Kapitel 16

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Arians Pov

„Wie kann es sein, dass wir nichts neues haben?!", schrie ich meine Männer an, die sich in unserem Waffenlager versammelt hatten und mich eingeschüchtert ansahen, bis auf meine Brüder und mein Vater. Diese standen neben mir und versuchten mich zu beruhigen, was aber vergeblich war. Seit mehr als drei Stunden war Argjentina schon weg und das machte mich krank. Krank vor Wut und vor Sorge. Die schlimmsten Szenarien drangen vor meinen Augen, wie sie sie vergewaltigten, sie schlugen und sie erniedrigten. Mein Blut kochte bei der Vorstellung, wie sie in einer Ecke am weinen lag.

Alles in mir schrie danach sie zu beschützen und zu finden. Es war meine Schuld gewesen. Wie konnte mir so ein Fehler unterlaufen? Und das auch noch auf meinem Anwesen.

Seit dem diese Frau in meinem Leben getreten ist, war ich nicht mehr ich selbst. Sowas wäre mir zuvor niemals passiert.

Nachdem mir Enes Bescheid gegeben hatte, waren wir direkt zum Waffenlager gefahren in dem die gesamten Rudaj Männer schon auf uns warteten. Selbst die Rudajs aus Tropoja und aus Kukës waren gekommen um Argjentina zu finden. Sie war meine Frau. Sie war eine Rudaj. Auf der ganzen Welt würden wir sie suchen und danach alle töten, die damit was zu tun hatten.  Zudem hatte ich alle unsere It Spezialisten angesammelt, die gerade damit beschäftigt waren alle Kameras der Stadt in Tirana zu hacken und zu überprüfen. Es musste ein Hinweis geben. Sie konnten niemals besser als ich sein.

Ich war ein Genie. Mein Vater hatte es bereits früh erkannt und seitdem hatte er mich anders behandelt als meine Brüder. Während er sich um sie kümmerte, mit ihnen spielte und ihnen lustige Dinge zeigte, wurde ich von ihm wie ein Soldat erzogen. Schon mit fünf Jahren musste ich jeden Tag um vier Uhr morgens aufstehen und mich in jeder erdenklichen Kampfsportart trainieren. Mein Vater trimmte mich darauf, keine Gefühle zu zeigen, da dies eine Art Schwäche war. Ich durfte nicht mit meinen Brüdern spielen oder auch nur einen Tag ausschlafen. Selbst meine Mutter durfte von meinem Vater aus, nicht liebevoll mit mir umgehen.

Ich erinnere mich noch gut daran, wie sie meinen Vater weinend angefleht hatte, mich wenigstens ein Kind sein zu lassen und mir Liebe zu zeigen, wie sie es bei meinen Brüdern durfte. Doch mein Vater bestand darauf, dass ich anders behandelt werden musste, denn ich war der perfekte Nachkomme, die perfekte Killermaschine, wie er es nannte. Als Kind verstand ich nicht, wieso ich so anders behandelt wurde, weinte oft und hoffte, eines Tages auch so viel Spaß wie meine Brüder haben zu dürfen oder in den Armen meiner Mutter zu liegen, aber diese Gedanken vertrieb mir mein Vater mit Schläge. Nicht aus Wut zu mir, sondern als Erziehung. -Ein Mann weinte nicht. Ein Mann interessierte sich nicht für Liebe, waren seine Worte gewesen, die er auf mich einprügelte, als ich an einen Tag weinend zu ihm gelaufen war und ihn angefleht hatte, dass ich doch auch mit meinen Brüdern Fußballspielen wollte.

Ich erinnerte mich noch gut an den Tag.
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Flashback

Mit tränen in den Augen sah ich auf unser Garten hinab und musste lächeln, als ich meine Brüder beim Fußball spielen beobachtete. Wie glücklich sie doch waren und wie laut sie miteinander lachten.

Ich will das doch auch! Wieso lässt mich Papa nicht mitspielen? Bin ich denn so ein böser Mensch? Wieso liebten mich Mama und Papa nicht so wie sie die anderen liebten? Was machte ich falsch? Mit zittrigen Händen wischte ich mir meine Tränen weg, die mir unkontrolliert auf meine weiche pralle Wange kullerten und sanft auf den harten und kalten Holzboden aufkamen.

Das Wetter war schön und angenehm warm. Doch ich musste auf meinem Zimmer bleiben und lernen. Denn Papa wollte, dass ich der schlauste bin. Der schlauste und stärkste, denn ich war besonders... sagte er mir immer. Aber ich wollte so nicht sein. Ich wollte wie meine Brüder sein. Ich will nicht alleine auf meinem Zimmer sitzen. Die ganzen Lernbücher konnte ich bereits auswendig. Mit meinen fünf Jahren konnte ich schon Aufgaben rechnen, die für die Oberstufe gedacht waren. Es war leicht. Zu leicht für mich. Aber ich wollte doch nur spielen! 

Forever MineWo Geschichten leben. Entdecke jetzt