Die Begabten 48

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Leith.
Meine Sirene auf dem Podest neben meinem Bruder zu sehen war ein Anblick, den ich mir gerne erspart hätte. Sie sahen schon aus wie ein royales Paar! Sogar das EINSTECKTUCH meines Bruders passte zu ihrem Kleid. Bei den Göttern!
Bright neben mir schien genauso zu fühlen. Seine eigentliche Frohnatur war irgendwie dunkler.
Bitter.
Es tat mir irgendwie leid für ihn, doch mir ging es nicht besser. Wir verloren Elodie an meinen Bruder. An ihre...Seele.
Ich hätte mir ausmalen können, dass soetwas passiert...vor allem mit ihr. Wieso hatten wir uns Sorgen gemacht, dass mein Bruder nicht auf die schönste Frau der Welt ansprang?
Sie strahlte wie die Sonne, als sie auf einen Jungen herab lächelte, doch ich sah beinahe sofort, dass sich ihr Blick erschrocken verschob. Sie starrte den Jungen an, als wäre er ein Geist.
Leider konnte ich sein Gesicht nicht sehen, doch Elodies Augen verrieten etwas, was ich nicht greifen konnte.

Elodie
Nach der fünften Adelsfamilie war ich schrecklich gelangweilt und versuchte nicht ungeduldig mit den Fuß zu wippen.
„Ich weiß, me corra, das ist unglaublich nervig...bald tanzen wir, versprochen!" Lian drückte meine Hand und lächelte entschuldigend. Ich nickte stumm und betrachtete die Menge vor uns. Ich unterdrückte mir ein Seufzen.

Gefühlte Stunden später zog Lian mich von der Erhörung herunter und erleichtert grinste ich zu ihm hinauf.
„Eröffnest du mit mir die Tanzfläche?", hauchte Lian sanft und ich schnaubte. „Ich kann keine traditionellen Tänze."
„Dann tanzen wir etwas nicht traditionelles.", grinste er und zog mich in die Mitte der Tanzfläche. Götter, wollte er mich blamieren?!
„Lian!", zischte ich, als er mich in Position brachte. Eine Hand auf meiner Hüfte, die andere um meine rechte Hand. „Ja, me corra?", hauchte er.
„Willst du wie ein Idiot dastehen? Das wirst du nämlich, wenn du mit mir tanzt!"
„Das wird lustig!", grinste er und ich hob skeptisch meine Brauen.

Ich hatte aber keine Zeit mehr zu diskutieren, denn plötzlich begann die Musik zu spielen und Lian zog mich in Bewegung. Ich versteifte mich sofort, doch me Anim packte mich sanft an der Hüfte, hob mich an, und wirbelte mich herum. Ich konnte nicht anders, als in Gelächter auszubrechen, als alle Adeligen empört nach Luft schnappten. Lian grinste zu mir hinauf und wirbelte mich noch ein letztes mal herum, bevor er mich am Boden absetzte und mich an sich zog. „Siehst du? Lustig!", lachte Lian in meine Halsbeuge. „Ich würde es als skandalös beschreiben, Majestät! Wir dürfen doch nicht zu sehr auffallen!"
„Denkst du, dass der Adel so dumm ist? Ich nehme ein Besitztum als Begleitung mit, die denken sich ihren Teil so oder so."
Ich zuckte mit den Schultern.

„Ich bin kein Adel, also bist du wohl der Experte."
„So gesehen bist du nicht mal ein richtig anerkannter Mensch. Da kann man mit Adel gar nicht anfangen.", knurrte Lian an meine Haut, bevor er den Kopf hob.
„Es scheint dich mehr zu stören als mich, Majestät."
„Es ist niederschmetternd zu wissen, dass dein Herz nicht frei ist." Darauf konnte ich nichts erwidern, ich betrachtete ihn nur mit einer sturen Miene. Ich konnte an diesem Fakt nichts ändern!
Ich atmete tief durch.

Ich bin die Reinkarnation reiner Perfektion.

Ich musste daran nichts ändern. Es war gut so. Ich wusste gar nicht was ich mit mir anfangen sollte, wenn ich frei wäre.
Ich betrachtete die Menschen um uns herum, ihre bohrenden Blicke ignorierend und fragte mich, was die wohl den ganzen Tag taten. Da war eine Frau, kaum älter als ich, die mit einem Mann tanzte. Ihrem Mann? Sie lachte leise und grinste ihren Gegenüber an. War sie glücklich oder tat sie nur so, für das Ansehen? Das war ja anscheinend sehr wichtig hier.
Weiter weg stand ein alter Mann am Rande der Tanzfläche und betrachtete zwei junge Mädchen, die miteinander lachend tanzten.
Alle hatten helle Haare. Alle waren in pastellenen Farben. Ich sah kein strahlendes Rot oder Orange oder Gelb, wie es in meiner Heimat üblich war. Nichts war so strahlend, dass es in den Augen weh tat.

„Über was denkst du nach, me corra?", fragte Lian leise, während er mich zur Musik langsam drehte.
„Farben. Sie ist so gedeckt hier...als wäre jegliche Farbe ausgewaschen.", murmelte ich. Und drehte meinen Kopf in die anderen Richtung, in der Hoffnung, dass ich sie doch fand, vergeblich.

„Es sind doch viele Farben hier?", murmelte Lian, doch ich schüttelte heftig den Kopf. „Ich sollte dir meine alten Kleider zeigen. DAS sind Farben." Lian lachte leise und führte mich wieder aus der tanzenden Menge hinaus.
„Interessant." Er drückte mir einen Wein in die Hand und ich grinste dankbar. Sein Arm legte sich sanft um meine Mitte.
„Es scheint mir, als hättest du Heimweh." Er zog mich näher an seine Seite und begann mit mir durch den Raum zu schreiten.
Ich erblickte schon die ersten Adeligen, die sich uns näherten.
„Ja, etwas...es ist so...anders hier...so viele Regeln die ich nicht verstehe und bei uns nicht gibt."

Der erste Mann hatte uns erreicht und spricht in schnellem Ferhallah auf uns ein, während er fest und begeistert meine Hand packte und einen dicken Schmatzer drauf drückte. Mit großen Augen blickte ich zu Lian hinauf.
"Das ist Lord Gabli, er fragt wie du es hier findest und fragt ob du hier sehr frierst."
„Mit dir im Bett kann ich gar nicht frieren.", flüsterte ich und ich sah, wie Röte in das blasse Gesicht des Prinzen schoss.
„Elodie!" Ich lachte leise.
„Sag ihm es ist wunderbar hier und ich musste mich an die Temperaturen gewöhnen. Schnee ist sehr faszinierend für mich gewesen."
Schnell übersetzte der Prinz meine Worte und ich lächelte höflich. Der Lord lachte laut und ich trat überrascht über seine Lautstärke einen Schritt zurück. Hier war normalerweise nichts Laut, nichts zu auffällig.
Die Hand meiner Seele hielt mich fest um meine Mitte. Sein Griff verstärkte sich jedoch schmerzhaft bei den nächsten Worten des Lords.

„Du bist eine Schönheit...du solltest meinen Sohn kennenlernen...", übersetzte er leise knurrend. Überrascht blickte ich ihn an. „Aber...ich bin doch deine Begleitung?"
„Man denkt sich zwar seinen Teil mit uns, doch ist es sehr unwahrscheinlich...das wir...verbunden sind." Erneut runzelte ich die Stirn. „Ich weiss nicht, was ich antworten..."
Schon begann Lian zu sprechen und blitzte den Lord an.
Nur eine Sache konnte ich erkennen... „ME corra!"

Die BegabtenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt