𝐀𝐞𝐠𝐨𝐧𝐬 𝐅𝐥𝐮𝐜𝐡𝐭

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Die Nachricht von Scharfspitzes Zerstörung hatte wie ein Sturm die Straßen und Gassen von Königsmund durchzogen. Überall sprach man von Aemonds gnadenlosem Zorn, wie er eine ganze Burg samt ihrer Bewohner in Asche gelegt hatte. Die Stadtbewohner waren verängstigt, und das Gemurmel über den blutigen Konflikt verstärkte sich. Aber es war nicht nur das Volk, das in Aufruhr war. In den Hallen des Roten Bergfrieds breitete sich eine kühle, unangenehme Spannung aus. Jeder schien auf den nächsten Schritt Aemonds zu warten – und es gab jemanden, der diesen Moment mit besonderer Unruhe erwartete: Lord Larys Kraft.

Larys hatte die Nachrichten vom Norden mit besorgtem Gesicht entgegengenommen. Die Zerstörung von Scharfspitze zeigte ihm, dass Aemonds Wut unberechenbar geworden war. Er wusste, dass Aemond nicht haltmachen würde, um seine Herrschaft zu festigen. Doch was, wenn der Prinz nicht nur seine Feinde, sondern auch seinen Bruder als Hindernis ansah? Aegon war schwer verletzt, und in seiner derzeitigen Verfassung konnte er sich kaum verteidigen, geschweige denn die Krone wirksam führen. Larys befürchtete das Schlimmste: Dass Aemond, getrieben von Ehrgeiz und Macht, den verletzten König ausschalten würde, um die volle Kontrolle über den Thron zu erlangen.

Diese Gedanken hatten Larys in den Thronsaal getrieben, wo Aegon in der Dunkelheit des Raumes lag. Seine Brandwunden waren noch nicht verheilt, und sein Zustand ließ ihn schwächer erscheinen als je zuvor. Alicent hatte sich zurückgezogen, unfähig, die Situation weiter zu ertragen, und das Vertrauen in Aemond schien bei ihr zu schwinden. Der Thronsaal war still, bis Larys auf leisen Schritten näher trat.

„Majestät," begann er mit seiner sanften Stimme, während er sich dem Bett des Königs näherte. „Es gibt etwas, worüber wir dringend sprechen müssen."

Aegon hob kaum den Kopf, seine Augen waren schwer vor Schmerz und Müdigkeit. „Was ist es, Lord Larys?"

Larys trat näher und sprach leise, fast flüsternd: „Prinz Aemond... Er wird nicht aufhören. Er ist blind vor Ehrgeiz und Zorn, und ich fürchte, dass er dich als Hindernis sieht. Du bist in Gefahr, Majestät. Dein Leben hängt an einem seidenen Faden."

Aegon verzog das Gesicht. „Mein Bruder würde mir nichts antun. Er kämpft für das Reich."

Larys senkte den Blick und zog leicht die Stirn in Falten. „Vielleicht kämpft er für das Reich, ja. Aber er kämpft auch für sich selbst. Aemond wird König sein wollen, und dazu... muss er dich ausschalten."

Die Stille lastete schwer auf dem Raum, und Aegon schien die Worte langsam zu verarbeiten. Seine Verletzungen hatten ihn schwächer gemacht, und er wusste tief in seinem Inneren, dass er nicht mehr der furchtlose Krieger von einst war. Er konnte Aemond nicht entgegentreten. Nicht in diesem Zustand.

Larys, der die Gedanken des Königs las, fuhr fort: „Es gibt eine Möglichkeit, Majestät. Eine, die euch Zeit verschaffen könnte. Ich habe in Braavos... gewisse Ressourcen. Gold, das meine Familie dort versteckt hat. Wenn ihr euch mit mir dorthin begebt, könnten wir das Schicksal abwarten, und sobald der Krieg vorbei ist, werdet Ihr triumphal zurückkehren. Das Volk liebt euch, und es wird nach einem König verlangen, der das Reich wieder aufbaut."

Aegon blickte Larys lange an. Der Gedanke, zu fliehen, kratzte an seinem Stolz, aber die Realität seiner Situation ließ ihm kaum eine Wahl. Er war zu schwach, um sich zu verteidigen, und der Schatten seines Bruders hing bedrohlich über ihm.

„Braavos, sagst du?" murmelte Aegon. „Und was ist, wenn Aemond mich sucht?"

„Er wird es nicht wagen, Euch zu verfolgen," sagte Larys schnell. „Braavos ist neutral und sicher. Wir können dort warten, und wenn sich die Zeit wendet, werden wir stärker zurückkommen. Mit dem Reichtum meiner Familie könnt Ihr den Thron zurückerobern."

Aegon zögerte, doch schließlich nickte er langsam. „Mach die Vorbereitungen," befahl er, seine Stimme schwach. „Wir werden heute Nacht abreisen."

Die Nacht legte sich wie ein schwerer Mantel über Königsmund, als Aegon und Larys ihre Flucht planten. Larys ließ eine unauffällige Kutsche vorbereiten, die durch die dunklen Gassen der Stadt gleiten würde, ohne Aufmerksamkeit zu erregen. Alicent wusste nichts von den Plänen, und Aemond war immer noch außer Reichweite, beschäftigt mit seinen Rachefeldzügen. Es war die perfekte Gelegenheit.

Aegon wurde mit größter Vorsicht in die Kutsche gebracht. Er war schwach, seine Brandwunden noch frisch, und jede Bewegung ließ ihn vor Schmerz zusammenzucken. Doch er wusste, dass dies seine einzige Chance war. Larys stieg neben ihm ein, und mit einem kurzen Wink des Kutschers setzte sich das Gefährt in Bewegung.

Die Straßen von Königsmund waren ruhig, die Menschen in ihren Häusern. Niemand bemerkte die Kutsche, die langsam durch die Stadt fuhr und dann die Tore hinter sich ließ. Der Plan war einfach, aber perfekt – Larys hatte alles vorbereitet.

Aegon sah aus dem Fenster und beobachtete, wie die Lichter von Königsmund in der Ferne verblassten. Er fühlte sich zwischen Schmerz und Erleichterung hin- und hergerissen. Der Krieg würde weiter toben, doch er würde in Sicherheit sein, weit weg von den Flammen und den Intrigen. Larys neben ihm war schweigsam, aber ein leichtes Lächeln spielte auf seinen Lippen. In Braavos wartete ihr neues Leben – und das Gold, das den Schlüssel zur Macht in ihren Händen hielt.

Der erste Schritt ihrer Flucht war getan.

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Es war schon dunkel, als ich Aemond schließlich fand. Er stand allein in der großen Halle, seine Gestalt nur von den flackernden Fackeln erleuchtet. Sein Gesicht war hart, seine Augen unruhig, als er sich umdrehte und mich erblickte.

„Warum?" brachte ich kaum hörbar heraus, als ich vor ihm stand. „Warum hast du das getan, Aemond?"

Seine Augen funkelten vor Zorn. „Warum?" wiederholte er und trat einen Schritt auf mich zu. „Weil sie uns verspottet haben. Weil sie glauben, dass sie mit ihren Drachen unbesiegbar sind. Aber ich werde ihnen zeigen, was es bedeutet, gegen uns zu kämpfen."

„Das waren unschuldige Menschen," flüsterte ich. „Du hast sie getötet, weil sie auf der falschen Seite standen. Das ist nicht Rache, Aemond, das ist Wahnsinn."

Sein Blick verfinsterte sich. „Uns bleibt keine Wahl, Yn. Dies ist ein Krieg. Und im Krieg gibt es keine Unschuldigen. Es gibt nur Sieger und Besiegte."

Ich konnte sehen, dass er sich in diesem Moment von mir entfernte, emotional wie physisch. Es war, als wäre ein Teil von ihm verschwunden – ein Teil, den ich nicht mehr erreichen konnte. Seine Augen waren kalt, unnachgiebig.

„Du hast etwas Unwiderrufliches getan," sagte ich leise. „Etwas, das dich verfolgen wird. Und ich weiß nicht, ob ich dir dabei zusehen kann, wie du dich selbst zerstörst."

Er blieb stehen und starrte mich an. Für einen kurzen Moment glaubte ich, dass ich ihn erreicht hatte – dass er begriff, was er angerichtet hatte. Doch dann wandte er sich abrupt ab und ging, ohne ein weiteres Wort zu sagen.

Ich blieb allein zurück, die Stille der Halle bedrückend, während die Flammen der Fackeln in der Dunkelheit tanzten.

𝐲𝐧 𝐓𝐚𝐫𝐠𝐚𝐫𝐲𝐞𝐧 - 𝗺𝘆 𝗕𝗹𝗼𝗼𝗱Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt