."
„Das sehe ich..., lass mich mal sehen."
Ich senkte das Tuch und Laurent sog scharf die Luft ein. Er nahm mein Kinn zwischen seine Finger und wandte mein Gesicht hin und her.

„Müssen wir zusammenflicken...kommt."
Der Arzt, wie ich feststellte, führte uns in seine Kammer die voller Bücher und medizinischer Geräte vollstand. Er führte mich zu einem Tisch, auf dem ich platz nehmen sollte. Und verschwand um sich erstmal etwas anzuziehen und das Zeug, wie er es nannte, vorzubereiten. Lian setzte sich neben mich. Eine Stille breitete sich zwischen uns aus, was aber nicht unangenehm war.
Er war Leith unheimlich ähnlich. Ruhig und bedacht, vorsichtig in seiner Ausdrucksweise.

„Wie bist du zum Besitztum geworden?", platzte es dann dennoch aus ihm heraus und ich zuckte heftig zusammen.
Ich vermied seine unglaublichen Augen, als ich ihm antwortete.
„Ich habe mich selbst verkauft um meine Familie zu unterstützen."

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