𝐃𝐞𝐫 𝐕𝐞𝐫𝐥𝐮𝐬𝐭

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𝗥𝗵𝗮𝗲𝗻𝘆𝗿𝗮

𝗗𝗿𝗮𝗰𝗵𝗲𝗻𝘀𝘁𝗲𝗶𝗻


Die Nachricht traf mich wie ein Dolchstoß ins Herz. Der Boden unter mir schien zu schwanken, und es fühlte sich an, als würde mir die Luft zum Atmen geraubt. Ich hörte die Worte, die mir überbracht wurden, doch es dauerte einen Moment, bis ich sie wirklich verstand. Lucerys, mein Sohn, mein geliebter Luke, war tot.

Ich stand in der großen Halle von Drachenstein, umgeben von Steinmauern, die plötzlich kälter und finsterer wirkten als je zuvor. Daemon war bei mir, seine Hand auf meiner Schulter, doch selbst seine Berührung konnte mich nicht wärmen. Die Nachricht kam von einem Boten, ein einfacher Soldat, der die Worte kaum über die Lippen brachte, als er von der Tragödie berichtete.

„Vhagar... hat ihn zerrissen," sagte der Bote mit gesenktem Kopf. „Sein Körper wurde ins Meer geworfen."

Mein Verstand weigerte sich, das Gehörte zu akzeptieren. Es konnte nicht sein. Lucerys war noch ein Kind, mein Kind. Ich hatte ihn erst vor wenigen Tagen fortgeschickt, im Glauben, dass er sicher sein würde, dass er zurückkehren würde. Doch nun sollte er tot sein? Zerrissen von Vhagar, dem Drachen, der einst das Symbol von Stärke und Macht war, und nun zum Instrument des Todes geworden war?

Ich fühlte, wie meine Beine nachgaben. Es war, als hätte mich eine unsichtbare Kraft niedergeworfen, und ich sank auf die Knie, unfähig, die Tränen zurückzuhalten, die mir in die Augen stiegen. Es war ein tiefer, roher Schmerz, der mich durchdrang, ein Schmerz, den ich noch nie zuvor empfunden hatte. Mein Herz brach, und mit ihm zerbrach etwas in meiner Seele.

Daemon kniete sich neben mich und hielt mich fest, doch seine Worte erreichten mich nicht. Alles, was ich fühlen konnte, war die Leere, die Lucerys' Tod hinterlassen hatte. Mein kleiner Junge, der immer so tapfer und entschlossen gewesen war, war nun fort. Ich konnte es nicht begreifen. Es war, als hätte man mir einen Teil meines eigenen Lebens entrissen.

Die Welt schien in Trümmern zu liegen, und ich wusste nicht, wie ich weitermachen sollte. Alles, was ich sehen konnte, war das Bild von Lucerys, wie er mich anlächelte, bevor er auf seinen Drachen stieg und davonflog. Ich erinnerte mich an seine Augen, die immer so lebendig gewesen waren, und an seine Stimme, die nun für immer verstummt war.

„Ich muss ihn finden," flüsterte ich schließlich, meine Stimme brüchig und kaum hörbar. „Ich muss... ich muss ihn zurückbringen."

Daemon sah mich an, seine Augen voller Schmerz und Sorge, doch er nickte. „Ich werde mit dir kommen, Rhaenyra. Wir werden ihn finden."

Doch ich wusste, dass dies etwas war, das ich allein tun musste. Es war meine Aufgabe als Mutter, ihn nach Hause zu bringen, auch wenn es nur ein Teil seines Körpers war. Ich konnte den Gedanken nicht ertragen, dass er allein im kalten Meer lag, ohne dass ich ihn ein letztes Mal berühren konnte, ohne dass ich ihm Lebewohl sagen konnte.

Mit zitternden Händen ließ ich Syrax rufen, meinen Drachen, der immer an meiner Seite war. Als sie kam, fühlte ich ein kleines bisschen Trost in ihrer Anwesenheit. Ihre warme, goldene Haut und die vertraute, tiefe Stimme ihres Brüllens waren alles, was mir in diesem Moment Halt gab.

„Wir werden ihn finden, Syrax," flüsterte ich, während ich aufstieg. „Ich werde ihn nach Hause bringen."

Die Kälte des Windes schnitt durch mein Kleid, als wir abhoben, doch ich spürte sie kaum. Meine Gedanken waren nur bei Lucerys, bei dem, was ihm widerfahren war. Der Schmerz in meinem Herzen wurde nur von dem brennenden Zorn übertroffen, der sich nun in mir ausbreitete. Dieser Zorn war gegen Aemond gerichtet, gegen seinen Drachen Vhagar, aber auch gegen mich selbst. Hätte ich ihn niemals nach Sturmkap geschickt, hätte ich ihn bei mir behalten, wäre er dann noch am Leben?

Syrax flog über das Meer, ihre Flügel schlugen kräftig, und ich blickte hinab auf die Wellen, die unter uns tobten. Irgendwo dort unten, in den kalten Tiefen des Ozeans, war mein Sohn. Die Tränen liefen unaufhaltsam über meine Wangen, doch ich zwang mich weiterzusuchen, zwang mich, nicht aufzugeben.

Es dauerte Stunden und zwei Tage, die sich wie eine Ewigkeit anfühlten. Das Licht des Tages begann zu verblassen, und die Dunkelheit kroch über den Himmel, als ich endlich etwas im Wasser entdeckte. Ein Stück Stoff, das an einem Felsen hing, das gleiche tiefrote Tuch, das Lucerys getragen hatte.

„Da ist er," flüsterte ich, meine Stimme kaum mehr als ein Hauch.

Syrax flog tiefer, und ich konnte es nun deutlicher sehen. Ein Teil von Arrax Flügel, zerfetzt und blutig, war an den Felsen angeschwemmt worden. Der Anblick raubte mir den Atem, und ich spürte, wie mir schwarz vor Augen wurde. Doch ich konnte mir keinen Zusammenbruch erlauben. Nicht jetzt.

Der Rückflug nach Drachenstein war die schwerste Reise meines Lebens. Jeder Flügelschlag von Syrax fühlte sich an, als würde er mich tiefer in die Dunkelheit ziehen, und doch wusste ich, dass dies nur der Anfang war. Der Anfang von etwas viel Größerem, etwas, das ich noch nicht vollständig begreifen konnte.

Als wir schließlich Drachenstein erreichten, war die Nacht hereingebrochen. Die Diener und Wachen, die mich sahen, als ich landete, waren still, als sie meinen Zustand erkannten. Daemon war der Erste, der auf mich zukam, doch er sagte nichts. Seine Augen sprachen von Schmerz, von Wut, doch auch von Verständnis. Wir beide wussten, dass dieser Moment unser Leben für immer verändern würde.

Es gab keine Worte für das, was ich fühlte, keinen Trost, den jemand mir hätte spenden können. Ich wusste nur eines: Dieser Schmerz würde niemals vergehen. Lucerys war fort, und ein Teil von mir war mit ihm gestorben.

Doch inmitten dieses unendlichen Schmerzes keimte ein neuer Gedanke in mir auf. Ein Gedanke, der von Wut und Rache getrieben war. Aemond würde für das, was er getan hatte, bezahlen. Ich würde dafür sorgen, dass er und alle, die ihn unterstützten, für den Tod meines Sohnes büßen würden.

„Das verspreche ich dir, Lucerys," flüsterte ich, „Ich werde Rache nehmen, und niemand wird mich aufhalten können."

Der Krieg, der kommen würde, war unvermeidlich. Und ich würde ihn führen, mit der Wut einer Mutter, die alles verloren hatte. Aemond und Vhagar würden wissen, was es bedeutete, die Drachenmutter zu betrüben.

𝐲𝐧 𝐓𝐚𝐫𝐠𝐚𝐫𝐲𝐞𝐧 - 𝗺𝘆 𝗕𝗹𝗼𝗼𝗱Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt