𝐋𝐚𝐮𝐬𝐜𝐡𝐞𝐧 𝐢𝐦 𝐒𝐭𝐮𝐫𝐦

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Das Schloss war in Aufruhr. Überall herrschte hektisches Treiben, Diener eilten durch die Korridore, und die Stimmen der Ratsmitglieder hallten durch die hohen Hallen. Ich spürte die Anspannung in der Luft, so dicht und drückend, dass es fast schwer war zu atmen. Es war, als hätte sich eine unsichtbare Kraft über den Roten Bergfried gelegt, eine, die uns alle in ihren Bann zog und nicht mehr losließ.

Seit dem frühen Morgen hatte sich das Tempo im Schloss verdoppelt. Dienerinnen liefen mit schweren Stoffbahnen die Treppen hinauf. Schmiede arbeiteten unermüdlich, um Rüstungen und Waffen zu polieren. Und überall hörte ich das Geklapper von Geschirr und Besteck, als die Tafel für das bevorstehende Festmahl vorbereitet wurde.

Ich stand in einem schmalen, halb verdeckten Gang und lauschte den Geräuschen, die von der Ratskammer herüberdrangen. Ich wusste, dass ich eigentlich nicht hier sein sollte, dass dies ein Moment war, in dem ich mich besser zurückziehen sollte, doch die Neugier und die Angst, was wohl besprochen wurde, hielten mich fest an Ort und Stelle.

Von meiner Position aus konnte ich nicht sehen, wer genau im Raum war, aber ich erkannte die Stimmen. Aegon, mit seinem selbstgefälligen Ton, der eine Mischung aus Unsicherheit und Arroganz verriet. Aemond, dessen Worte stets scharf und durchdrungen von einem unerschütterlichen Selbstvertrauen waren. Alicent, die mit ihrer sanften, aber bestimmten Stimme versuchte, Ruhe in das Chaos zu bringen. Und Otto, der mit kühlem Kalkül und einer unausgesprochenen Autorität sprach, die den Raum beherrschte.

Es war Tyland Lennisters Stimme, die zuerst klarer zu mir drang. „Die Vorbereitungen für die Hochzeit sind fast abgeschlossen."

„Was ist eigentlich mit den Goldröcken?" fragte Otto Hohenturm. Ich konnte die Härte in seiner Stimme hören, die keinerlei Zweifel duldete.

„Sie sind auf ihren Posten. Königsmund wird in Schach gehalten," antwortete Jasper Wyld, der ebenfalls anwesend war. „Sollte es Unruhen geben, sind wir vorbereitet."

Ich drückte mich näher an die Wand, um kein Wort zu verpassen. Meine Gedanken rasten. Dies war der Moment, den sie seit Wochen vorbereitet hatten, der Moment, der alles entscheiden würde. Und doch wusste ich, dass etwas in mir diesen Tag gefürchtet hatte, mehr als alles andere.

„Wir müssen sicherstellen, dass es keine Zwischenfälle gibt," sagte Alicent, ihre Stimme voller Sorge. „Rhaenyra darf nichts von dieser Krönung erfahren, bevor es zu spät ist. Sie wird alles tun, um den Thron für sich zu beanspruchen, und das dürfen wir nicht zulassen."

Aegon lachte leise, doch es war ein gezwungenes, unsicheres Lachen. „Sie wird es nicht wagen, gegen mich zu kämpfen. Ich bin der rechtmäßige Erbe."

„Rechtmäßig nach wessen Gesetz?" Aemonds Stimme schnitt durch den Raum. „Rhaenyra hat ihre Anhänger, und sie werden nicht zögern, für sie zu sterben. Wir müssen vorbereitet sein."

Es folgte eine lange Stille, und ich hielt den Atem an. Die Spannung war unerträglich, als ob jeder von ihnen wusste, dass sie an einem Scheideweg standen, der das Schicksal des Reiches bestimmen würde.

Schließlich sprach Otto wieder, und seine Stimme war wie Stahl. „Rhaenyra wird früher oder später reagieren. Unsere Aufgabe ist es, ihr diese Reaktion so schwer wie möglich zu machen. Sie muss erkennen, dass sie keine Chance hat."

Ich fühlte, wie mein Herz schneller schlug. Es war alles so real, so bedrohlich nah. Die Krönung Aegons war nicht nur ein Festakt; sie war ein Kriegsschrei, eine offene Herausforderung an meine Mutter, an unsere Familie.

„Und was ist mit Yn?" Alicents Stimme war leiser, fast besorgt. Ich konnte mir vorstellen, wie sie in diesem Moment zu Otto schaute, als er sich überlegte, wie er darauf antworten sollte.

„Yn wird eine entscheidende Rolle spielen," sagte Otto schließlich. „Sie ist der Schlüssel, um das Reich zu stabilisieren. Ihre Anwesenheit an Aegons Seite wird alle Zweifel an seiner Herrschaft beseitigen."

Ich schluckte schwer. War das wirklich meine Rolle in all dem? War ich wirklich nur ein Werkzeug, um die Herrschaft meines Bruders zu legitimieren? Der Gedanke war erdrückend, doch gleichzeitig wusste ich, dass ich keine andere Wahl hatte. Ich war in dieses Netz von Intrigen und Machtspielen hineingezogen worden, und es gab keinen Ausweg mehr.

„Sie wird tun, was sie tun muss," sagte Aegon schließlich, und ich konnte die Kälte in seinen Worten spüren. „Schließlich ist sie meine Nichte."

Ein Zittern durchlief mich, als ich diese Worte hörte. War das alles, was ich für ihn war? Eine Schwester, die er nutzen konnte, wie es ihm gefiel? Mein Blut kochte bei dem Gedanken, doch ich wusste, dass ich meine Gefühle kontrollieren musste. Dies war nicht die Zeit für Rebellion, nicht der Moment, um aufzubegehren.

Die Besprechung schien weiterzugehen, doch ich konnte nicht mehr zuhören. Ich spürte, wie mir der Atem stockte, und ich musste mich abwenden. Ich schlich den Gang entlang zurück, weg von den Stimmen, die mir jetzt wie Dolchstiche ins Herz fuhren.

Als ich in die Nähe meines Gemachs kam, hielt ich inne und stützte mich an der Wand ab. Ich atmete tief ein und aus, versuchte, die aufgewühlten Gedanken zu beruhigen. Doch es war, als ob ein Sturm in mir tobte, einer, der nicht so leicht zu bändigen war.

Ich wusste, dass ich bald vor eine Entscheidung gestellt werden würde, die mein Leben für immer verändern könnte. Doch wie sollte ich mich entscheiden, wenn jede Wahl, die mir blieb, ein Verrat an jemandem war, den ich liebte?

Mit zitternden Händen strich ich mir über das Gesicht. Es war, als ob die Mauern des Roten Bergfrieds immer enger wurden, als ob sie mich in eine Richtung zwangen, die ich nicht einschlagen wollte.

„Yn?"

Die Stimme ließ mich zusammenzucken, und ich drehte mich um. Es war Alicent, die den Gang entlang auf mich zukam. Ihr Gesicht war ruhig, doch ihre Augen verrieten die Anspannung, die auch sie spürte.

„Ich habe dich gesucht," sagte sie leise und blieb vor mir stehen. „Es ist viel zu tun, und wir brauchen deine Hilfe."

Ich nickte mechanisch, unfähig, etwas zu sagen. Ich wusste, dass ich ihr nicht entkommen konnte, genauso wenig wie den Erwartungen, die sie und die anderen an mich hatten.

„Es wird alles gut," sagte sie und legte eine Hand auf meinen Arm. „Vertraue uns."

Ich zwang mich zu einem Lächeln, obwohl es mich all meine Kraft kostete. „Natürlich," flüsterte ich. „Ich werde tun, was nötig ist."

Alicent lächelte zurück, doch es erreichte ihre Augen nicht. „Komm, lass uns gehen. Es gibt noch viel zu tun."

Ich folgte ihr, meine Gedanken wirr und voller Zweifel. Jeder Schritt, den ich tat, fühlte sich schwerer an als der vorherige, als ob ich auf einen Abgrund zusteuerte, von dem ich nicht wusste, ob ich ihn überleben würde.

Und doch wusste ich, dass ich keine andere Wahl hatte. Das Rad der Geschichte drehte sich weiter, und ich war nichts weiter als ein Zahnrad in diesem riesigen, unaufhaltsamen Mechanismus.

Der Sturm in mir tobte weiter, doch nach außen hin blieb ich ruhig, gefasst, bereit für das, was kommen mochte. Egal, was geschah, ich musste stark bleiben – für meine Familie, für das Reich, und vielleicht auch ein wenig für mich selbst.

𝐲𝐧 𝐓𝐚𝐫𝐠𝐚𝐫𝐲𝐞𝐧 - 𝗺𝘆 𝗕𝗹𝗼𝗼𝗱Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt