Kapitel 35

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Die Tage vergingen, und ich spürte, wie sich langsam etwas in mir veränderte. Georges Nähe und die Gespräche, die wir führten, waren wie kleine Leuchtfeuer in der Dunkelheit, die mich umgab. Doch gleichzeitig war da immer noch diese leise, drängende Stimme, die flüsterte, dass ich nicht wirklich gerettet werden konnte. Diese Stimme war wie ein ständiger Begleiter, ein Schatten, der mir sagte, dass ich unvollständig war, dass ich nicht mehr dieselbe war und nie wieder die gleiche sein würde.

Eines Abends, als ich in mein Zimmer zurückkehrte, bemerkte ich, dass etwas anders war. Ein vertrauter Duft hing in der Luft, eine Mischung aus Benzin und frischem Leder, der mir sofort die Luft abschnürte. Es war Lan... Nein, das konnte nicht sein. Lando war weit weg, und doch fühlte sich seine Anwesenheit so real an. Verwirrt schüttelte ich den Kopf und versuchte, diese Gedanken beiseitezuschieben, doch der Duft blieb. In meinem Kopf hallten die Worte wider, die die Dunkelheit mir stets zugeflüstert hatte: Du kannst ihm nicht entkommen. Er ist immer noch bei dir, in jedem Gedanken, in jeder Erinnerung.

In der folgenden Nacht schlief ich unruhig, meine Träume waren erfüllt von verzerrten Bildern, von Lachen und Stimmen, die nicht zusammenpassten, und dann war da wieder der Duft. Der Geruch war stärker, und er zog mich an, brachte mich dazu, das Bett zu verlassen und ziellos durch die Gänge der Academy zu wandern.

Schließlich landete ich in einem der verlassenen Besprechungsräume. Im Dunkeln konnte ich kaum etwas erkennen, doch auf dem großen Tisch lag ein kleines Päckchen. Ein einfaches, braunes Paket mit meinem Namen darauf. Mein Herz schlug schneller, und meine Hände zitterten, als ich es vorsichtig öffnete.

Drinnen lag ein kleiner Zettel, auf dem nur ein paar Worte standen, in einer Handschrift, die ich sofort erkannte: "Du kannst mich nicht vergessen, Sarah. Ich bin ein Teil von dir. Für immer."

Unter dem Zettel lag das Lederarmband, das ich so lange getragen und schließlich abgelegt hatte, weil es zu schmerzhaft geworden war. Es war das Armband, das Lando mir heimlich in die Tasche gesteckt hatte. Doch das konnte nicht sein – ich hatte es verloren. Es war wochenlang verschwunden, und jetzt war es plötzlich hier, in diesem verlassenen Raum.

Die Dunkelheit in mir begann, sich wieder zusammenzuziehen, wie ein Raubtier, das auf seinen Moment wartete. Ich fühlte, wie Panik in mir aufstieg. Wer hatte das Paket hierhergebracht? War es wirklich Lando? Oder war ich dabei, den Verstand zu verlieren? Die Wände des Raums schienen näher zu kommen, die Luft wurde stickig, und ich spürte, wie mir der Atem stockte.

Ich taumelte zurück in den Flur, mein Herz schlug wie wild, und ich konnte den Gedanken nicht abschütteln, dass jemand mich beobachtete. Jeder Schritt hallte in der Stille der Nacht wider, und plötzlich hörte ich das leise Echo von Schritten hinter mir. Ich drehte mich um, doch der Flur war leer.

Panik überkam mich. Die Stimmen, die Dunkelheit – alles schien sich gegen mich zu verschwören. War ich wirklich verrückt geworden? Oder war das alles real? Ich rannte durch die Flure, das Armband in meiner Hand, während die Stimmen in meinem Kopf lauter wurden, drängender, wie ein düsteres Mantra, das mir sagte, dass ich verloren war.

In meiner Hast prallte ich gegen George, der offensichtlich auf dem Weg war, mich zu suchen. Er sah mich an, und sein Gesicht zeigte sofort Besorgnis, als er meine panischen Augen sah.

„Sarah, was ist los?" Seine Stimme klang besorgt, doch ich konnte kaum ein Wort herausbringen. Die Angst in mir war zu stark, die Dunkelheit hatte sich wieder in mir festgesetzt.

„Es... es ist Lando," flüsterte ich, und meine Stimme war kaum hörbar. „Er ist hier. Oder... er war hier. Ich weiß es nicht."

George starrte mich an, eine Mischung aus Verwirrung und Sorge auf seinem Gesicht. „Sarah, Lando ist nicht hier. Du weißt das."

Doch ich schüttelte den Kopf und hielt ihm das Armband entgegen. „Er hat mir das geschickt, George. Ich habe es verloren, und jetzt ist es plötzlich wieder da. Mit einer Nachricht. Es ist, als ob... als ob jemand mich beobachtet."

George nahm das Armband in die Hand, und seine Stirn legte sich in Falten. „Sarah, das... das macht keinen Sinn. Vielleicht hast du es nur vergessen und wiedergefunden?"

„Nein!" schrie ich, und meine Stimme hallte durch den leeren Flur. „Du verstehst es nicht! Es fühlt sich an, als ob er überall ist, als ob ich ihn nicht loswerden kann, egal, was ich tue. Er verfolgt mich!"

George versuchte, mich zu beruhigen, doch ich war längst verloren in der Panik, die mich ergriffen hatte. Ich spürte die Dunkelheit in mir wachsen, stärker werden, und ich wusste nicht mehr, ob ich der Realität oder nur meinen eigenen Gedanken nachjagte.

Und dann, in diesem Moment, sah ich es – am Ende des Flurs, ganz kurz, eine Silhouette, die aussah wie Lando. Er stand da, regungslos, und starrte mich an. Ich blinzelte, doch als ich die Augen öffnete, war die Gestalt verschwunden.

„Hast du das gesehen?" flüsterte ich atemlos und sah George mit weit aufgerissenen Augen an. Doch er schüttelte nur den Kopf, und ich konnte die Verwirrung und das Mitleid in seinem Blick sehen.

„Sarah... hier ist niemand."

Die Worte schnitten tief, und ich spürte, wie die Dunkelheit mich endgültig verschlang. War ich wirklich dabei, den Verstand zu verlieren? Oder war das alles ein böses Spiel, eine Falle, die jemand für mich gelegt hatte?

Mit einem letzten, verzweifelten Blick auf den leeren Flur flüsterte ich: „Ich weiß, was ich gesehen habe."

Doch tief in mir breitete sich ein kalter Verdacht aus – dass ich vielleicht nie wieder zwischen Realität und Wahn unterscheiden können würde.

Gebrochene Flügel, rasende Herzen  //Lando Norris FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt