Kapitel 1

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Der erste Morgen in der Academy begann kälter und grauer, als ich es mir vorgestellt hatte. Die Wolken hingen tief, und der Himmel schien die Schwere meiner Gedanken zu teilen. Mein Blick wanderte über die langen Gänge des Hauptgebäudes, die wie ein Labyrinth aus Stein und Schatten wirkten. Stille umfing den Ort, nur unterbrochen vom leisen Summen der Klimaanlage und dem gedämpften Knirschen meiner Schritte auf dem kühlen Marmorboden. Die Wände waren geschmückt mit Fotos vergangener Champions, ihre starren Blicke ein Mahnmal für die Höhen und Tiefen, die sie durchlebt hatten. Ich fragte mich, ob ich je zu ihnen gehören würde – ob ich die gleichen Höhen erreichen könnte oder ob mich die Schatten meiner Vergangenheit vorher verschlingen würden.

Mein erster Tag begann mit einer Einführung, und ich war nicht die einzige Neue. Ein paar andere Fahrer und Fahrerinnen, die meisten in meinem Alter, standen in Gruppen zusammen, tuschelten leise und tauschten Blicke voller Neugier aus. Ich war versucht, mich zu ihnen zu gesellen, doch die Dunkelheit in mir hielt mich auf Abstand. Meine Hände, tief in die Taschen meiner Jacke vergraben, verkrampften sich, während ich versuchte, die Anspannung zu verbergen. Es war schon schwer genug, hier zu sein; mich den Blicken und Fragen der anderen zu stellen, erschien mir unmöglich.

Ein Mann in einem strengen, dunklen Anzug trat in die Mitte des Raums und zog unsere Aufmerksamkeit auf sich. "Willkommen in der F1 Academy", begann er mit fester Stimme. "Ihr seid die Besten eures Jahrgangs, und wir erwarten nichts weniger als absolute Hingabe von euch. Die nächsten Monate werden die härtesten eures Lebens sein. Und das hier –" er machte eine ausladende Geste, die die ganze düstere Halle zu umfassen schien "– ist erst der Anfang."

Ich atmete tief ein und spürte, wie sich meine Schultern anspannten. Absolute Hingabe. Das hatte ich schon oft gehört, doch noch nie hatte es so real geklungen wie in diesem Moment. Die Academy war kein Ort für Träumer oder Schwächlinge; sie forderte alles, was man geben konnte, und noch mehr. Hier würde ich mich entscheiden müssen, ob ich stark genug war, um meinen eigenen Dämonen zu trotzen, oder ob sie mich endgültig verschlingen würden.

Während der Einführung fiel mein Blick auf einen Fahrer, der mir sofort ins Auge stach. Lando Norris, der gefeierte Jungstar, stand lässig gegen eine Wand gelehnt und beobachtete uns aus halb geschlossenen Augen. Sein Gesichtsausdruck war eine Mischung aus Langeweile und leiser Arroganz. Er wusste, dass er hierher gehörte, dass er zu den Besten zählte – und das ließ er auch jeden spüren. Sein Blick wanderte durch den Raum, und für einen kurzen Moment trafen sich unsere Augen. Es war, als hätte er mich durchschaut, als könnte er die Narben in mir sehen. Ein schwaches Lächeln huschte über seine Lippen, das jedoch nicht die Kälte in seinem Blick erreichte.

Ein Funken Wut regte sich in mir, überraschend und ungewohnt. Vielleicht war es seine Selbstsicherheit, vielleicht das unverschämte Selbstbewusstsein, das er zur Schau stellte – oder vielleicht erkannte ich in ihm die Dinge, vor denen ich mich selbst zu verstecken versuchte. Doch ich ließ mir nichts anmerken, zwang mich, den Blick standzuhalten, auch wenn es mir schwerfiel. Wenn ich hier überleben wollte, durfte ich keine Schwäche zeigen, nicht einmal vor mir selbst.

Die erste Trainingseinheit begann schneller, als ich gedacht hatte. Wir wurden in Gruppen eingeteilt, und ausgerechnet Lando war in meiner Gruppe. Sein Gesicht verriet keine Reaktion, als ich mich neben ihn stellte, doch ich konnte spüren, wie sein Blick mich von der Seite musterte. Ich versuchte, mich auf das Training zu konzentrieren, auf die Erklärungen und Anweisungen, doch immer wieder wanderte mein Blick zu ihm.

Das Dröhnen der Motoren und der Geruch von Benzin erfüllten die Luft, und für einen Moment spürte ich eine seltsame Art von Frieden in mir. Hier auf der Strecke, inmitten von Geschwindigkeit und Gefahr, fühlte ich mich lebendig – fast so, als könnte ich für einen Moment vergessen, wer ich war und was ich verloren hatte. Ich schloss die Augen und atmete tief ein, ließ die Kälte des Asphalts und die Energie des Ortes in mich eindringen.

Dann, ohne Vorwarnung, hörte ich Lando neben mir lachen. "Denkst du wirklich, du gehörst hierher?" Seine Stimme war leise, doch die Verachtung darin traf mich wie ein Schlag ins Gesicht. Ich öffnete die Augen und sah ihn an. Sein Blick war kalt und fordernd, und zum ersten Mal spürte ich, dass er mich als Konkurrenz ansah – oder vielleicht einfach als Störfaktor in seiner perfekt geplanten Welt.

"Ich habe genauso viel Recht hier zu sein wie du", entgegnete ich, überrascht von der Schärfe in meiner eigenen Stimme. Meine Hände ballten sich zu Fäusten, und für einen Moment vergaß ich die Kälte in mir, vergaß die Zweifel und die Unsicherheiten. Alles, was zählte, war der brennende Stolz, der in mir aufstieg, das Gefühl, dass ich kämpfen musste – nicht nur für mich, sondern für all das, was ich verloren hatte.

Lando musterte mich, und ein schiefes Lächeln breitete sich auf seinen Lippen aus. "Na schön", sagte er leise, und in seinen Augen flackerte ein Hauch von Respekt, gemischt mit Neugier. "Zeig mir, dass du es wert bist." Dann drehte er sich um und ging, ließ mich mit den aufgewühlten Gefühlen und den pochenden Gedanken zurück.

Ich atmete tief durch, spürte, wie sich mein Herzschlag langsam beruhigte, und wusste, dass dies der Anfang eines langen Kampfes war – gegen die Dunkelheit in mir, gegen die Zweifel der anderen und gegen die Arroganz von jemandem wie Lando Norris.

Gebrochene Flügel, rasende Herzen  //Lando Norris FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt