Die Begabten 49

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Der ganze Saal verstummte auf einmal, sobald Lian die Worte über die Lippen kamen. Sofort trat der Lord geschockt einen Schritt von mir zurück.

Was war los? Was hatte ich verpasst?
Ich sah mich um und erblickte Bright in der Menge, der mit weißem Gesicht zu dem Kronprinzen blickte. Er sah aus, als müsse er sich übergeben. Auch Lian erstarrte in der Bewegung und ihm schien die Luft auszugehen. Er starrte den Lord vor sich geschockt an und bewegte sich keinen Millimeter.

Leith stürmte auf uns zu und zischte in meiner Sprache.
„WAS hast du GETAN?!"
Die blauen Augen meines Besitzers schienen hell vor Zorn und er stieß seinen Bruder heftig vor die Brust.
„Du Dummkopf!"
Sofort schnellten Morrey und Cas hervor, doch Cas zog MICH zu sich, als wolle er mich vor meinem eigenen Besitzer beschützen. Durfte er das denn? Anscheinend schon, doch Leith achtete auch gar nicht darauf, er starrte seinen Bruder nieder, der sich langsam aus seiner Starre löste.
„Ich...", begann Lian und seine fliedernen Augen starrten auf mich hinab. Seine Stimme versagte.
„Was ist überhaupt los?", fragte ich leise und Leith lachte bitter auf.
„Er hat dich vor dem GANZEN HOF für sich beansprucht...weil er EIFERSÜCHTIG war und hat euch damit VERLOBT."

Nun war ich es die erstarrte...er hatte WAS?! Ich konnte kein Wort herausbringen, während ich den erstarrten Kronprinzen betrachtete. „Das ist nicht möglich!", hauchte ich verwirrt. „Ich bin kein MENSCH in dem Sinne! Mein Besitzer muss...", sagte ich dann und verstummte. An sich...war es das Beste, was mir passieren konnte, oder nicht? Ich würde frei sein. Konnte das Land verlassen und nach Hause, als ganzer Mensch! Oder hier bleiben, bei Lian...

„Ich...er hat recht...es tut mir leid, Elodie."
Ich blickte kurz zu meinem Besitzer mit einem eindringlichen Blick. Er sollte an die ganze Mission denken. Daran, warum ich hier bin...an die Sicherheit der Begabten er solle jetzt nicht voreilig protestieren...und ich dachte zusätzlich an meine Freiheit...
„Willst du mich denn heiraten?", murmelte ich unsicher. Große fliedernde Augen blickten mich an und Lian sah aus, als würde er gleich umfallen.
„In diesem Thema geht es nicht darum was ich will. Ich bin Kronprinz und..."
„Er sollte ein Mädchen von Adel heiraten, eine zukünftige Königin.", knurrte Leith. Ich legte verwirrt den Kopf schräg. War das wieder eine Regel die ich nicht verstand.
„Das hat aber meine Frage nicht beantwortet." Ich strahlte zu Lian hinauf und zeigte ihm mein schönstes Lächeln. Warme, große, Finger umschlossen meine.
„Natürlich...sofort...aber das ist nicht so einfach, me corra." Mein Herz zog sich kurz zusammen und pochte so schnell, dass ich Angst hatte, es würde mir entwischen. Hatte er das gerade wirklich gesagt?!

Schnell beeinflussten meine Gefühle mein Mienenspiel, sie ließen mein Lächeln etwas dimmen und mich kurz auf den Boden schauen, ich versuchte eine leicht enttäuschte Miene zu verbergen. „Das kann ich verstehen.", murmelte ich und verschiebe mein Lächeln zu etwas wackeligem.
Gequält verzog Lian das Gesicht, doch in diesem Moment rauschte die Königin zu uns. Sie lächelte breit, doch man konnte sehen, dass es falsch war. Zu viele Zähne strahlten in die Menge.
„LIAN!", zischte sie, verstummte dann aber, ihre Augen fielen auf mich „Geh auf deine Zimmer.", befahl sie mir streng. Verwirrt blickte ich zu den beiden Brüdern. Sie waren meine Besitzer und hatten das letzte Wort. Leith nickte unmerklich und ich knickste.
„Mutter!", protestierte Lian „Du kannst doch nicht so mit ihr..."
„Ich rede mit dem BESITZTUM deines Bruders, wie ich will!", das Gift, welches sie in ihre Stimme einband, ließ mich zusammenzucken. Me anim starrte sie an, als wäre sie vor seinen Augen zu einem Monster mutiert

Ich drehte mich schnell um, damit man nicht sehen konnte, wie sehr es mich traf und hakte mich bei meiner neuen Wache unter. Cas sah mich etwas bestürzt an, doch sagte nichts, bevor die Tür hinter uns ins Schloss viel.
„Alles gut?", hauchte er schnell, während er seinen Hörschutz abnahm. Er war sehr unvorsichtig, kam es mir vor, doch warum sollte er sich auch sorgen? Leith war nicht da.
„Ich...weiss es nicht...was passiert jetzt?"
„Keine Ahnung, aber das meinte ich auch nicht. Ihre Majestät hat sie verletzt.", schloss Cas und hob trübe einen Mundwinkel.
„Sie hat nur einen Fakt klargestellt...welchen ich fast vergessen hätte.", murmelte ich gedankenverloren. „Ich habe im Luxus gelebt und...habe keine Befehle bekommen...musste nicht arbeiten...ich hätte aber dem Wappen auf meinem Arm mehr Aufmerksamkeit schenken sollen."

„Wieso solltest Du? Es gibt offiziell keine menschlichen Besitztümer hier, eigentlich solltest du frei sein."
Ich zucke mit den Schultern. Was sein sollte und was war waren zwei vollkommen unterschiedliche Dinge, die ich nicht verändern konnte. Doch, dass die herzliche Königin so...kalt zu mir sein konnte hatte mich geschockt. Sie war immer nett zu mir gewesen...aber nun...
Hatte ich was verbrochen? ICH hatte nichts gesagt. Lian war der Kragen geplatzt und hatte uns sozusagen damit verlobt!
Götter...war ich VERLOBT?! So richtig? Das würde gar nicht gehen...oder? Dafür müsste man mich an Lian verkaufen...oder schenken.
Das wäre UNGLAUBLICH! Ich wäre dann...ein freier Mensch...das...hatten wir heute besprochen...hatte Lian das mit Absicht gemacht?! Nein, das konnte nicht sein, dann wäre er nicht so geschockt gewesen. Vielleicht unbewusst?
Wollte er mich so sehr in Freiheit sehen? Oder...wollte er mich wirklich heiraten? Gesagt hatte er es. Liebte er mich?

Cas führte mich schnell zu meinen Zimmern und schritt jeden Raum ab, schaute in meine Schränke und hinter jedes Möbelstück. Als er nichts gefunden hatte schob er mich bestimmt hinein. Fragend blickte ich ihn an, war das ein normales Verhalten von einer Wache? „Bleib drin, ich werde niemanden, außer den Prinzen und seine Cousine hereinlassen.", murmelte er und machte Anstalten die Tür zu schließen.
„Cas! Was ist los?", fragte ich eindringlich, während ich schnell in den Türspalt trat.
„Elodie...", begann Cas unbehaglich und wich meinem Blick aus.
„Bitte, Cas...ich versteh das hier doch gar nicht...", murmelte ich verzweifelt. Cas' goldene Augen wurden weich. „Ich weiss nicht, inwiefern diese...Verkündung bindend ist. Es kann sein, dass ein paar Adelige es gar nicht haben können, dass ein Besitztum zukünftige Königin werden könnte. Ich bin hier um dich zu beschützen."

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