𝗥𝗵𝗮𝗲𝗻𝘆𝗿𝗮
𝗗𝗿𝗮𝗰𝗵𝗲𝗻𝘀𝘁𝗲𝗶𝗻
Der Morgen auf Drachenstein war kalt und grau, die Wolken hingen tief über dem Meer, und ein eisiger Wind fegte über die schwarze Festung. Ich war früh aufgestanden, viel zu früh für einen Tag, an dem eigentlich nichts Dringendes anstand. Doch eine innere Unruhe hatte mich aus dem Schlaf gerissen, eine Unruhe, die ich mir nicht erklären konnte.
Ich trat ans Fenster meines Gemachs und blickte hinaus auf das tobende Meer, dessen Wellen unaufhörlich gegen die Felsen schlugen. Das war mein Reich, mein Erbe, doch heute schien es mir fremd und bedrohlich. Etwas war anders, etwas lag in der Luft, das ich nicht greifen konnte. Es war, als ob eine unsichtbare Bedrohung über mir hing, und ich konnte sie nicht abschütteln.
Daemon schlief noch, sein Atem ruhig und gleichmäßig neben mir. Ich hatte ihn nicht wecken wollen, und so war ich allein durch die stillen Korridore der Festung geschlichen, die mir vertraut und doch so leer erschienen. Es war seltsam, wie die Macht, die ich einst als selbstverständlich betrachtet hatte, sich nun wie eine Last anfühlte.
Ich entschied mich, zur Küste hinunterzugehen, um die frische Luft einzuatmen und meine Gedanken zu ordnen. Vielleicht konnte ich dort die Unruhe in meinem Inneren besänftigen, die mit jeder Minute stärker zu werden schien.
Der Weg zur Küste war steil und unwegsam, doch ich kannte ihn gut. Meine Schritte führten mich automatisch, während meine Gedanken immer wieder zu denselben Fragen zurückkehrten. Was war es, das mich so beunruhigte? War es das Wissen um die zunehmende Schwäche meines Vaters, Viserys? War es die Sorge um meine Kinder, die ich hier auf Drachenstein in Sicherheit wähnte, weit weg von den Intrigen des Hofes in Königsmund?
Als ich schließlich die Küste erreichte, schlug mir der Wind ins Gesicht, und ich zog meinen Mantel enger um mich. Ich ließ meinen Blick über die Wellen schweifen, die unermüdlich gegen die Felsen prallten. Es war ein beruhigender Anblick, doch auch er konnte die Unruhe in mir nicht vertreiben.
Plötzlich hörte ich ein lautes Geräusch, ein Flügelschlagen, das mir wohlbekannt war. Ich hob den Blick und sah in der Ferne einen Drachen, der sich der Küste näherte. Mein Herz setzte einen Schlag aus, als ich erkannte, dass es Meleys war, Rhaenys' Drachen. Was konnte sie hierherbringen, so unerwartet und ohne Vorankündigung?
Die Anspannung in mir wuchs, als der Drache landete und Rhaenys von seinem Rücken sprang. Ihre Gestalt war kraftvoll und entschlossen, wie immer, doch in ihrem Gesicht lag eine Dringlichkeit, die ich nicht übersehen konnte.
„Rhaenys," rief ich ihr entgegen, während ich auf sie zuging. „Was führt dich hierher?"
Ihre Augen, scharf wie immer, musterten mich kurz, bevor sie antwortete. „Rhaenyra, ich muss mit dir sprechen. Es ist etwas geschehen, etwas, das du wissen musst."
Ich spürte, wie mir das Blut in den Adern gefror. „Was ist passiert? Ist es mein Vater?"
Sie schüttelte den Kopf, doch ihr Ausdruck blieb ernst. „Nicht Viserys, aber es betrifft ihn dennoch. Lass uns in den Saal gehen, ich muss mit dir und Daemon sprechen. Auch deine Söhne sollten dies hören."
Ich zögerte nicht und wandte mich sofort um, um zurück zur Festung zu eilen. Mein Herz schlug wild in meiner Brust, während ich versuchte, mich auf das vorzubereiten, was sie uns mitteilen würde. Die ganze Zeit über konnte ich die Kälte in ihrer Stimme spüren, die nichts Gutes verhieß.
Daemon war bereits wach, als wir zurück in die Festung kamen. Er sah mich mit besorgtem Blick an, und als er Rhaenys erblickte, zog sich seine Miene zu einer finsteren Maske zusammen. Er wusste genauso gut wie ich, dass dies kein gewöhnlicher Besuch war.
Wir versammelten uns im großen Saal, meine Söhne – Lucerys, Jacaerys und Joffrey – traten schweigend an meine Seite. Ihre jugendlichen Gesichter waren voller Unbehagen, als sie die Anspannung in der Luft spürten.
Rhaenys stand vor uns, ihr Blick fest auf mich gerichtet. Sie holte tief Luft, bevor sie sprach, als ob sie die richtigen Worte suchte. „König Viserys ist tot," begann sie, und in diesem Moment brach die Welt für mich zusammen.
Es fühlte sich an, als würde mir der Boden unter den Füßen weggezogen. Ich griff nach Daemons Hand, um mich festzuhalten, während die Worte in meinem Kopf widerhallten. Mein Vater war tot. Der Mann, der König gewesen war, seit ich denken konnte, war nicht mehr. Und mit ihm starb auch der letzte Schutz, den ich in diesem Reich hatte.
Doch Rhaenys war noch nicht fertig. „Das ist nicht alles," fuhr sie fort, und ihre Stimme wurde härter. „Während wir hier sprechen, krönt sich Aegon zum König. Sie haben ihn auf den Eisernen Thron gesetzt, und..." Sie hielt inne, als ob ihr der nächste Teil schwer über die Lippen käme. „Yn war dabei. Sie haben sie überzeugt, Aegon zu unterstützen."
Ich starrte sie ungläubig an. Meine Tochter? Meine Yn, die ich geliebt und beschützt hatte, sollte an dieser Schandtat beteiligt sein? Es war, als ob ein Messer in mein Herz gestoßen wurde, und ich konnte kaum atmen.
„Das kann nicht wahr sein," flüsterte ich, doch ich wusste, dass Rhaenys nicht lügen würde. Sie hatte keinen Grund, uns etwas vorzumachen.
Daemon schwieg, doch ich konnte die Wut in ihm spüren, die sich wie ein Sturm zusammenbraute. Seine Hand umklammerte meine fester, als ob er mich davon abhalten wollte, in tausend Stücke zu zerbrechen.
„Yn wurde in diese Position gezwungen," sagte Rhaenys schließlich leiser. „Ich weiß, wie sehr du sie liebst, Rhaenyra. Aber sie hat keine Wahl gehabt. Sie glauben, dass sie durch ihre Heirat mit Aegon das Reich stabilisieren können."
Das Messer drehte sich in meiner Brust. „Sie wollen sie... mit Aegon verheiraten? Nach allem, was passiert ist? Nach allem, was er getan hat?"
Rhaenys nickte langsam. „Das ist ihre Absicht. Sie glauben, dass dies der einzige Weg ist, um den Thron für sich zu sichern. Sie denken, dass dies verhindern wird, dass du deinen Anspruch geltend machst."
Ich konnte nicht glauben, was ich hörte. Die Welt, die ich gekannt hatte, löste sich in Luft auf, und in ihrem Platz trat ein Albtraum, der schlimmer war, als ich es mir je hätte vorstellen können.
Daemon erhob sich plötzlich und ging auf Rhaenys zu. „Und was ist mit dir? Wirst du es zulassen, dass sie Rhaenyra ihres Geburtsrechts berauben? Wirst du dich mit den Verrätern verbünden?"
Rhaenys hob eine Hand, um ihn zu beruhigen. „Ich bin nicht hier, um gegen euch zu kämpfen, Daemon. Ich bin hier, um euch zu warnen. Ihr müsst vorbereitet sein. Der Krieg hat bereits begonnen, auch wenn die Schwerter noch nicht gezogen wurden."
Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken. Der Krieg – das war es, was ich immer gefürchtet hatte. Ein Bürgerkrieg, der die Sieben Königslande auseinanderreißen würde, ein Krieg, der alles zerstören könnte, was mir lieb und teuer war.
„Und Yn?" fragte ich mit zitternder Stimme. „Was wird aus ihr?"
Rhaenys sah mich mit einem Ausdruck an, der Mitgefühl und Bedauern gleichermaßen zeigte. „Yn hat ihre Entscheidung getroffen. Aber ich glaube nicht, dass sie glücklich damit ist. Sie ist immer noch deine Tochter, Rhaenyra, und sie wird immer ein Teil von dir sein. Doch in diesem Moment musst du an das Reich denken, an deine Söhne und an das Erbe, das du beschützen musst."
Meine Söhne traten näher zu mir, und ich legte die Arme um sie. Sie waren so jung, so unschuldig in all dem. Wie konnte ich sie in eine solche Welt entlassen, eine Welt, die von Machtgier und Verrat zerfressen war?
„Wir müssen nach Königsmund zurückkehren," sagte Daemon schließlich mit einem Blick auf mich. „Wir dürfen das nicht unbeantwortet lassen."
Ich nickte, obwohl mein Herz schwer war. „Ja, wir müssen handeln. Aber wir müssen auch klug sein. Dies ist ein Spiel, das wir nicht verlieren dürfen."
In diesem Moment wusste ich, dass ich eine Entscheidung treffen musste, die weitreichende Konsequenzen haben würde. Ich musste stark sein, für meine Familie und für das Reich. Doch in meinem Inneren fühlte ich die Narben, die diese Entscheidungen hinterlassen würden, Narben, die nie ganz heilen würden.
Die Wellen schlugen weiter gegen die Felsen, unaufhörlich und gnadenlos, genauso wie die Zeit, die uns durch die Finger glitt. Und in diesem Moment, tief in meinem Inneren, wusste ich, dass nichts mehr so sein würde wie zuvor.
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𝐲𝐧 𝐓𝐚𝐫𝐠𝐚𝐫𝐲𝐞𝐧 - 𝗺𝘆 𝗕𝗹𝗼𝗼𝗱
Fanfiction𝐄s ist ihr Valyrisches Blut was sie so besonders macht. Silbernes Haar, Lila farbenne Augen. Ganz eindeutig Blut des Drachens. Yn Targaryen ist die erst geborene Tochter von Rhaenyra und Daemon Targaryen. Als Viserys stirbt und somit die Erbschaft...