𝐁𝐥𝐢𝐭𝐳𝐞 𝐮𝐧𝐝 𝐒𝐜𝐡𝐚𝐭𝐭𝐞𝐧

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Es war spät, als ich die kühlen Korridore des Roten Bergfrieds durchschritt. Die düstere Stille der Nacht wurde nur von den gelegentlichen Donnerschlägen durchbrochen, die draußen über Königsmund rollten. Blitze zuckten am Himmel und warfen gespenstische Schatten auf die Steinmauern, die das ohnehin schon unheimlichen Schloss noch finsterer erscheinen ließen. Jeder Schritt hallte durch die endlosen Gänge, und das Gefühl der Unruhe, das mich seit Tagen begleitete, wurde mit jeder Sekunde intensiver.

Aemond hatte mich ignoriert, als wäre ich Luft – nach allem, was geschehen war, nach all dem, was ich für ihn schon geopfert hatte. Es war unbegreiflich, wie er so kalt und distanziert sein konnte, als würde ihm nichts auf dieser Welt etwas bedeuten. Doch ich würde es nicht so einfach hinnehmen. Nicht dieses Mal.

Ich folgte den dunklen Gängen, bis ich schließlich den Thronsaal erreichte. Die massiven Türen standen einen Spalt weit offen, und ein kaltes Lüftchen wehte hindurch, das meine Nackenhaare aufstellte. Das düstere Licht, das durch die hohen Fenster fiel, war schwach, nur die gelegentlichen Blitze erhellten kurz den Saal.

Und da sah ich ihn, Aemond, wie er vor dem Eisernen Thron stand. Er wirkte fast geisterhaft in der Dunkelheit, eine imposante, einsame Gestalt, die gegen die stählerne Wucht des Thrones ankämpfte. Der Thron, mit seinen unzähligen scharfkantigen Schwertern, schien ihn fast zu verschlingen, als würde er ihn auffordern, Platz zu nehmen – oder ihn verschlingen, sollte er es wagen.

Mein Herz schlug schneller, als ich auf ihn zutrat, meine Schritte hallten durch den Saal. Er hatte mich nicht bemerkt, oder er tat so, als hätte er es nicht. Der Zorn in mir brodelte. Es war nicht nur der Schmerz über das, was er getan hatte, sondern auch das Gefühl des Verrats, das schwer auf mir lastete.

„Aemond!" rief ich, meine Stimme hallte durch den Saal, durchdrungen von der Wut, die sich in mir aufgestaut hatte. „Wie konntest du das tun? Wie konntest du Aegon so etwas antun?"

Er drehte sich langsam um, seine Augen funkelten im schwachen Licht. Für einen Moment sah ich etwas in seinem Blick, eine Mischung aus Reue und Verwirrung, doch es war nur ein flüchtiger Moment. Seine Miene wurde wieder hart, fast gleichgültig.

„Du verstehst es nicht," begann er, doch ich ließ ihn nicht ausreden.

„Nein, du verstehst es nicht!" unterbrach ich ihn, meine Stimme zitterte vor unterdrücktem Zorn. „Du denkst, du kannst alles tun, ohne Konsequenzen. Aber das hier, Aemond... das war ein Fehler. Ein schwerwiegender Fehler, für den du büßen wirst."

Aemond öffnete den Mund, als wolle er etwas sagen, doch die Worte schienen ihm zu fehlen. Ich konnte sehen, wie seine Hände sich zu Fäusten ballten, und für einen Moment glaubte ich, dass er mir tatsächlich zuhören würde. Doch stattdessen wurde sein Blick kälter, abweisender.

„Büßen? Wofür? Für das, was längst hätte geschehen sollen? Für das, was alle anderen zu feige waren zu tun?" Seine Stimme war tief und bedrohlich, als ob er jeden Augenblick die Kontrolle verlieren könnte. Doch ich sah auch den Schmerz dahinter, die Unsicherheit, die er so verzweifelt zu verbergen versuchte.

„Ich habe getan, was nötig war," sagte er schließlich, aber seine Stimme war nun leiser, fast flüsternd. „Du verstehst nicht, Yn. Es musste so kommen. Es gibt keinen anderen Weg."

Ich schüttelte den Kopf, mein Blick fest auf seinen gerichtet. „Du kannst das nicht einfach so rechtfertigen, Aemond. Du spielst mit dem Feuer, und das wird uns alle verbrennen."

Der Raum schien plötzlich noch kälter zu werden, als ob die Worte, die zwischen uns fielen, die Temperatur senkten. Ein weiteres Krachen von Donner durchbrach die Stille, und ein greller Blitz erhellte den Thronsaal für einen flüchtigen Moment, in dem ich den Ausdruck auf Aemonds Gesicht klarer sehen konnte. Es war nicht nur Zorn, den ich dort sah, sondern auch etwas anderes – etwas, das tief in ihm vergraben war und das er nicht preisgeben wollte.

Ich drehte mich abrupt um, wollte den Raum verlassen, doch Aemond ließ mich nicht. Mit schnellen Schritten kam er auf mich zu, seine Schritte klangen hart auf dem Steinboden.

„Lauf nicht weg," sagte er, seine Stimme war scharf und schnitt durch die Dunkelheit wie ein Messer. „Du kannst nicht einfach weglaufen, Yn."

Ich blieb stehen, mein Rücken zu ihm gewandt. Meine Hände waren zu Fäusten geballt, mein ganzer Körper angespannt. „Was willst du von mir, Aemond?" fragte ich, meine Stimme leise, aber vor Wut bebend. „Willst du mich weiter ignorieren, mich weiter quälen, während du deinen Bruder verrätst?"

Er trat näher, bis ich seine Anwesenheit hinter mir spüren konnte, seine warme Atmung an meinem Nacken. „Das ist nicht das, was ich will," flüsterte er schließlich, doch seine Stimme klang gequält, als ob er die Worte nicht aussprechen wollte.

Ich drehte mich um, blickte ihm direkt in die Augen, die so viele Emotionen widerspiegelten, die er zu verbergen suchte. „Was dann, Aemond? Was willst du wirklich?" Meine Stimme zitterte, meine Geduld war am Ende.

Er sah mich lange an, als kämpfe er mit sich selbst, bevor er endlich die Worte fand, die ihm so schwer auf der Zunge lagen. „Ich bin eifersüchtig, Yn," sagte er, seine Stimme kaum mehr als ein Flüstern. „Eifersüchtig auf Aegon, weil er dich hat. Weil er immer das bekommen hat, was ich wollte. Und du... du bist der einzige Mensch, der mir jemals etwas bedeutet hat."

Seine Worte trafen mich wie ein Schlag in die Magengrube. Die Wut in mir verwandelte sich in etwas anderes, eine Mischung aus Verwirrung und Mitgefühl. Doch bevor ich etwas sagen konnte, wandte er sich ab, als wolle er die Offenbarung seiner Gefühle rückgängig machen.

„Vergiss es," sagte er leise, als wolle er alles, was gerade geschehen war, ungeschehen machen. Er ging in Richtung der Tür, als wolle er mich mit all seinen unausgesprochenen Gefühlen zurücklassen.

Doch ich konnte es nicht einfach so stehen lassen. Nicht dieses Mal. „Nein, Aemond," rief ich ihm nach, meine Stimme lauter und bestimmter als zuvor. „Du kannst nicht einfach davonlaufen. Rede endlich mit mir! Du machst mich wahnsinnig."

Er blieb stehen, seine Schultern gesenkt, als ob die Last der Welt auf ihnen lastete. Dann drehte er sich langsam um, und in seinen Augen lag eine Verletzlichkeit, die ich bei ihm noch nie gesehen hatte. „Ich habe Angst, Yn," gestand er, seine Stimme brüchig. „Angst davor, was aus uns wird. Angst davor, dich zu verlieren."

Meine Wut begann zu schwinden, und ich trat auf ihn zu, bis ich direkt vor ihm stand. „Dann hör auf, dich selbst zu zerstören," sagte ich leise, meine Hand auf seine Brust leggend, wo ich sein Herz unter der schweren Rüstung schlagen spürte. „Hör auf, uns beide zu zerstören."

Aemond blickte mich an, und in diesem Moment war er nicht der kühle, unnahbare Prinz, sondern einfach nur ein Mensch, der versuchte, mit den Dämonen in seinem Inneren klarzukommen. Der Donner grollte weiter draußen, doch im Thronsaal war es still, nur das leise Rauschen des Regens war zu hören, der gegen die Fenster prasselte.

Für einen Moment schien es, als könnte alles anders sein. Doch dann wich Aemond einen Schritt zurück, seine Augen verdunkelten sich erneut. „Es ist zu spät, Yn," sagte er schließlich, und ich spürte, wie die Hoffnung in mir zerbrach. „Zu viel ist geschehen. Es gibt kein Zurück mehr."

Ich wollte widersprechen, ihm sagen, dass es immer einen Weg gibt, aber die Worte blieben mir im Hals stecken. Stattdessen sah ich ihn nur an, die Distanz zwischen uns größer werdend.

„Vielleicht hast du recht," sagte ich schließlich leise und wandte mich wieder ab. „Vielleicht gibt es wirklich kein Zurück mehr."

Mit diesen Worten verließ ich den Thronsaal, das Herz schwer von den unausgesprochenen Gefühlen, die zwischen uns lagen. Der Sturm draußen tobte weiter, doch in mir herrschte nur noch Leere.

𝐲𝐧 𝐓𝐚𝐫𝐠𝐚𝐫𝐲𝐞𝐧 - 𝗺𝘆 𝗕𝗹𝗼𝗼𝗱Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt