𝐃𝐞𝐫 𝐑𝐚𝐛𝐞 𝐮𝐧𝐝 𝐝𝐚𝐬 𝐆𝐢𝐟𝐭 𝐝𝐞𝐫 𝐋ü𝐠𝐞𝐧

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𝗥𝗵𝗮𝗲𝗻𝘆𝗿𝗮

𝗗𝗿𝗮𝗰𝗵𝗲𝗻𝘀𝘁𝗲𝗶𝗻


Die Flammen im Kamin knisterten leise, während der Wind draußen an den Fenstern von Drachenstein rüttelte. Der Morgen war düster und grau, als der Rabe eintraf. Sein Anblick war wie ein Vorbote des Unheils, das sich über die Burg legen sollte. Rhaenyra saß am langen Tisch in der großen Halle, ihre Hände um einen Becher heißen Weins geschlungen, als der Bote mit dem versiegelten Pergament eintrat.

"Ein Rabe aus Königsmund, meine Königin," sagte er mit tiefer Verbeugung, während er ihr das Schreiben reichte. Rhaenyra nahm das Pergament entgegen und erkannte das Siegel sofort. Es war das von Alicent Hohenturm. Mit einem flauen Gefühl im Magen brach sie das Siegel und entfaltete den Brief. Die Worte, die sie las, ließen ihr Herz stocken.

Ihr Blick blieb auf den Zeilen haften, die mit kalter, sachlicher Präzision verfasst waren. Aegons Sohn war tot, enthauptet, und die Klinge des Mörders wurde in den Händen von Rhaenyras Verbündeten gesehen. Die Nachricht war eindeutig: Rhaenyra hatte angeblich den Mord an einem unschuldigen Kind befohlen.

Ein dumpfes Rauschen erfüllte ihre Ohren, als die Worte ihre Bedeutung entfalteten. Sie konnte kaum glauben, was sie las. Es war eine abscheuliche Lüge, ein Versuch, sie in den Augen der Welt als Kindsmörderin darzustellen. Ihr Herz hämmerte in ihrer Brust, und für einen Moment schien es, als würde der Raum um sie herum schwanken.

Rhaenyra stand langsam auf, das Pergament in ihrer zitternden Hand. Sie schritt zur Tür, öffnete sie mit einer entschlossenen Bewegung und rief nach ihrem Rat. Innerhalb weniger Minuten war der Raum gefüllt mit den vertrauten Gesichtern ihrer Verbündeten. Jacaerys, Joffrey, Rhaenys und Daemon versammelten sich um den Tisch, ihre Blicke fragend und besorgt.

"Was ist geschehen?" fragte Daemon, seine Stimme ruhig, doch seine Augen funkelten vor Unruhe.

Rhaenyra legte das Pergament auf den Tisch und ließ die Worte für sich sprechen. Jacaerys griff nach dem Brief und las ihn laut vor. Als er die letzten Worte sprach, breitete sich eine angespannte Stille im Raum aus.

"Das ist eine Lüge!" rief Lucerys empört. "Mutter, du hast so etwas nie befohlen!"

Rhaenyra nickte langsam, ihre Lippen fest aufeinander gepresst. "Das habe ich nicht. Ich würde niemals ein Kind töten lassen, selbst wenn es das Kind meines Feindes ist."

Daemon, der die ganze Zeit über schweigend zugehört hatte, trat nun vor. Seine Augen waren kalt und berechnend, als er das Pergament in die Hand nahm. Er las die Worte erneut, als ob er nach einem versteckten Hinweis suchen würde. Dann hob er den Kopf und sah Rhaenyra direkt an.

"Es könnte sein, dass dieser Mord von unseren Feinden inszeniert wurde, um uns in ein schlechtes Licht zu rücken," sagte er langsam. "Aber wir müssen auch die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass einer unserer eigenen Männer diese Tat begangen hat. Vielleicht ohne dein Wissen, Rhaenyra."

Seine Worte schnitten tief, und Rhaenyra spürte einen Stich des Verrats in ihrem Herzen. "Was willst du damit sagen, Daemon?" Ihre Stimme zitterte leicht, doch ihre Augen funkelten vor Zorn. "Willst du andeuten, dass ich die Kontrolle über meine eigenen Verbündeten verloren habe?"

Daemon blieb ruhig, doch die Spannung in seiner Haltung war nicht zu übersehen. "Ich sage nur, dass wir vorsichtig sein müssen. Diese Tat könnte genutzt werden, um uns zu schwächen, um uns von innen heraus zu zersetzen. Wenn wir nicht herausfinden, wer es war, dann könnte dies der Anfang vom Ende sein."

Die Worte schwebten schwer im Raum, und Rhaenyra fühlte, wie die Last der Verantwortung auf ihren Schultern wuchs. Sie wusste, dass Daemon Recht hatte, doch der Gedanke, dass jemand in ihrem eigenen Lager zu solch einer abscheulichen Tat fähig war, ließ sie erschauern.

"Es war nicht meine Absicht, ein Kind zu töten," flüsterte sie, ihre Stimme kaum hörbar. "Ich würde niemals so weit gehen, Daemon. Das musst du mir glauben."

Daemon trat einen Schritt näher, sein Gesicht ernst und entschlossen. "Ich glaube dir, Rhaenyra. Aber wir müssen handeln. Wenn wir nichts unternehmen, wird diese Lüge uns alle zerstören."

Die anderen im Raum nickten zustimmend, doch Rhaenyra konnte den Blick ihres Gemahls nicht ertragen. Daemon hatte immer einen kühlen Kopf bewahrt, doch jetzt schien auch er von Zweifeln geplagt zu sein.

Plötzlich explodierte die Spannung, die sich im Raum aufgebaut hatte. Rhaenyra und Daemon begannen, sich lautstark zu streiten. Die Worte flogen hin und her, eine Mischung aus Vorwürfen und verzweifelten Versuchen, die Wahrheit zu finden. Es war, als ob das Band, das sie beide so stark gemacht hatte, nun auf die Probe gestellt wurde.

Schließlich, als der Streit seinen Höhepunkt erreichte, drehte sich Daemon abrupt um und stürmte aus dem Raum. Rhaenyra blieb allein zurück, ihre Hände zitternd vor Wut und Schmerz. Sie hörte das entfernte Dröhnen von Drachenflügeln und wusste, dass Daemon mit Caraxes weggeflogen war, ohne ein weiteres Wort zu sagen.

Die anderen sahen Rhaenyra schweigend an, als sie sich wieder auf ihren Platz am Tisch setzte. Ihre Gedanken rasten, doch sie wusste, dass dies kein Ende, sondern nur ein weiterer Schritt in einem immer dunkler werdenden Spiel war.

Die Flammen im Kamin warfen tanzende Schatten an die Wände, und Rhaenyra spürte, wie die Dunkelheit sich in ihrem Herzen ausbreitete. Sie war entschlossen, die Wahrheit herauszufinden, koste es, was es wolle. Doch tief in ihrem Inneren wusste sie, dass der Preis, den sie zu zahlen hatte, höher sein würde, als sie je erwartet hatte.

𝐲𝐧 𝐓𝐚𝐫𝐠𝐚𝐫𝐲𝐞𝐧 - 𝗺𝘆 𝗕𝗹𝗼𝗼𝗱Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt