Think about it every time, I think about it, can't stop thinking 'bout it ~ Accidentally in Love (Counting Crowns)
Ich schloss die Augen und hoffte, dass meine Gedanken so verschwanden. Ich wollte nicht schon wieder über mein Leben nachdenken. Leider passierte das in letzter Zeit immer wieder und
ich kam nur schwer dagegen an.
Wer waren meine echten Eltern? Warum hatten sie mich nicht
gewollt? Was stimmte denn nicht mit mir? Auf die erste Frage hatte ich keine Antwort, hatte ich noch nie gehabt. Die Antwort der zweiten Frage konnte ich mir denken, wenn man mal bedachte, was ich heute in der Schule getan hatte. Und die dritte Frage wurde von der zweiten beantwortet. Trotzdem fuhren meine Gedanken Karussell.Ich zwang mich, meine Augen wieder aufzumachen und blickte wieder auf meine Hausaufgaben. Ich konzentrierte mich und sah mir die erste Aufgabe an. Doch als ich nach dem dritten Mal Durchlesen immer noch keine Ahnung hatte, was dastand, klappte ich mein Mathebuch mit einem lauten Knall zu. „Verdammt!", fluchte ich leise.
Ich hatte mir vorgenommen, nicht schon wieder ohne Hausaufgaben in der Schule aufzukreuzen.
Aber bei dem Gedankensturm in meinem Kopf konnte ich mich unmöglich auf Algebra konzentrieren.Seufzend stand ich auf und lief aus meinem Zimmer. Im Flur musste ich erstmal über fünf Bücher steigen, bevor ich das Bad erreicht hatte. Meine Pflegemutter war aus Leidenschaft und liebte ihre Schätze über alles, was sie jedoch nicht davon abhielt, die Bücher überall liegen zu lassen. Sie selbst nannte es "geordnete Unordnung".
Ich holte mir im Badezimmer meinen Kontaktlinsenbehälter und lief die Treppe nach unten. Dann öffnete ich die Haustür und ein Schwall warmer Sommerluft strömte mir
entgegen. Aufseufzend lief ich hinaus und ging los. Den Weg zum Wald kannte ich in und auswendig und nach fünfzehn Minuten war ich am Waldrand angekommen.Ich drosselte mein Tempo und schlenderte entspannt durch die erste Baumreihe. Es war für mich wie nach Hause kommen, wenn ich den frischen, erdigen Geruch des Waldes
einatmete und über mir nur Blätter waren. Zielstrebig lief ich den Trampelpfad entlang, der einzig und allein von meinen Schritten stammte und war schon bald an meinem absoluten Lieblingsplatz
angekommen.Die Mondscheinlichtung, wie ich sie als Siebenjährige mal genannt hatte, lag vor mir. In der Mitte der Lichtung setzte ich mich auf den Boden und kramte meinen Kontaktlinsenbehälter aus meiner Hosentasche. In den Deckel hatte ich einen Spiegel geklebt, vor dem ich nun meine Augen platzierte.
Vorsichtig löste ich die blauen Kontaktlinsen aus meinen
Augen und jetzt schauten mich zwei lila Iriden an. Ich verstand selbst nicht, warum ich eine solch
ungewöhnliche Augenfarbe hatte. Aber zu meinem Pech war das noch nicht alles, was mich von
anderen Menschen unterschied.Ich holte tief Luft und pustete dann in Richtung Himmel. Im nächsten Moment blies mich die darauffolgende Windböe fast um. Ich konnte nämlich Wind
erzeugen, indem ich einfach nur in die Luft pustete. Und wenn mir kalt war, dann erhitzte sich mein Körper von ganz alleine. Wenn ich jedoch schwitzte und mir warm war, kühlte er ab.Nun war es Zeit für den Trick, den ich am nützlichsten fand. Ich fokussierte das Gras vor mir und stellte mir vor, wie die Erde sich zu einem Haufen formte. Innerhalb weniger Millisekunden wuchs die Erde vor mir und türmte sich zu einem kleinen Hügel auf. Ich grinste. Als ich noch kleiner war, konnte ich gerademal ein paar Erdbröckchen verschieben und nun war ich in der Lage, einen fast dreißig Zentimeter hohen Hügel zu erschaffen.
Ich hatte diese „Kräfte" seit ich denken konnte. Sie waren schon immer da gewesen und trotzdem würde ich sie nicht als Teil von mir bezeichnen. Sie fühlten sich eher wie ein Bonus an, den ich zwar hatte, der mir aber nicht gehörte. Ich wusste nicht, warum ich so dachte, doch genau so fühlte es sich an.
Ich wollte gerade eine Brise über den
Hügel jagen, als mein Handy klingelte. Ich zuckte zusammen und holte es mit zitternden Fingern aus meiner Weste. Was, wenn das die Polizei war, die mich wegen heute Vormittag sprechen wollte? Ich hatte den Krankenwagen zwar gerufen, jedoch keinem gesagt, dass ich es war, die die Jungs verprügelt hatte. Ich konnte nur hoffen, dass sie es auch nicht getan hatten.Doch es leuchtete mir der Name meiner
Pflegemutter Mina entgegen, als ich das Handy entsperrte, also nahm ich ab. „Hallo, Schätzchen! Wo bist du?."
"Im Wald, warum? Ist etwas passiert? Steht die Polizei vor der Tür? Wollen sie mich verhaften?"
"Was? Nein, natürlich nicht. Wie kommst du darauf? Ich wollte nur Becheid geben, dass es Abendessen gibt und du nach Hause kommen sollst", antwortete Mina sichtlich verwirrt.Ich atmete erleichtert auf. "Egal, ich komme, okay? Gib mir zehn Minuten."
"Alles klar." Mina legte auf und ich verstaute das Handy wieder in meiner Tasche. Ich würde also wann
anders weiterüben müssen. Schnell ließ ich den Hügel verschwinden, bevor ich mir meine Kontaktlinsen wieder einsetzte. Dann erst stand ich auf und machte mich auf den Heimweg.Als ich wieder zu Hause war, riss ich mir meine hellblaue Mütze vom Kopf und setzte mich an den Tisch. "Und wie war dein Tag?", begrüßte mich Mina und lud mir einen Berg Feldsalat auf
den Teller. „Ganz gut. Es ist nichts passiert und niemand hat was bemerkt", sagte ich schnell. Zu schnell. Mina runzelte die Stirn und setzte sich mir gegenüber. "Sicher?"
Ich nickte und senkte den Blick.Ich hasste es, Mina anzulügen. Sie war die einzige, die von meinen Kräften wusste und deshalb war es ein schreckliches Gefühl, sie zu belügen. Doch ich wollte meiner Pflegemutter nichts davon erzählen, damit sie sich nicht aufregte und in die Schule ging um mit dem Direktor über mich zu sprechen.
Also aß ich schweigend den Salat auf und ging dann in mein Zimmer. Dort angekommen fiel mein Blick auf meinen Kalender, der an der Schranktür hing. Morgen war der erste Juli und somit mein sechzehnter Geburtstag. Ich ließ mich rückwärts auf mein Bett fallen und starrte an die Decke. Noch fünf Stunden.
Meine Gedanken schweiften ab und ich musste zum ungefähr millionsten Mal an meine leiblichen Eltern denken. Ich kannte sie nicht, aber ich stellte sie mir manchmal vor. Dann sahen sie allerdings nicht nett aus, sondern legten mich mit einem angewiderten Gesichtsausdruck vor Minas Tür. Ich nahm an, dass sie mich wegen meiner „Besonderheiten" weggegeben hatten.
Langsam strich ich mit dem Zeigefinger über meine Stirn. Dort befand sich mein größtes Geheimnis. Es war ein Ying und Yang Zeichen, das aus einem hellen und einem dunklen Pigmentfleck bestand. Nicht zum ersten Mal fragte ich mich, wie meine Haut es so akkurat entstehen lassen konnte.
In der Öffentlichkeit versteckte ich es entweder unter einer Mütze, so wie heute, oder ich deckte es mit Make-Up ab, denn ich wollte nicht, dass ich zum Gespött der Leute wurde. Ich nahm lieber Ryans Hänseleien in Kauf als öffentlich mit einer regelrechten Leuchte durch die Gegend zu laufen.
Meine Augen verbarg ich ebenfalls, da sie lila waren, hinter blauen Kontaktlinsen. Ich hatte im Internet ein paar Menschen auf der Welt gesehen, die ebenso lila Augen hatten wie ich, aber dass es bei ihnen eine
Krankheit oder eine Genmutation war. Ich hatte nichts, das mir bewies, dass es bei mir nicht auch so war, doch irgendetwas sagte mir, dass meine Augenfarbe einen anderen Ursprung hatte. Es war wie ein Gefühl, dass ich schon mein Leben lang hatte.Wieder fiel mein Blick auf die Uhr. Es waren gerade mal fünf Minuten vergangen. Um mich abzulenken schnappte ich mir mein Buch vom Nachttisch und fing an zu lesen.
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Die Kraft der Elemente - Alles liegt in deiner Hand
FantasiEmilia war noch nie normal. Dadurch, dass sie Erde und Luft beherrschen kann, muss sie aufpassen, was sie tut. Als sie eines Tages an ihrem Geburtstag in eine magische Welt gezogen wird, findet sie heraus, dass sie Teil einer uralten Prophezeiung is...