Der Nachmittag hatte sich in den Abend verwandelt, als Helaena und ich schließlich den Rückweg antraten. Die Sonne neigte sich bereits dem Horizont entgegen, tauchte die Landschaft in ein warmes, goldenes Licht, das alles wie im Traum erscheinen ließ. Der See hinter uns glitzerte noch in den letzten Sonnenstrahlen, und der sanfte Wind, der durch die Blätter der Bäume fuhr, brachte uns die vertrauten Geräusche des Königreichs zurück.
„Ich wünschte, wir könnten öfter solche Ausflüge machen," sagte Helaena leise, während wir durch die weiten Felder schlenderten, die zurück in die Stadt führten. „Es ist so selten, dass wir dem Druck und den Erwartungen entfliehen können."
„Ich auch," stimmte ich ihr zu. „Es war genau das, was ich gebraucht habe. Ein Moment der Ruhe, bevor wir uns wieder dem Unvermeidlichen stellen müssen."
Doch als wir uns den Toren von Königsmund näherten, kam ein ungutes Gefühl in mir auf. Die Stadt, die uns vor wenigen Stunden noch mit ihrem geschäftigen Treiben empfangen hatte, schien nun unheimlich und düster. Die Straßen waren leerer, und die wenigen Leute, die wir sahen, wirkten besorgt und in Eile. Das warme Licht der Laternen, das an den Wänden der Gebäude flackerte, schien die Schatten nur zu verstärken, die in den Ecken lauerten.
Wir tauschten einen besorgten Blick, als wir uns dem Roten Bergfried näherten. Ich spürte, wie die Leichtigkeit des Nachmittags allmählich von einer düsteren Vorahnung verdrängt wurde. Als wir schließlich durch die großen Tore traten, wurde meine Sorge zur Gewissheit. Die Gesichter der Diener, die uns hastig begrüßten, waren von einer nervösen Anspannung gezeichnet.
Kaum hatten wir den Innenhof betreten, stürmte Alicent auf uns zu, dicht gefolgt von Aemond. Ihre Gesichter spiegelten deutlich ihre Unzufriedenheit wider, und ich spürte, wie mein Herz schneller schlug.
„Wo wart ihr?" Alicents Stimme klang scharf, die Sorge jedoch war nicht zu überhören. Ihre Augen blitzten, und sie legte die Hände in die Hüften, während sie uns musterte. „Habt ihr auch nur eine Sekunde darüber nachgedacht, was ihr uns für Sorgen bereitet habt?"
Helaena und ich tauschten einen raschen Blick. Ich spürte, wie das schlechte Gewissen in mir aufstieg, doch ich wusste, dass es jetzt zu spät war, unsere Entscheidung zu bereuen. „Es tut uns leid, Mutter," sagte Helaena sanft. „Wir brauchten nur etwas Zeit für uns, um nachzudenken und uns zu erholen."
„Zeit für euch?" wiederholte Alicent und schüttelte den Kopf. „Die Zeiten sind viel zu gefährlich, um einfach so die Stadt zu verlassen! Was wäre passiert, wenn euch etwas zugestoßen wäre? Ihr seid keine gewöhnlichen Bürgerinnen, sondern Mitglieder der Königsfamilie! Ihr tragt Verantwortung – nicht nur für euch, sondern für das ganze Reich."
Aemond, der bis dahin still gewesen war, trat nun vor. Seine kühle Miene und die Härte in seinen Augen ließen keinen Raum für Zweifel an seiner Meinung. „Ihr hättet uns wenigstens Bescheid geben können," sagte er, seine Stimme beherrscht, doch mit einem Unterton aus unterdrückter Wut. „Was, wenn ihr angegriffen worden wärt? Ihr habt euch in Gefahr begeben, ohne es zu merken."
Seine Worte trafen mich hart. Obwohl ich wusste, dass er recht hatte, wollte ich nicht zulassen, dass unsere Entscheidung völlig verurteilt wurde. „Wir haben Wachen mitgenommen," versuchte ich, mich zu rechtfertigen. „Wir waren nicht völlig ungeschützt. Und wir brauchten diese Zeit, um... um Klarheit zu finden."
„Klarheit?" Aemond funkelte mich an. „Klarheit über was? Dass das Reich im Chaos versinkt, während ihr in der Natur spazieren geht?"
„Es war nicht nur ein Spaziergang!" protestierte ich, fühlte, wie die Erschöpfung des Tages meine Stimme lauter und schärfer werden ließ, als ich beabsichtigt hatte. „Wir haben darüber nachgedacht, was wir tun können, um zu helfen, wie wir die Dinge zum Besseren wenden können. Manchmal braucht man einen Schritt zurück, um das große Ganze zu sehen."
Aemond kniff die Lippen zusammen, als er meinen Blick erwiderte. Für einen Moment schien es, als wolle er etwas erwidern, doch dann presste er nur die Lippen aufeinander und wandte sich ab, um seine Gedanken zu ordnen.
Alicent trat einen Schritt näher und legte eine Hand auf meinen Arm, ihre Berührung fester, als ich es von ihr gewohnt war. „Wir verstehen, dass ihr nachdenken wolltet," sagte sie leise, doch in ihrer Stimme lag eine eindringliche Ernsthaftigkeit. „Aber das hätte innerhalb der sicheren Mauern des Bergfrieds geschehen sollen. Die Zeiten haben sich geändert, Yn, und mit ihnen auch die Gefahren. Wir können es uns nicht leisten, unvorsichtig zu sein."
Ich nickte langsam, ließ die Worte auf mich wirken. Die Freude des Nachmittags war verflogen, doch ich konnte den Blick in Alicents Augen nicht ignorieren – es war die Sorge einer Mutter, nicht nur um Helaena, sondern auch um mich.
„Es wird nicht wieder vorkommen," versprach ich schließlich leise, sah von Alicent zu Aemond, dessen Gesicht immer noch vor Anspannung starr war.
„Sorgt dafür," murmelte Aemond schließlich und ließ seinen Blick auf mir ruhen, bevor er sich umdrehte und den Innenhof verließ, ohne ein weiteres Wort zu verlieren.
Helaena seufzte leise, als sie ihm nachsah, bevor sie sich wieder an ihre Mutter wandte. „Es tut uns wirklich leid, Mutter. Wir werden vorsichtiger sein."
Alicent ließ ihre Hand von meinem Arm gleiten und seufzte tief, ihre Schultern entspannten sich etwas. „Geht jetzt. Ruht euch aus," sagte sie schließlich, „morgen ist ein neuer Tag, und ihr werdet eure Kräfte brauchen."
Wir verneigten uns leicht und verließen den Innenhof. Auf dem Weg in unsere Gemächer spürte ich die Anspannung in meinen Schultern langsam nachlassen. Helaena ging ruhig neben mir, doch ich konnte sehen, dass auch sie von dem Tadel mitgenommen war.
Als wir schließlich an unserer gemeinsamen Tür ankamen, blieb sie kurz stehen und sah mich an. „Wir haben einen Fehler gemacht," sagte sie leise, „aber ich glaube, wir beide wissen jetzt, was wir zu tun haben."
Ich nickte und lächelte schwach. „Ja, das tun wir."
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𝐲𝐧 𝐓𝐚𝐫𝐠𝐚𝐫𝐲𝐞𝐧 - 𝗺𝘆 𝗕𝗹𝗼𝗼𝗱
Fanfic𝐄s ist ihr Valyrisches Blut was sie so besonders macht. Silbernes Haar, Lila farbenne Augen. Ganz eindeutig Blut des Drachens. Yn Targaryen ist die erst geborene Tochter von Rhaenyra und Daemon Targaryen. Als Viserys stirbt und somit die Erbschaft...