Die Begabten 36

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Elodie
Keuchend kamen wir in der hölzernen Kammer zum Stehen und ich brach erneut in Gelächter aus.
Lian grinste zu mir hinab, bis wir Schritte hörten. Schnell reagierte der Kronprinz und drückte mir seine Hand auf den Mund um mich zum Verstummen zu bringen und das gelang ihm auch sofort. Mit großen Augen starrte ich zu ihm hinauf und hörte dem Küchenchef dabei zu, wie er an uns vorbei lief.

Ich kicherte leise in seine Handfläche und der Prinz nahm seine unglaublich fliederfarbenen Augen von der Tür und begegnete meinen Blick. Er ließ das ganze Essen, was er im Arm hatte einfach so fallen und nahm seine nun freie Hand um sie an meine Wange zu legen. Er war so UNGLAUBLICH warm. Ich schmiegte mich an ihn, bevor er seine Hand an meinem Mund sinken ließ.

Mein Herzschlag beschleunigte sich zu einem Donnern in meiner Brust. Ich konnte meine Augen nicht von diesem elektrischen Sturm abwenden.
„Du bist wirklich perfekt.", murmelte er so leise, daß ich es kaum verstand.
Ich lächelte „Ich bin die Reinkarnation reiner Perfektion.", wagte ich und der Prinz grinste. Er legte seine Stirn an meine und betrachtete mich einige Momente stumm.
„Du bist ziemlich nahe an der Wahrheit dran..."

Gale hätte mich ausgelacht bei der Aussage...Lian stimmte mir zu. Mein Innerstes schien zu kochen. Er sah die Perfektion in mir und ich konnte nicht anders, als auch das Essen fallen zu lassen und meine Arme um seinen Nacken zu schlingen und breit zu grinsen.
Ein Adrenalinrausch durchflutete mich, wie in der Arena. Als wäre ich kurz vor einem Kampf, der mir mehr Geld einbrachte als noch nie.
„Okay?", murmelte der Prinz und seine Augen verdunkelten sich zu einem tiefen lilanen Ton. Als würde die Nacht in seinen Augen einbrechen.

Ich summte leise und zustimmend. Eine Umarmung wäre jetzt sehr schön.
Starke Arme die mich hielten. Eine Präsenz die mich und meine Schönheit stärkten.
Ich erstarrte jedoch, als sich heiße Lippen sanft auf meine drückten.

Das...hätte nicht passieren sollen. Ich hätte ihn wegdrücken sollen. Es war viel zu schnell. Doch die Kammer um uns herum verschwand. Es waren nur noch Lian und ich in diesem Palast. Unsere Lippen, sie sich berührten und die Hitze, die durch meine Adern schoss, wie ein Waldbrand. Ich konnte nicht anders, als mich an ihn zu lehnen und den Kuss zu vertiefen.

Mein erster Kuss nach über einem Jahr. Und er verbrannte mich mit Haut und Haaren. Mein Herz raste, als seine Zunge sanft über meine Unterlippe strich. Ich merkte gar nicht, dass ich mich bewegte, bis meine Finger sich in die weichen Haare des Kronprinzen krallten. Ein Brummen entwich seiner Kehle und starke Hände packten mich an den Hüften und hoben mich an.

Das war falsch, sehr falsch und doch so...gut. Ich hatte lange nicht mehr so etwas Gutes gehabt. So eine Leidenschaft. Es war doch im Plan oder? Niemand hatte gesagt, das ich es nicht genießen durfte.
Ich schlang meine Beine um den Kronprinzen und ließ unsere Zungen tanzen.
Schneller als ich reagieren konnte knallte mein Rücken gegen das Holz der Tür und er hielt mich mit seinem Körper an Ort und Stelle, als seine Finger über mein Gesicht und meine Arme zu meiner Taille wanderten.

Meine genähte Lippe begann, nach einigen Momenten, zu stechen, doch ich ignorierte den Schmerz und ließ meine eigenen Hände zu Lians Nacken und Schultern wandern. Er war so...stark.

Er löste sich sanft von meinen Lippen um sich zu meinem Hals zu bewegen und ich konnte mir einen leisen Laut nicht unterdrücken. Das war eine empfindliche Stelle für mich und ich spürte, wie der Prinz gegen meine Haut lächelte. Er wusste es. Natürlich wusste er es.
Ich packte ihn an seinen Haaren und zog ihn von meinem Hals um ihn wieder zu meinen Lippen zu lenken.
„So bestimmend.", hauchte er amüsiert an meinen Mund. Ich ließ ihn mit einem weiteren Kuss verstummen, auch wenn es langsam unangenehm wurde. Meine Naht.

Lian und ich erstarrten gleichzeitig als wir Blut schmeckten.
Er löste sich rasch von mir und starrte auf meinen, wohl geschwollenen, Mund. Er fluchte.
„Laurent hat gesagt...Scheiße!", murmelte er und ich legte den Kopf schief. "So schlimm?"

Wie gestern zerrte mich Lian zu Laurents Zimmern und fluchte auf Ferhalla vor sich her, bevor er an die Tür hämmerte.
Diesmal öffnete er sofort die Tür und seufzte als er Lian sah. „EINE STUNDE hab ich euch allein gelassen, was ist jetzt pass..."
Graue Augen fielen auf mich und sein Mund viel auf. „Meine schöne Naht! Was habt ihr mit..."
Realisation ließ ihn erneut verstummen und ein schiefes grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus.

„Du hast keine Woche warten können?!"
„Mach einfach dein DING!", befahl Lian und schob mich in das Zimmer.
Laurent lachte auf und betrachtete meine Lippe. Ich konnte nicht anders als an den Kuss zu denken und blickte zu Lian, der hinter Laurent stand und ebenfalls missmutig meine Naht betrachtete. Also senkte ich meinen Blick und runzelte die Stirn. Was MACHTE ich hier? Wieso ließ ich mich in die Intrigen von zwei Prinzen hineinziehen?! Ich war eine mächtige Sirene. Ich konnte tun und lassen was ich wollte, ich musste nur meinen Mund öffnen.

Aber ich bekam kein Wort heraus. Ich starrte auf meine schmalen Finger und fühlte die Haare, die ich Momente bevor gepackt hatte. Meine verletzte Lippe schmerzte doch ich bereute es nicht. Obwohl ich Schmerz hasste. Aber wer tat das nicht? Laurent hob sanft mein Kinn an. Er hatte den Mund geöffnet als wollte er etwas sagen doch auch ihm fehlten die Worte bei meinem Gesichtsausdruck. Ich war verwirrt und  hatte das Bedürfnis mich zurückzuziehen.

Ich wollte nur noch nach Hause. In meine Heimat. Zu der unerträglichen Hitze. "Was wisst ihr über Alya?", fragte ich leise.
Laurents Blick huschte zu Lian und wieder zu mir.
Während Laurent meine Lippe verarztete setzte sich Lian neben mich und griff nach meiner Hand. Er erzählte mir das was ich hören wollte während man sich um mich kümmerte und war dankbar um die Geschichten, die der Kronprinz mir schenkte.

Die BegabtenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt