Der Morgen dämmerte still und grau über Königsmund, als die ersten Sonnenstrahlen durch die Wolkendecke brachen. Ein leises Summen erfüllte die Luft, doch der Tag versprach wenig Aufregung. Die große Stadt erwachte langsam, doch in den Mauern des Roten Bergfrieds schien die Zeit stillzustehen.
Rhaenyra war bereits in den frühen Morgenstunden aufgebrochen. Ihre Abreise war ruhig und fast unbemerkt von den meisten Bewohnern des Schlosses. Sie und Daemon waren auf ihren Drachen, Syrax und Caraxes, in die kühle Morgenluft gestiegen, um nach Drachenstein zu fliegen. Es gab keine Verabschiedungen, keine großen Reden. Es war eine stille, fast melancholische Abreise, die nur von den engsten Familienmitgliedern beobachtet wurde.
Jetzt, da sie fort waren, lag die Verantwortung für meine Brüder auf meinen Schultern. Ich fühlte das Gewicht dieser Verantwortung mehr denn je, aber der Tag versprach, ein ruhiger zu werden, ohne die Aufregung und die Dramatik, die das Leben am Hofe sonst oft mit sich brachte.
Nachdem ich mich vergewissert hatte, dass Lucerys, Jacaerys und Joffrey gut versorgt waren und ihren Morgen mit ihren Lehrern und ihrer Amme verbrachten, zog ich mich in die Gemächer zurück, die ich nun alleine bewohnte. Es war seltsam, so viel Zeit für mich selbst zu haben, und obwohl die Stille des Schlosses beruhigend sein konnte, fühlte sie sich heute eher beklemmend an.
Die Ereignisse der letzten Tage lasteten schwer auf mir, und obwohl ich wusste, dass die Dinge so geschehen mussten, wie sie es taten, konnte ich das Gefühl der Leere nicht abschütteln, das nach der Abreise meiner Mutter und meines Vaters in mir wuchs.
Nach dem Frühstück ging ich in den großen Hof des Schlosses. Die Wolken hatten sich etwas verzogen, und der Himmel war nun in einem trüben Grau getaucht. Ein paar Diener und Wachen gingen ihren Aufgaben nach, doch es herrschte keine große Betriebsamkeit. Die meisten Bewohner des Roten Bergfrieds wussten, dass König Viserys in seinen letzten Tagen lag, und dies drückte schwer auf die Stimmung.
Im Hof bemerkte ich eine kleine Ansammlung von Menschen, die sich um einen jungen Burschen geschart hatten. Neugierig ging ich näher heran und erkannte bald, was passiert war. Ein junger Hofknappe, nicht älter als sechzehn, lag am Boden, blutend und mit schmerzverzerrtem Gesicht. Ein Pferd stand in der Nähe, nervös stampfend und mit den Ohren zuckend.
„Was ist passiert?", fragte ich einen der Wachen, die sich um den Jungen versammelt hatten.
„Er wurde von seinem Pferd getreten, Mylady", erklärte der Mann mit einem Stirnrunzeln. „Das Tier hat sich erschreckt, als ein Falkner mit einem Vogel in der Nähe vorbeiging. Der Junge hat versucht, es zu beruhigen, aber das Pferd trat aus und traf ihn am Kopf."
Ich kniete mich neben den Jungen und sah, dass er eine tiefe Wunde an seiner Schläfe hatte. Blut sickerte langsam heraus und lief ihm über das Gesicht. Sein Atem ging schnell und flach, und er schien halb bewusstlos zu sein.
„Holt einen Heiler!", rief ich und sah einen der Diener an, der eilig davonlief, um jemanden zu holen, der dem Jungen helfen konnte.
Während wir warteten, versuchte ich, den Jungen so gut es ging zu beruhigen. Ich nahm ein Tuch und presste es vorsichtig auf die Wunde, um das Bluten zu stillen. Er stöhnte leise, aber seine Augen blieben geschlossen.
Die Minuten vergingen, bis schließlich der Heiler eintraf. Ein älterer Mann mit grauem Haar und einem ernsten Ausdruck, der sofort begann, den Jungen zu untersuchen. Ich trat zurück und beobachtete, wie der Heiler geschickt und ruhig arbeitete, die Wunde reinigte und den Jungen in eine stabilere Position brachte.
„Er wird überleben", sagte der Heiler schließlich, nachdem er die Wunde verbunden hatte. „Aber er hat viel Blut verloren, und es wird eine Weile dauern, bis er sich vollständig erholt hat. Zum Glück wurde sein Auge nicht getroffen."
Die Anwesenden atmeten erleichtert auf, und der Junge wurde vorsichtig auf eine Trage gehoben und ins Schloss gebracht, wo er sich erholen konnte.
Der Vorfall, so klein er auch war, hinterließ einen Eindruck bei mir. Es war ein seltsames Gefühl der Hilflosigkeit, zu sehen, wie schnell sich das Leben eines Menschen durch einen einfachen Unfall verändern konnte. Der Hofknappe war einfach seiner Arbeit nachgegangen, und nun lag er schwer verletzt in seinem Bett, weil ein Pferd erschrocken war. Es erinnerte mich daran, wie fragil das Leben sein konnte, selbst hier, in den scheinbar sicheren Mauern des Roten Bergfrieds.
Nachdem der Junge fortgebracht worden war, kehrte die Normalität schnell zurück. Die Diener setzten ihre Arbeit fort, und das Pferd, das den Unfall verursacht hatte, wurde von seinem Stallburschen beruhigt und zurück in den Stall geführt. Doch die düstere Stimmung, die über dem Schloss hing, schien nur noch schwerer zu werden.
Ich verbrachte den Rest des Vormittags damit, durch die Gänge des Schlosses zu wandern. Die Stille war fast bedrückend, und die Gedanken an die Abwesenheit meiner Mutter und meines Vaters verfolgten mich. Die Erinnerung an den verletzten Knappe ließ mich nicht los. Es war ein Zeichen dafür, wie plötzlich und unerwartet das Leben sich ändern konnte, und ich konnte nicht anders, als an die Zukunft zu denken, die uns bevorstand.
Zum Mittagessen setzte ich mich mit meinen Brüdern zusammen. Sie waren ungewöhnlich still, vielleicht spürten sie die Schwere der Ereignisse ebenso wie ich. Jacaerys, der älteste von uns, versuchte, eine mutige Miene aufzusetzen, doch ich konnte die Sorge in seinen Augen sehen. Lucerys und Joffrey schienen verwirrt, vielleicht sogar ein wenig verängstigt, auch wenn sie es nicht offen zeigten.
„Mutter wird bald zurück sein", sagte ich, mehr um sie zu beruhigen als um mich selbst. „Und bis dahin bleiben wir hier und halten zusammen."
„Was, wenn Großvater stirbt, bevor sie zurückkommt?", fragte Lucerys leise, und seine Worte hingen schwer im Raum.
„Dann werden wir hier sein, um ihm beizustehen", antwortete ich, obwohl mir die Antwort schwerfiel. „Und Mutter wird so schnell wie möglich zurückkehren."
Das Mittagessen verlief still, und nach dem Essen gingen wir alle unseren eigenen Wegen. Ich kehrte wieder in meine Gemächer zurück, um ein wenig Ruhe zu finden, doch die Ruhe, die ich suchte, blieb aus. Die Sorgen und die Ungewissheit der kommenden Tage nagten an mir, und die Stille des Schlosses, die sonst beruhigend wirkte, war nun eher eine ständige Erinnerung an das, was noch kommen würde.
Am Nachmittag beschloss ich, die frische Luft zu suchen und einen Spaziergang durch die Gärten des Roten Bergfrieds zu machen. Der Regen hatte aufgehört, doch der Himmel blieb bedeckt, und die Luft war kühl und feucht. Die Gärten waren still, die Blüten vom Regen schwer und die Wege mit nassen Blättern bedeckt.
Ich wanderte langsam durch die Gänge aus Hecken und Bäumen, die das Schloss umgaben. Die Natur hatte eine beruhigende Wirkung auf mich, und obwohl die Sorgen nicht ganz verschwanden, fühlte ich mich doch etwas leichter, als ich durch die Gärten ging.
Der Tag verging, und die Dämmerung senkte sich über die Stadt. Die Lichter im Schloss wurden entzündet, und die Flammen der Fackeln und Laternen warfen lange Schatten auf die alten Steinmauern. Der Hof, der den ganzen Tag über still gewesen war, begann, sich auf die Nacht vorzubereiten.
Als ich zurück in meine Gemächer ging und mich für die Nacht vorbereitete, fühlte ich eine gewisse Erleichterung. Der Tag war nicht aufregend gewesen, aber das war vielleicht genau das, was ich gebraucht hatte. Ein ruhiger, unspektakulärer Tag, der mir Zeit gab, meine Gedanken zu ordnen und mich auf das vorzubereiten, was noch kommen würde.
Ich legte mich ins Bett und lauschte den leisen Geräuschen des Schlosses. Die Nacht war dunkel und still, und während ich in den Schlaf driftete, dachte ich an meine Mutter und meinen Vater, die nun in Drachenstein waren. Ich hoffte, dass sie dort sicher waren, und dass die Dinge sich bald zum Besseren wenden würden.
Doch tief in meinem Inneren wusste ich, dass dies nur der Anfang war. Die Tage, die vor uns lagen, würden schwer und ungewiss sein, doch ich war entschlossen, stark zu bleiben – für meine Brüder, für meine Familie und für das Königreich, das uns allen so viel bedeutete.
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𝐲𝐧 𝐓𝐚𝐫𝐠𝐚𝐫𝐲𝐞𝐧 - 𝗺𝘆 𝗕𝗹𝗼𝗼𝗱
Fanfiction𝐄s ist ihr Valyrisches Blut was sie so besonders macht. Silbernes Haar, Lila farbenne Augen. Ganz eindeutig Blut des Drachens. Yn Targaryen ist die erst geborene Tochter von Rhaenyra und Daemon Targaryen. Als Viserys stirbt und somit die Erbschaft...