Die Begabten 19

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Elodie
Wir warteten echt hinter einer Hecke auf das auftauchen des Kronprinzen und beobachteten den verschneiten Hof. Ich fühlte mich etwas lächerlich da hinter Grünzeugs zu stehen.
Aber ich hatte mir einen Plan zurechtgelegt, der es nicht so auffällig aussehen ließ, dass ich ihn bei seinem Lauf unterbreche. Ob den Jungs das so gefallen würde, war abzusehen.
„Da kommt er!", hauchte Bright, der seinen Kopf kurz über die Hecke streckte.

„Alles klar...Elodie, weißt du schon wie du das am besten machst?", fragte Leith zögerlich, als wusste er selbst nicht so recht, wie man an seinen Bruder heran trat.
Mein Herz pumpte Adrenalin durch meinen Körper und brachte meine Gedanken unglaublich schnell zum rasen, doch ich wusste, was zu tun war. Ich nickte heftig. Und machte mich bereit. Ich sollte keinen Rückzieher machen. Dafür war die Sache zu wichtig.
„Ja, schlag mir ins Gesicht."
Entsetzt blickten mich die beiden Cousins an, dann blickten sie sich an, als wollten sie sicher gehen, dass sie richtig verstanden hatten.
„Was?", fragte Bright und ich rollte die Augen.

„Ich werde es so aussehen lassen, als hätte man mich angegriffen. Retter in der Not und so...also einer muss mir ins Gesicht schlagen. Um es glaubhaft rüber zu bringen."
„Elodie, ich glaube nicht, dass einer von uns das tun könnte.", sagte Bright sanft. Leith nickte zustimmend. „Gibt es keine andere Möglichkeit...?"

Mein Geduldsfaden riss. Ich war auch nicht begeistert davon, doch es war der schnellste und beste Weg in seine Nähe zu kommen. Ich würde selbst den Schwanz einziehen, da ich Schmerzen echt nicht leiden konnte, also wand ich mich an Bright, der mich panisch anblickte. Er wusste genau, was jetzt kommen würde.
„Elodie...ni..."
„Schlag mir ins Gesicht und verschwinde mit Leith." Meine Kraft vibrierte durch Bright und so schnell konnte ich gar nicht schauen, da hatte er mir schon eine verpasst.

Schmerzen ließen mich kurz schwanken und ich spürte Blut meine Lippe hinab tropfen. Hätte Leith mich nicht schnell festgehalten, wäre ich umgefallen. Bright hatte meinen Mund getroffen und mein Kiefer und meine Zähne beschwerten sich mit Schmerzen.
Ein Stechen in meiner Lippe und Blut tropfte meinen Hals hinab. Ich jammerte leise vor mich hin und trauerte dann um das schöne Kleid.
Irgendwie war ich froh, dass er nicht meine Nase getroffen hatte. Eine gebrochene Nase wäre dann doch schlimmer gewesen, als ein schmerzender Kiefer und eine aufgeplatzte, dicke Lippe. Daran hatte ich gar nicht gedacht.

Bright packte seinen Cousin und zerrte ihn aus der Hecke und auf den Ausgang zu. Zack und weg.
Ich atmete tief durch, versuchte mich zu sammeln. Ich blickte noch einmal kurz um die Hecke herum. Lian rannte seine Runden im Hof und machte eine echt gute Figur dabei. Seine langen Beine schien er sehr gut unter Kontrolle zu haben und sein eingeschränktes Sehfeld schien in nicht, bei irgendwelchen Hindernissen, zu behindern. Ich konnte immer noch nicht fassen, dass jemand, der so böse sein sollte so...göttlich aussah. Seine weißen Haare fielen ihm locker in die Stirn und betonten seine fliedernen Augen.

Ich schüttelte schnell meinen Kopf. Ich musste mich konzentrieren. Ich blickte mich um, suchte einen Platz, der mir am besten schien, um dort „hinzufallen".
Da! Ein Torbogen am Eingang des Hofes. Schnell stahl ich mich dort hin und atmete tief durch. Ich würde das schaffen.

Ich bin die Reinkarnation reiner Perfektion.

Noch ein Atemzug und dann...schrie ich auf. Laut und ängstlich. Und ließ mich auf den Boden fallen. Ich bedeckte meinen Kopf mit meinen Armen und tat so, als hätte ich Angst, vor noch einem Schlag.
Die Schritte stoppten abrupt. Gut so Prinzlein. Und nun komme zu mir, die Wachen immer hinter dir.
Ich weinte leise und langsame, vorsichtige Schritte näherten sich. Ich versuchte falsche Tränen aus meinen Augen kullern zu lassen und mich noch enger zusammenzuziehen.

Die Schritte waren nun ganz nah und ich begann zu wimmern.
„Bitte...ich weiss nicht, was ihr wollt! Bitte tut mir nicht weh!", jammerte ich und die Schritte verstummten.
„Elodie?"
Lian war ein paar Schritte von mir entfernt stehen geblieben. Ich konnte seine Schuhspitzen von meiner gekrümmten Position sehen. Götter, Seine Stimme war unglaublich. So tief und melodisch. Fast so gut wie Leiths Summen.

Ich tat so aus würde ich aufschrecken.
„Majestät!", schluchzte ich leise und richtete mich schnell auf. Immer noch am Boden. Ich wischte mir Tränen und Blut vom Gesicht. Sehr bedacht es auffallend unauffällig zu tun. Als würde ich mich schämen und es nicht zeigen wollen.
Ich blickte hoch in seine stechenden Augen und senkte dann in einer kleinen Verbeugung den Kopf.
Er entdeckte das Blut. Und seine Augen wurden groß. Er kam auf mich zu. Zu flink für seine Wachen, die ihn aufhalten wollten.

„Was ist denn mit dir passiert?"
Seine unglaublichen Augen musterten mich eingehend. Meinen Kiefer und meine blutenden Lippen.
Ich blickte mich beunruhigt um, als würden meine Angreifer noch auf mich lauern.
„Nichts!", murmelte ich und senkte wieder den Blick. Ich hoffte echt ich würde einen guten Auftritt hinlegen. Er musste mir glauben, aber das konnte ich beeinflussen.

Als seine Finger mein Kinn berührten, ging ein richtiger Schub durch mich hindurch. Er schien mein Blut zu entzünden.
Er hob mein Kinn an und wischte mir mit dem Daumen das Blut von den Lippen.
„Nicht! Ihr ruiniert eure Kleidung."
„Es ist nur Kleidung, das ist nicht so schlimm."
Diese Aussage stieß mir bitter auf. Ich hätte auch gern so viel Kleidung, dass es mir egal wäre sie zu versauen. Dass ich da gar nicht darüber nachdenken musste. Einfach ein Besitztum, das weggeworfen werden konnte.
„Ja, nur ein Besitztum. Genau, wie ich."

„Naja, dafür versau ich das eine Besitztum um dem anderen zu helfen, also, was ist passiert?"
Ich verschränkte meine Arme und blickte nun trotzig weg. Seine brennenden Augen sollten mich nicht so mustern, als wäre ich ein faszinierender Roman.
„Nichts", murmelte ich.

Der Kronprinz zog, mit seinen Fingern an meinem Kinn, mein Gesicht wieder zu sich heran. Mein Atem stockte.
„Überleg es dir noch einmal ganz genau, ich kann es gar nicht leiden angelogen zu werden.", knurrte er nun und sein Griff um mein Kinn verstärkte sich. Es war nah an der Grenze um weh zu tun.
Ich begegnete seinen Augen, trotzig und voller Feuer.
„Ich wurde Angegriffen."

Die BegabtenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt