Kapitel 15

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Die Tage nach dem Gespräch mit Lando vergingen wie in einem nebligen, grauen Schleier. Jeder Morgen fühlte sich schwerer an als der letzte, und das Gewicht in meiner Brust wurde unerträglich. Es war, als hätte Lando mit seinen Worten etwas in mir zum Einsturz gebracht, etwas, das mich bis dahin aufrecht gehalten hatte. Ich konnte es immer noch nicht begreifen – die plötzliche Kälte in seinen Augen, die Härte in seiner Stimme. Es fühlte sich an, als hätte er mich aus seinem Leben verbannt, als wäre ich für ihn nur eine vorübergehende Last gewesen, die er endlich losgeworden war.

Ich versuchte, den Schmerz zu verdrängen, versuchte, mich auf das Training zu konzentrieren, doch meine Gedanken kehrten immer wieder zu ihm zurück, wie eine Nadel, die sich unaufhörlich in die gleiche Wunde bohrte. Lando war der Einzige gewesen, der mich hier wirklich verstanden hatte, der mich ermutigt hatte, als ich an mir selbst gezweifelt hatte. Doch jetzt war ich allein – wieder allein, mit der Dunkelheit, die ich so sehr gefürchtet hatte.

Das Training wurde zur Qual. Jeder Moment auf der Strecke, der mir früher ein Gefühl von Freiheit gegeben hatte, fühlte sich jetzt leer und bedeutungslos an. Ich konnte mich nicht konzentrieren, machte Fehler, und die anderen Fahrer begannen, mir skeptische Blicke zuzuwerfen. Es war, als würden sie alle sehen, wie ich innerlich zerbrach, und ich wusste nicht, wie ich diese Mauer aufrechterhalten sollte, die ich so mühsam aufgebaut hatte.

Die Dunkelheit kroch immer tiefer in mich hinein, verschlang meine Gedanken und Gefühle, bis nur noch ein bedrückendes Nichts übrigblieb. Ich verbrachte die Nächte wach in meinem Zimmer, die Stunden vergingen, während ich an die Decke starrte, unfähig, den Schmerz loszulassen. Ich konnte nicht schlafen, konnte nicht denken – konnte nicht einmal weinen, obwohl mir nach nichts anderem war. Es war, als wäre ich in eine kalte Leere gefallen, aus der es kein Entrinnen gab.

Ich begann, mich von den anderen Fahrern zu isolieren, zog mich immer weiter zurück, und auch George, der versucht hatte, mir Mut zuzusprechen, mied ich. Ich wollte niemanden sehen, wollte keine Erklärungen abgeben. Der Schmerz, den Lando hinterlassen hatte, war zu tief, und ich hatte keine Kraft, ihn mit jemandem zu teilen. Ich begann, die Mahlzeiten auszulassen, mich vom Training abzumelden. Die Trainer beobachteten mich besorgt, doch ich konnte ihren Fragen ausweichen, ließ die Tage vergehen, als wäre ich ein Schatten meiner selbst.

Eine Woche verging, und ich wusste nicht einmal mehr, was ich noch hier tat. Die Academy, die ich einmal als meinen Neuanfang betrachtet hatte, schien sich in einen Ort verwandelt zu haben, der mir die Luft zum Atmen nahm. Die Erinnerungen an die Nacht, in der ich Eric konfrontiert hatte, an die Gespräche mit Lando – all das schien wie eine ferne Illusion, als hätte es nie wirklich existiert. Es war, als wäre alles, was ich hier aufgebaut hatte, in sich zusammengefallen, und ich hatte keine Kraft mehr, es wieder aufzurichten.

Eines Abends, als die Stille im Gebäude fast unerträglich war, verließ ich mein Zimmer und ging hinaus auf die leere Strecke. Die Dunkelheit lag wie ein schwerer Schleier über dem Asphalt, und die kalte Luft schnitt mir ins Gesicht. Ich ließ mich auf die Bank am Rand der Strecke fallen und spürte, wie die Tränen endlich in meine Augen stiegen, wie der Kloß in meiner Kehle sich löste und ich den Schmerz loslassen konnte, der sich so lange aufgestaut hatte.

Die Tränen kamen leise, flossen über meine Wangen, und ich schlang meine Arme um mich selbst, als könnte ich mich so vor der Kälte schützen, die sich in mir ausgebreitet hatte. Ich dachte an all die Momente, in denen ich gekämpft hatte, an die Tage, an denen ich mich stark gefühlt hatte, weil ich dachte, ich hätte endlich meinen Platz gefunden. Doch jetzt war ich hier, allein in der Dunkelheit, und es fühlte sich an, als hätte ich mich selbst verloren.

„Du hast es nicht verdient, hier zu sein", flüsterten die Stimmen in meinem Kopf. „Du hast es nie verdient."

Ich schloss die Augen und ließ die Tränen fließen, ließ die Dunkelheit mich für einen Moment umhüllen.

Die Tränen hörten nicht auf, und ich spürte, wie die Verzweiflung über mir zusammenbrach wie eine Welle, die mich in die Tiefe zog. Die Stimmen in meinem Kopf wurden lauter, grausamer, und ich konnte mich ihnen nicht entziehen. Sie erinnerten mich an jedes Versagen, an jede Unsicherheit, an jede schmerzvolle Erfahrung, die ich jemals gemacht hatte. Alles, was ich versucht hatte, hinter mir zu lassen, schien zurückzukommen, stärker und dunkler als je zuvor.

Ich saß da, allein auf der Bank, umgeben von einer Stille, die erdrückender war als jedes Geräusch. Die Dunkelheit um mich herum fühlte sich lebendig an, als ob sie sich wie ein Netz um mich legte und mir die Luft zum Atmen nahm. Ich spürte, wie die Hoffnung, die ich noch gehabt hatte, langsam in mir erlosch.

Es war in diesem Moment, als ich Schritte hörte. Zuerst dachte ich, dass es eine Einbildung war, ein weiteres Trugbild meiner erschöpften Gedanken. Doch die Schritte wurden lauter, und als ich den Kopf hob, stand George vor mir. Sein Gesicht war von Sorge gezeichnet, und in seinen Augen lag ein Ausdruck, der mich fast dazu brachte, wieder wegzusehen. Ich wollte nicht, dass jemand mich so sah – zerbrochen, schwach und verloren.

„Sarah," sagte er leise und setzte sich neben mich. Er schwieg eine Weile, und ich konnte spüren, dass er mir die Zeit geben wollte, die ich brauchte. Doch die Worte, die ich in mir trug, blieben mir im Hals stecken, und ich wusste nicht, wie ich sie aussprechen sollte.

Schließlich brach er die Stille. „Ich habe gemerkt, dass du dich in letzter Zeit zurückziehst. Ich... wollte dir Raum lassen, dachte, dass du vielleicht Zeit für dich brauchst." Er hielt inne und sah mich eindringlich an. „Aber ich kann dich so nicht allein lassen."

Seine Worte lösten etwas in mir aus, eine leise, zerbrechliche Hoffnung, dass ich vielleicht doch nicht ganz allein war. Ich atmete tief ein, und die Tränen flossen weiter, doch diesmal fühlte es sich anders an – als ob ich nicht mehr dagegen ankämpfen musste.

„George... ich weiß nicht mehr, ob ich das hier durchhalten kann", flüsterte ich schließlich, meine Stimme kaum mehr als ein Zittern in der Dunkelheit. „Ich habe alles versucht, wirklich. Ich habe gekämpft, aber... es ist, als würde ich in einem endlosen Loch feststecken."

Er legte eine Hand auf meine Schulter, eine sanfte, beruhigende Geste, die mir zeigte, dass er wirklich da war. „Du musst das nicht allein durchstehen, Sarah. Manchmal... manchmal sind wir zu hart zu uns selbst. Wir glauben, dass wir alles allein schaffen müssen, dass wir stark sein müssen. Aber das ist nicht wahr. Jeder von uns hat Momente der Schwäche, und das ist okay."

Ich schüttelte den Kopf, die Worte kamen fast von selbst. „Aber ich war schon immer allein, George. Ich habe niemanden, der für mich da ist... ich habe mich daran gewöhnt, dass ich niemandem zur Last fallen darf."

Er sah mich ernst an, seine Stimme fest und voller Mitgefühl. „Du fällst mir nicht zur Last. Ganz im Gegenteil. Ich bin hier, weil ich das will, weil ich mich um dich sorge." Er hielt inne, und ich sah, wie er die richtigen Worte suchte. „Manchmal ist es nicht Schwäche, wenn man jemanden an seiner Seite braucht. Manchmal ist es das, was uns wirklich stark macht."

Seine Worte trafen mich tief, und ich konnte spüren, wie der Schmerz in mir sich langsam löste. Ich ließ den Kopf sinken und atmete tief durch, als ob ich das erste Mal seit Wochen wirklich Luft holen konnte. George war da, an meiner Seite, und plötzlich erschien das Dunkel um mich herum ein wenig heller, die Last ein wenig leichter.

Wir saßen lange schweigend nebeneinander, und für den Moment fühlte ich mich ein wenig mehr wie ich selbst.

Gebrochene Flügel, rasende Herzen  //Lando Norris FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt