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Yoongi

Vorsichtig wurde mir die schreiende Yeong-ja überreicht, die gleich auf meine Brust legte und ihren Kopf hob. Mein Herz wurde schon leichter, allein dadurch, dass ich wenigstens noch die beiden hatte. Jimin hatte sie fast ganze Neun Monate in sich getragen. Sie waren ebenso ein Teil von ihm, als auch von mir.

Hätte die Zwillinge jetzt ebenso verloren, wüsste ich gar nicht, was ich getan hätte.

Yeong-ja wurde schon ruhiger, nach dem sie ihre Hand mein Pullover umgriff und an dem Stoff herumzog. Sie roch meinen Geruch, spürte immer noch ein Teil von Jimin in mir, der sie beruhigte. Yeong-su schlief noch tief und fest in dem Bett.

Dass ich doch so schnell wieder im Krankenhaus war, erstaunte mich, aber diesmal würde ich nicht mit Jimin nach Hause gehen.

Ruhig und sanft strich ich, mit meinem Daumen, über ihre Schläfe und die Frau, genau dieselbe, die vor über drei Monaten, die beiden nach der Geburt versorgt hat, lächelte sie beruhigt an.

"Ich dachte wirklich, sie hört gar nicht mehr auf. Aber sehe da, sie wollte unbedingt zu ihrem geliebten Vater. Der Anfang wird schwer, aber der Wille zählt Herr Min. Geben sie nie den glauben auf, vor allem nicht an sich selber, sonst wird es nur noch schlimmer. Ihr Freund, wird dennoch auf sie drei auf aufpassen", versuchte sie mir gut zuzusprechen.

Ich nickte nur schwach, spürte dann eine Hand auf meiner Schulter. "Zum Glück hat er ja uns und hängen lassen wir ihn sicher nicht", kam es von Jungkook, dessen Hand auf meiner Schulter lag.

Aber der große Selbsthass war gerade dennoch so groß. Die Schuldgefühle um einiges mehr zerfraß mich und nahmen mir einfach alles. Ich könnte schon losheulen, wenn ich daran denke.

Ich will dem LKW-Fahrer die Schuld geben und das tat ich auch, aber größere Schuld, dass das ganze passiert war, lag immer noch bei mir. Ich hatte Jimin angerufen und das in einer Situation, die schon unkontrollierbar war. Ich hatte ihn abgelenkt und nur deswegen hatte er die rote Ampel nicht gesehen.

Was Jimins Elten sich jetzt wohl denken?

Eigentlich habe ich nichts denen gesagt, nur Ji-hyun, deswegen vermutete ich, dass er es ihnen schon längst gesagt haben muss. Ich habe ihn noch nie weinen gehört und jetzt war es das erste Mal gewesen.

Mit meinen Gedanken und Gefühlen wusste ich gar nicht wohin. Alles stand kopf. Als wäre alles eine so komische Zeitschleife, in spielte sich alles immer und immer wieder in meinem Kopf ab. Es war eine Hölle und ich würde sie lieber gerne verlassen, aber irgendwie kann ich das auch nicht, weil genau diese Hölle, mich so mit ihm verband.

Wir waren durch eine Hölle gegangen, um endlich das richtige Leben zu erlangen, dabei stelle ich jetzt erst fest, die wahre Hölle, ist der Verlust eines geliebten Menschen, die Trauer um jemanden, den man über alles liebte. Menschen, die man einfach nicht loslassen kann.

Jimin war viel mehr als das. Ich würde sogar noch behaupten, dass Jimin mein Seelenverwandter war und solch einen Menschen zu verlieren, war die reinste Hölle.

Ich hasse es zu Trauern, ich habe in meinem Leben schon genug Menschen betrauert, die mir die Welt bedeutet haben. Und es jetzt wieder durchzumachen, riss alles unter meinen Füßen weg.

"Yoongi, nur dass du es weißt, du kannst uns jederzeit anrufen, wenn du was brauchst. Du stehst das nicht allein durch. Du gehörst zu Jimin somit auch zu uns. Freunde sind Familie, vergiss das nicht", sagte Namjoon zu mir.

Ihr nahm seine Worte wahr, konnte mich aber nur auf Yeong-ja konzentrieren. Als Zeichen, dass ich ihm zugehört habe, nickte ich nur, hielt mein Blick fokussiert auf meine Tochter, die versuchte ihren Kopf zu heben.

Es war einfach so krass, wie schnell die zwei wuchsen und immer mehr an Kraft bekamen. Dass gerade sie die Kulleraugen von Jimin hatte, machte auf eine Weise glücklich. Man sah in ihren Augen Jimin wieder spiegeln.

"Du schläfst also bei ihm?", hackte Hoseok nach und da sah ich auf. Wer schläft hier bei wem?

Ich sah einen nickenden Taehyung neben mir. "Ja, weil jemand danach schauen muss, dass auch Yoongi endlich mal schläft, er ist seit dem durchgehend wach. Er hat jetzt 36 Stunde nicht mehr geschlafen und ich mach' mir Sorgen. Solange auch Yoongi nichts dagegen hat", kam es von Tae und ich sah erst noch verwirrt an.

"Ich tu' das nur für dich, Yoongi. Jemand muss mach dir sehen, dass du wirklich schläfst, isst und trinkst", meinte er. Ich verstehe ihn ja. Ach will auch versuchen mich zu wehren, Taehyung war ein Dickkopf, ich brauche es gar nicht erst zu versuchen.

"Ja, ist okay", sagte ich dann einfach, er schaute mich schon erleichtert an.

"Gut, dann können wir beruhigt sein. Sowohl Yoongi als auch die Zwillinge sind versorgt. Warten wir mal ab, wie es mit Jimins Elten noch aussieht. So wie ich die kennen, werde die auftauchen, sei darauf gefasst!"

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AMYGDALA ᵞᵒᵒⁿᵐⁱⁿ Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt