Kapitel 2.1: Am Ersten der Nemesis

325 41 9
                                    

Damian

Als die Tür hinter Merope von Eldra ins Schloss fiel, zählte Damian still bis zehn. Er war erst bei drei angekommen, da brachen die beiden Frauen ihr Schweigen.

Thalia, mein ausgelagerter Schwertarm." Seine Leibwächterin schüttelte den Kopf. „Musst du mich vor Fremden immer auf meinen Körper reduzieren? Wir wissen beide, dass ich die Wache nicht wegen meiner Kampfkunst anführe, sondern weil ich die einzige mit Humor in diesem Haufen bin."

„Beschwere dich nicht", sagte Damian, „Die Bemerkung über Veronikas Tee hättest du dir auch sparen können."

„Das war doch gar nicht böse-"

„Genug, alle beide." Mit Nachdruck stellte Veronika ihre Tasse auf den Porzellanuntersetzer. „Jeder von uns ist gereizt. Der Erste der Nemesis, die Sache mit der Hexe... Lassen wir es nicht gegenseitig an uns aus. Wir sind hier, um eine Entscheidung zu treffen."

„Die hat seine königliche Hoheit ja wohl schon ohne uns getroffen." Thalia schnaubte. „Was war es? Ihre Lächeln? Oder ihre großen grünen Augen?"

„Thalia..." Damian seufzte.

„Ist doch wahr! Seid ehrlich, Veronika. Allein wie er sie angeschaut hat..."

Seine Lehrerin leerte den Rest ihrer Teetasse und verkniff sich einen Kommentar.

 „Wenn ihr mich fragt", sagte Thalia, „viel zu selbstbewusst, die kleine Waldweise."

Zu selbstbewusst?" Veronika verlagerte das Gewicht in ihrem Stuhl und zupfte ihre Palla zurecht, als machte sie sich zum Gehen bereit. „Genau richtig, würde ich sagen."

Innerlich grinste Damian, aber er wusste aus Erfahrung, dass es klüger war, erst einmal den Mund zu halten, bis die zwei sich ausgetobt hatten.

„Habt Ihr gehört, wie sie mit dem Prinzen gesprochen hat? Der König hätte sie dafür rausgeworfen!"

„Unser Prinz ist aber nicht der König", sagte Veronika, ruhig, doch mit der Bestimmtheit der Lehrerin. „Seine Hoheit kann sich glücklich schätzen, wenn jemand in seiner Gegenwart die Wahrheit sagt. Ehrlichkeit ist eines der wenigen Dinge, die ein Herrscher chronisch zu selten bekommt."

„Was hältst du von ihr?", schaltete sich Damian ein, bevor Thalia wieder antworten konnte. Er wandte sich seiner Lehrerin zu. Veronikas Meinung war ihm wichtiger, als jede andere. Aus diesem Grund hatte er sie auch gebeten, an der Audienz teilzunehmen. „Denkst du, sie ist der Aufgabe gewachsen?"

„Ich weiß es nicht. So eine Mission hat es noch nie gegeben. Das Mädchen scheint mir ziemlich schnell im Denken-"

„Weil Ihr das auch nach fünf Minuten erkannt habt", murmelte Thalia. „Sicher."

„-und sie hat Rückgrat", fuhr Veronika fort, als sei sie nicht unterbrochen worden. „Beides Eigenschaften, die man in diesem Palast nicht häufig findet. Allein das spricht für sie. Ich glaube, sie wird alles tun, um die Mission zu einem Erfolg zu machen. Und sei es nur für ihren Lohn." 

Thalia kniff die Augen zusammen. „Das Mädchen ist noch nicht mal volljährig."

„Und Ihr nur ein paar Jahre älter", antwortete Veronika kühl. Sie hob die Brauen. „Was für ein gewaltiger Vorsprung an Weisheit."

„Ich danke euch beiden für Eure Einschätzung", sagte Damian rasch, bevor Thalias Nerven endgültig überreizt waren, „aber die Entscheidung ist gefallen. Mera von Eldra wird die Mission anführen. Sie weiß zu viel, um jetzt noch auszusteigen. Morgen Abend nach den Festlichkeiten, wenn die Stadt abgelenkt ist, brecht ihr auf. Ich erwarte, dass du auf die Waldweise hörst, Thalia. Diese Reise muss erfolgreich sein."

Die Dornen der GötterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt