Kapitel 18

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Wie erstarrt blieb ich inmitten meiner Bewegung stehen und starrte ungläubig zu Argjentina rüber, die in Enes Armen das Bewusstsein verloren hatte. Ich war nicht im Stande mich zu rühren oder gar zu Argjentina zu rennen, was Enes direkt bemerkt hatte und sie sofort auf seinen Arme getragen hatte und aus dem verdammten Zimmer stürmte zu unseren Wägen. Er musste sie sofort wegbringen von hier und sie versorgen.

Am liebsten würde ich sie versorgen, da ich der beste Arzt war und keinem anderen vertraute, wenn es um ihr Leben ging. Aber mir blieb keine Wahl, da meine Wut mich komplett übernommen hatte und mich nicht mehr klar denken ließ.

Ich musste sie noch einmal sehen. Noch einmal ihren wunderschönen Duft aufsaugen, der mir und meinem Körper so verdammt gut tat, auch wenn ich wusste, dass mich ihr Anblick zerstören würde. Sie so leiden zu sehen, so unter Schmerzen zu sehen, schnürte mir die Luft zum atmen ab. Ich hatte das Bedürfnis, sie zu beschützen, obwohl ich wusste, dass ich mich erst einmal rächen musste. Aber in diesem Moment konnte ich nichts anderes tun, als mich um sie zu kümmern.

Meine schnellen Schritte führten mich direkt zum Jeep von Enes, der bereits losfahren wollte, als er mich jedoch erblickte, sofort abgebremst hatte.

Ich hatte nur Augen für Argjentina und öffnete die Fahrertür, um zu ihr zu gelangen. Sie lag wie ein Engel auf dem Sitz, wodurch sich mein Magen verkrampfte. Ich hatte noch nie zuvor solch einen Schmerz empfunden. Es war, als ob mein Innerstes auseinandergerissen wurde. Wie konnte ich für jemand anderen Schmerz empfinden? Als ich Argjentina auf dem Autositz sah, überkam mich eine Welle des Schmerzes, die mich wie ein Blitz durchfuhr. Ein Gefühl, das ich noch nie zuvor empfunden hatte, das mich jedoch innerlich zu zerfressen schien. Meine Gedanken drehten sich wie wild im Kreis, während ich versuchte, zu begreifen, was in meinem Körper vorging. War das der Schmerz, den ich spürte? Der Schmerz, den sie fühlte, spiegelte sich auf schmerzhafte Weise in meinem Inneren wider. Ich fragte mich, ob es normal war, sich so sehr um jemanden zu sorgen, dass es körperlich schmerzte.

Doch als ich ihren geschundenen Körper sah, wusste ich, dass ich keine andere Wahl hatte, als mich um sie zu kümmern. Diese Frau, die ich kaum kannte, hatte etwas in mir entfacht, das ich nicht erklären konnte. Es war ein Schmerz, der mich dazu trieb, alles zu tun, um sie zu beschützen und ihr Leid zu lindern. Ich fühlte mich machtlos gegenüber dieser Qual, die sie durchmachen musste. Es war, als ob sich ein Teil von mir mit ihr verbunden hatte und ich ihre Schmerzen auf eine unerklärliche Weise mit ihr teilte. Die Frage, die mich jedoch quälte, war: Wie hatte ich das zulassen können, dass ihr so etwas passiert war?

Mein Magen verkrampfte sich bei diesem Anblick, ich spürte wieder diesen unfassbaren Schmerz in mir, den ich zuvor noch nie gespürt hatte. Ich kannte das nicht, schmerz für wen anders zu empfinden. War das Schmerz? Fühlte sich schmerz etwa so an? Dieser Schmerz war nicht physisch, sondern emotional und er zerfraß mich von innen. Es war tausend Mal schlimmer als jede Schläge und jede Verbrennung und jede Schusswunde, die ich in der Vergangenheit auf meinem Körper erlitten hatte.

Ich erinnerte mich noch genau an die drei Wochen, die ich damals durchlebt hatte, als ich mit 15 Jahren von unseren Feinden entführt worden war. Sie hatten mich gefangen genommen und wollten Informationen über meine Familie und deren Geschäfte. Doch ich hatte geschwiegen und mich geweigert, irgendetwas preiszugeben. Darauf hatten sie angefangen, mich zu foltern.

Es hatte mit den Zigarettenstümmeln, die sie auf meiner Haut, vor allem auf meinem Rücken ausdrückten begannen. Danach hatten sie tiefe Schnitte in meinen Rücken geschnitten, wodurch das Blut in Strömen floss. Aber ich hatte keinen Mucks von mir gegeben. Nicht eine einzige Träne hatte ich vergossen oder vor Schmerz geschrien. Mein Stolz war viel zu groß, als dass ich in diesem Moment Schmerz verspürt hätte. Und genau das hatte die Wichser noch mehr frustriert, sodass sie zu ihren Feuerzeugen gegriffen hatten und mich an mehreren Stellen immer wieder verbrannt hatten. Die Hitze der Flammen hatten sich in meine Haut gebrannt und ich hatte den Gestank von verbranntem Fleisch riechen können. Aber ich war stumm geblieben.

Forever MineWo Geschichten leben. Entdecke jetzt