Die Begabten 29

18 3 0
                                    

Elodie
Ich kam nicht drum herum, nach dem Essen zu singen. Die Königin schien begeistert von meiner Stimme und fragte nach einem bestimmten ferhallischen Lied.
„Leider kenn ich es nicht...", begann ich und ich sah die Enttäuschung in ihren hellen Augen aufblitzen. „Aber ich lerne schnell, wenn ihr es mir einmal vorsingt...", setzte ich schnell hinterher. Ihren großen Augen konnte ich Nichts abschlagen. Begeistert lächelte sie und begann hastig zu singen. Ein Liebeslied. Wunderschön und voller Hoffnung. Ein paar der neu gelernten Wörter erkannte ich schnell.
Mein Herz, unsere Zukunft, Leben, Sterben.
Ich schloss die Augen. Prägte mir die Laute und die Melodie ein. Als sie endete starrte sie mich erwartungsvoll an. Ich nickte.

"Harris! Sie wird unser Hochzeitslied singen!" Sie klatschte begeistert in die Hände und setzte sich zu ihrem Mann. Wie die zwei Prinzen mit ihren Genen so ruhig bleiben konnten wusste ich nicht. Sie war wie ein Springfloh.
Ich brachte ein Lächeln zustande und begann zu singen. Erstaunt hoben die anderen ihre Kopfe. So schnell ein Lied zu lernen war ungewöhnlich, aber ein Talent was ich besaß.
Ich bin die Reinkarnation reiner Perfektion.
Überraschend sollte es also nicht sein.

Bright strahlte mich aus seinem Platz heraus an. Er erfreute sich jedes Mal an meiner Stimme. Leith hielt sein Gesicht unter Kontrolle und Lian schien zu vibrieren. Er summte vor Energie, während er mich fixierte.
Verra betrachtete mich nur, konnte das Lied leider nicht, wie die anderen, genießen.
Ich winkte sie zu mir und verwirrt stand sie auf. Ich nahm ihre Hand und tat etwas, was zuvor nur ein Mensch tun durfte. Ich legte ihre Hand auf mein Brustbein und ließ sie mein Singen spüren.
Zuerst, riss sie ihre Hand beinahe von meiner Haut und sah mich geschockt an, doch sie hatte die Vibration gespürt und kam neugierig wieder. Ihre kleine Hand legte sich auf meine Haut und sie lächelte gerührt.

Ihre Mutter hatte Tränen in den Augen, als sie ihre Tochter betrachtete. Verra wiegte sich im Takt des Liedes. Hatte das noch nie jemand für sie gemacht? War das etwas ganz Neues?
Sobald ich endete warf sich Verra in meine Arme. „Das war wunderschön, Elodie!", rief Bright und sprang ebenfalls auf und klatschte. Ich lächelte über Verras weißem Haarschopf hinweg.

Lian stand ebenfalls auf. „Ein schöner Abschluss! Elodie?"
Lian bot mir einen Arm an, er wollte gehen und ich schlenderte auf ihn zu um ihn anzunehmen. Kurz vor der Tür drehte sich der Prinz noch einmal zu seiner Familie.
„Ach ja, ich miete Elodie unter der Woche, sie wird also diese Zeit in meinem Flügel leben."
Damit zog er mich aus dem Speisesaal und schloss die Tür. Ich starrte ihn an.
„Was?", fragte er amüsiert. „Du hast einen Hang dazu Drama zu erzeugen, oder? Eine richtige...Rampensau."
Diesmal starrte er mich mit großen Augen an.
Und plötzlich brach er in schallendes Gelächter aus. Es war ein rauer Klang, als wäre er darin eingerostet. Ich legte amüsiert den Kopf schief und betrachtete den Mann vor mir.

Seine weißen Haare fielen ihm in Wellen in die Augen. Seine riesige Statur schien eigentlich nichts elegantes an sich zu haben. Breite Schultern, muskulöse Arme und breite Brust. Doch die Bewegungen, die er mit seinem Körper machte schienen voll Eleganz und Würde zu sprühen.
Er schien genau zu wissen, was er damit machte.
„In gewisser Weise hast du, glaube ich recht, me corra." Er führte mich weiter, seine Wachen schlossen sich uns an.

Meine Zimmer sind, wie bei Leith, neben denen des Prinzen, doch da, hörten die Gemeinsamkeiten schon auf. Ich lief in ein Reich ein, dass ich nur als Sternenlicht bezeichnen konnte. Lila-Violette Wände geschmückt mit Girlanden aus Glasperlen, silbernen Möbeln. Ein glitzerndes Himmelbett, war weiter hinten zu erkennen.
Fasziniert drehte ich mich im Kreis und betrachtete mein neues Zuhause. Es sah aus, wie im Märchen. Lian war im Türrahmen stehen geblieben und seine fliedernen Augen verfolgten jeder meiner Regungen. Ich drehte mich zu ihm und strahlte.
„Es ist wunderschön."
Er hob einen Mundwinkel „Gut! Ich habe Morrey und Cas beauftragt die Perlen aufzuhängen."
Fragend legte ich den Kopf schief und der Kronprinz deutete hinter seine Schultern zu seinen Wachen. Neugierig kam ich wieder auf ihn zu und betrachtete seine Wachen. Sie starrten zurück.

Ich realisierte, dass ich den beiden heute kaum Aufmerksamkeit geschenkt hatte. Sie waren ja die meiste Zeit in der Nähe gewesen. Die Wachen waren jünger als ich gedacht hatte, sie schienen so alt wie Leith. Einer hatte graue Haare, wie Laurent, aber beinahe goldene Augen. Der andere hatte dafür das beinahe weißgoldene Haar mit grauen Augen. Sie hatten einfach getauscht, schien es mir.
Ich lächelte sie an und gab die Gebärde für „Danke". Der grauhaarige lächelte. Der grauäugige nicht.
„M-O-R-R-E-Y?", fragte ich und der mürrisch dreinblickende Mann hob die Hand.
„C-A-S?" Die zweite Wache strahlte mich an und verbeugte sich.
„Wir werden uns wohl in Zukunft öfter sehen.", gebar ich und sie nickten.
„Ich kann es kaum erwarten euch singen zu hören!", antwortete Cas und ich lächelte.

„Lenk meine Wachen nicht so sehr ab!", murmelte Lian und grinste. Er machte eine Handbewegung und die beiden Männer verschwanden. Ich gähnte, wie aufs Stichwort und blickte mit verschwommenem Blick zu dem Prinzen hinauf. „Du brauchst Schlaf. Heute war wohl ein anstrengender Tag.", hauchte er leise und ich zuckte mit den Schultern. Schlafmangel kannte ich allzu gut. Meine Trainingseinheiten in der Arena waren lange, heiß und kräftezehrend gewesen.

„Schon, sehr aufregend." Ich runzelte die Stirn, es war wirklich ein sehr ereignisreicher Tag gewesen, doch ans Schlafen konnte ich nicht denken. Dafür war ich viel zu...aufgeladen. Dennoch drehte ich mich um und betrachtete meine neuen vier Wände. Es sah wirklich wunderschön aus und wenn erst die Lichter brannten...
Warme Hände legten sich vorsichtig auf meine Schultern und ich unterdrückte den Drang mich an seine Brust zu lehnen. So schnell durfte ich es nicht zulassen. Das würde mich von anderen Frauen kaum unterscheiden.
Ich blickte über meine Schulter und hob meine Mundwinkel „Wenn du noch etwas brauchst, musst du nur klingeln." Er deutete auf eine Schnur, direkt neben der Tür. Ich nickte.

Ich spürte vorsichtige Finger an einem meiner Zöpfe. „Wunderschön.", sagte er leise.
„Ich denke, du bist diese Haarfarbe auch nicht gewohnt. Natürlich findest du sie schön." „So eine Haarfarbe habe ich wirklich noch nie gesehen. Beinahe Kupfern, doch ich habe nicht nur die Haare gemeint."
Ich drehte mich um und tätschelte die Wange des Prinzen.
„Natürlich nicht, Lian."

Die BegabtenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt