𝐃𝐢𝐞 𝐥𝐞𝐭𝐳𝐭𝐞𝐧 𝐓𝐚𝐠𝐞 𝐝𝐞𝐬 𝐊ö𝐧𝐢𝐠𝐬

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Der Himmel über Königsmund war an diesem Tag grau und schwer, als ob die Welt selbst die Trauer spüren konnte, die in den Mauern des Roten Bergfrieds herrschte. Ein kalter, feiner Nieselregen fiel unablässig, als hätte der Himmel beschlossen, die Sorgen und Ängste der Bewohner der Stadt mit seinen Tränen zu teilen. Es war ein betrübter Tag, an dem die dunklen Wolken die Sonne verdeckten und die Schatten länger und bedrohlicher erschienen.

Im Inneren des Roten Bergfrieds war die Stimmung kaum besser. Die Anspannung, die seit Tagen in der Luft lag, war nun fast greifbar. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis König Viserys Targaryen seinen letzten Atemzug tat. Die Zeichen seines nahenden Endes waren unübersehbar: Sein schwacher Körper lag in seinem Bett, umgeben von Heilern und seinen engsten Vertrauten, die verzweifelt versuchten, ihm Erleichterung zu verschaffen. Doch es war klar, dass nichts mehr getan werden konnte. Der König war dem Tode nahe, und alle wussten es.

Inmitten dieser düsteren Atmosphäre fand ich mich in den Gemächern meiner Mutter, Rhaenyra, wieder. Es war ein stilles, angespanntes Chaos. Die Diener eilten umher, packten Kisten und Truhen, verstauten Habseligkeiten und bereiteten alles für ihre Abreise nach Drachenstein vor. Meine Mutter hatte beschlossen, dass es besser wäre, für eine Weile in Drachenstein zu bleiben, wo die Situation immer unruhiger wurde. Die Spannungen in der Festung hatten zugenommen, und sie musste sich persönlich um die Angelegenheiten dort kümmern.

Ich beobachtete Rhaenyra, wie sie ihre Sachen packte, die Hände ruhig, aber mit einem Ausdruck auf ihrem Gesicht, der sowohl Entschlossenheit als auch Trauer widerspiegelte. Die bevorstehende Abreise war ein notwendiger Schritt, doch es fiel ihr schwer, das zu tun. Der Gedanke, ihren Vater in seinen letzten Tagen zurückzulassen, lastete schwer auf ihr.

„Yn", sagte sie schließlich und unterbrach die Stille, die in dem Raum herrschte. Ihre Stimme war ruhig, doch ich konnte die Erschöpfung und den Schmerz darin hören. „Ich möchte, dass du hier in Königsmund bleibst."

Ich sah sie an, überrascht über ihre Worte. „Aber Mutter, ich möchte bei dir sein. Ich kann nach Drachenstein kommen und dir helfen."

Sie schüttelte den Kopf und trat näher zu mir, legte ihre Hand sanft auf meine Schulter. „Nein, mein Kind. Es ist wichtig, dass du hier bleibst. Lucerys, Jacaerys und Joffrey(Gottfried im Deutschen) werden auch hierbleiben. Es wird nicht lange dauern, aber ich muss nach Drachenstein, um die Lage zu stabilisieren. Hier in Königsmund bist du sicher, und du kannst bei deinem Großvater sein, wenn seine Zeit kommt."

Die Entschlossenheit in ihren Augen ließ keinen Raum für Widerspruch. Ich verstand, dass sie das Beste für uns alle wollte, auch wenn es bedeutete, dass sie uns für eine Weile zurücklassen musste. Der Gedanke, dass Viserys bald sterben würde und ich nicht bei meiner Mutter sein konnte, war schwer zu ertragen, aber ich wusste, dass es ihre Pflicht war, sich um Drachenstein zu kümmern.

„Ich verstehe", sagte ich schließlich und versuchte, die Tränen zurückzuhalten, die in meinen Augen brannten. „Ich werde hier bleiben und auf die Jungs aufpassen."

Rhaenyra lächelte sanft und zog mich in eine feste Umarmung. „Du bist stark, Yn. Ich weiß, dass du das schaffst. Ich werde so schnell wie möglich zurückkehren, versprochen."

Wir hielten einander einen Moment lang fest, beide schweigend, während das leise Geräusch des Regens gegen die Fenster prasselte. Es war, als ob die Welt selbst den Schmerz und die Angst, die wir fühlten, mit uns teilte.

Schließlich ließ sie mich los und wandte sich wieder den Vorbereitungen zu. Ich blieb noch eine Weile in ihren Gemächern, half, wo ich konnte, und beobachtete die Diener, die in stiller Eile arbeiteten. Die Gedanken an das, was vor uns lag, ließen mir keine Ruhe. Die unsichere Zukunft, die Spannungen in Drachenstein, die Tatsache, dass König Viserys bald sterben würde – all das warf einen dunklen Schatten über das, was kommen würde.

Als der Nachmittag voranschritt und die Vorbereitungen für die Abreise meiner Mutter nahezu abgeschlossen waren, zog ich mich in die Gemächer zurück, die ich mit meinen Brüdern teilte. Lucerys, Jacaerys und der kleine Joffrey waren dort, zusammen mit ihrer Amme. Jacaerys, der älteste, sah mich mit einem ernsten Gesichtsausdruck an, während Lucerys und Joffrey, die die Schwere der Situation vielleicht noch nicht ganz begriffen hatten, leise miteinander sprachen und spielten.

„Mutter geht nach Drachenstein", erklärte ich ihnen, als ich mich zu ihnen setzte. „Aber wir bleiben hier und kümmern uns um Großvater."

Jacaerys nickte langsam, sein junges Gesicht war nachdenklich. „Wird Großvater bald sterben?"

Die direkte Frage traf mich hart, aber ich wusste, dass ich ehrlich zu ihm sein musste. „Ja, Jace. Es wird nicht mehr lange dauern. Aber wir werden für ihn da sein, bis es soweit ist."

Lucerys sah uns an und schien die Stimmung zu spüren, auch wenn er noch nicht alles verstand. „Wird er Schmerzen haben?"

„Ich hoffe, dass es ihm nicht allzu sehr weh tut", antwortete ich sanft und nahm seine Hand. „Die Heiler tun ihr Bestes, um ihm zu helfen."

Wir saßen eine Weile schweigend zusammen, und ich spürte die Last, die auf meinen Schultern lag, noch schwerer werden. Es war nicht einfach, für meine Brüder stark zu sein, besonders in einer Zeit wie dieser. Doch ich wusste, dass es das war, was von mir erwartet wurde, und ich würde mein Bestes tun, um sie zu unterstützen.

Am Abend, als die Dämmerung hereinbrach und die Diener die letzten Truhen und Kisten für die Abreise meiner Mutter vorbereiteten, begleitete ich Rhaenyra zum Tor, wo die Drachen bereits für den Aufbruch bereitstanden. Es war ein trauriger Abschied, und die Anspannung war in der kalten Luft deutlich spürbar.

„Pass auf dich auf, Mutter", sagte ich, als sie mich ein letztes Mal umarmte. „Und komm bald zurück."

„Das werde ich", versprach sie und drückte meine Hände fest. „Und du, Yn, bleib stark. Du bist die älteste von euch, und ich weiß, dass du auf deine Brüder aufpassen wirst."

Ich nickte stumm und versuchte, die Tränen zurückzuhalten, die in meinen Augen brannten. Der Moment des Abschieds war schwer, doch ich wusste, dass es das Richtige war. Sie musste nach Drachenstein, und ich musste hier in Königsmund bleiben, um die Familie zusammenzuhalten.

Als sie schließlich aufstieg und auf ihrem Drachen davonflog, fühlte ich mich einsam und verlassen. Die Dunkelheit des Abends umhüllte die Stadt, und der Regen, der den ganzen Tag über leicht gefallen war, verwandelte sich in einen stärkeren Schauer. Ich stand noch eine Weile am Tor, den Blick in den Himmel gerichtet, bis die Silhouette ihres Drachen in den Wolken verschwand.

Dann drehte ich mich um und ging langsam zurück in den Roten Bergfried. Der Weg durch die dunklen Gänge fühlte sich endlos an, und die bedrückende Stille des Schlosses schien mich zu erdrücken. Es war, als ob die Mauern selbst das nahende Ende spürten und auf ihren Fall warteten.

Zurück in den Gemächern meiner Brüder setzte ich mich an das Fenster und beobachtete den Regen, der unaufhörlich gegen das Glas prasselte. Die Flammen der Kerzen, die den Raum erleuchteten, flackerten leicht im Luftzug, der durch die Ritzen der Fenster drang. Es war ein Moment der Stille, der uns allen eine kurze Atempause gönnte, bevor die Ereignisse der kommenden Tage über uns hereinbrechen würden.

Jacaerys, Lucerys und Joffrey hatten sich inzwischen schlafen gelegt, ihre kleinen Körper in den schweren Decken eingewickelt. Ich blieb noch lange wach, meine Gedanken kreisten um alles, was geschehen war und was noch geschehen würde. Die Zukunft schien düster, und der Verlust, der uns bevorstand, war fast unerträglich.

Doch ich wusste, dass ich stark bleiben musste – für meine Brüder, für meine Mutter und für die gesamte Familie. Der Tod von König Viserys würde alles verändern, und ich konnte nur hoffen, dass wir den Sturm, der folgen würde, gemeinsam überstehen würden.

𝐲𝐧 𝐓𝐚𝐫𝐠𝐚𝐫𝐲𝐞𝐧 - 𝗺𝘆 𝗕𝗹𝗼𝗼𝗱Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt