Kapitel 26

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Die Tage flossen ineinander, und die Welt um mich herum verlor an Bedeutung. Jede Entscheidung, jede Erwartung und jeder Moment der Selbstzweifel presste mich tiefer in ein Loch, aus dem ich keinen Ausweg fand. Essen war zu einer unüberwindbaren Hürde geworden, und ich konnte mich kaum noch dazu aufraffen, den Tag zu beginnen. Die Academy, die Strecke, die Menschen um mich herum – all das wirkte wie ein ferner, verschwommener Traum, der mich nicht mehr berührte.

Meine Kräfte ließen nach, und mein Körper schien die Last der Unsicherheit und des Drucks nicht mehr tragen zu können. Charles, George und sogar Lando hatten versucht, mit mir zu sprechen, hatten in ihren Blicken Besorgnis und Verständnis ausgedrückt, doch ich hatte sie immer wieder abgewiesen. Ich konnte die Wärme in ihren Augen nicht ertragen, die leisen, unausgesprochenen Worte, die mir Mut machen sollten. Die Entscheidung, die ich zu treffen hatte, war zu viel geworden, und ich hatte das Gefühl, dass ich in ihr ertrank.

Eines Morgens stand ich in der Boxengasse, die anderen Fahrer versammelten sich, und ich fühlte die neugierigen Blicke auf mir. Heute sollte ich endlich meine Entscheidung bekannt geben – heute sollte ich den nächsten Schritt in meiner Karriere besiegeln. Ferrari, Mercedes oder McLaren. Doch die Frage war zu einer Qual geworden, einem ständigen Echo in meinem Kopf, das mich zermürbte.

Ich spürte, wie die Blicke von Charles, George und Lando mich trafen, jeder von ihnen erwartete etwas von mir. Charles stand da, mit dem Ausdruck eines Bruders, der mich unterstützen wollte, der mir Halt geben wollte, wie nur Familie es tun konnte. George sah mich mit einer stillen Entschlossenheit an, als wollte er mir zeigen, dass er mir vertraute und an mich glaubte, egal, welche Entscheidung ich treffen würde. Und Lando... Lando wirkte angespannt, in seinen Augen lag etwas, das ich nicht deuten konnte, eine Mischung aus Erwartung und Sorge, die mir fast das Herz zerriss.

„Sarah?" fragte der Teamleiter schließlich, seine Stimme durchbrach das Summen der aufgeregten Gespräche um uns herum. „Hast du eine Entscheidung getroffen? Welches Team möchtest du wählen?"

Die Worte hallten durch meinen Kopf, und ich spürte, wie sich alles in mir zusammenzog. Die Frage, die schon seit Wochen wie ein dunkler Schatten über mir hing, wurde zur Realität, und ich wusste, dass ich jetzt antworten musste. Doch mein Mund blieb trocken, und die Worte wollten nicht über meine Lippen kommen. Mein Blick flackerte zu Charles, zu George, zu Lando – ich sah ihre Gesichter, ihre Erwartungen, doch alles um mich herum begann zu verschwimmen.

Das Gewicht der Entscheidung, das ständige Grübeln, die Einsamkeit, die Verwirrung – es war zu viel geworden. Mein Kopf schwirrte, und die Stimmen um mich herum wurden zu einem fernen, dumpfen Rauschen. Ich spürte, wie meine Beine nachgaben, wie die Dunkelheit in mir überhandnahm, und plötzlich war alles schwarz.

Ein leises Keuchen entwich mir, und das letzte, was ich hörte, waren Schreie und das Geräusch von hastigen Schritten, bevor ich den Boden unter mir verlor und in die Dunkelheit fiel.

Als ich wieder zu mir kam, war das erste, was ich spürte, eine sanfte Berührung an meiner Hand. Das Licht war grell, und es dauerte eine Weile, bis meine Augen sich daran gewöhnten. Ich blinzelte, und langsam erkannte ich Gesichter, die um mich herum standen. Charles hielt meine Hand fest, sein Gesicht war blass und voller Besorgnis. George kniete auf der anderen Seite des Bettes, sein Blick voller Mitgefühl. Lando stand etwas abseits, seine Arme verschränkt, und in seinen Augen lag eine Mischung aus Wut und Sorge.

„Sarah," flüsterte Charles, seine Stimme zitterte leicht. „Was ist mit dir los? Warum hast du uns nichts gesagt?"

Ich versuchte zu antworten, doch meine Stimme war kaum mehr als ein schwaches Flüstern. „Ich... ich wollte euch nicht zur Last fallen."

George schüttelte den Kopf und beugte sich vor, seine Hand legte sich beruhigend auf meinen Arm. „Zur Last? Sarah, du bist uns wichtig. Du hättest uns nie zur Last fallen können. Wir haben gemerkt, dass es dir nicht gut geht, aber wir dachten..." Er brach ab und schloss kurz die Augen, als kämpfe er gegen die Emotionen, die in ihm aufstiegen. „Wir dachten, du würdest zu uns kommen, wenn du bereit bist."

Ich sah ihn an, und Tränen stiegen in meine Augen. Die Sorge, die Enttäuschung, die stille Traurigkeit in ihren Gesichtern – ich hatte all das ignoriert, hatte mich selbst in die Dunkelheit gezogen, weil ich geglaubt hatte, allein sein zu müssen. Die Entscheidung, die mich so belastet hatte, war nur ein Vorwand gewesen, eine Ausrede, um mich nicht mit dem auseinanderzusetzen, was ich wirklich fühlte.

Lando trat einen Schritt näher, seine Augen waren auf mich gerichtet, und sein Blick war hart und zugleich voller Schmerz. „Warum hast du dich so isoliert, Sarah? Warum hast du uns nicht vertraut? Ich..." Er brach ab, und ich konnte die Emotionen in seiner Stimme hören, die er versuchte zu unterdrücken. „Ich hätte dir geholfen, wenn du mich gelassen hättest."

Seine Worte trafen mich tief, und ich konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten. „Es tut mir leid," flüsterte ich, und meine Stimme brach. „Ich wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Die Entscheidung, die Erwartungen, die Gefühle... es war alles zu viel."

Charles drückte meine Hand fester, und seine Stimme klang sanft und beruhigend. „Sarah, du musst keine Entscheidungen allein treffen. Wir sind hier, und wir werden immer hier sein – egal, für welches Team du dich entscheidest. Was zählt, ist, dass du dich wieder findest, dass du dir Zeit nimmst, zu heilen."

George nickte zustimmend, und ein schwaches Lächeln huschte über sein Gesicht. „Du hast uns. Du hast eine Familie, Freunde, Menschen, die dich unterstützen. Du musst nicht alles allein tragen."

Ich sah in die Gesichter meiner Freunde, meiner Familie, und ein leises Gefühl der Erleichterung breitete sich in mir aus. Sie waren hier, hatten mich aufgefangen, selbst als ich geglaubt hatte, nichts mehr wert zu sein. Die Entscheidung über das Team, die mich so sehr belastet hatte, war im Vergleich zu dem, was wirklich zählte, plötzlich nebensächlich.

Doch während ich in die Gesichter von Charles, George und Lando blickte, wurde mir klar, dass diese Entscheidung – Ferrari, Mercedes oder McLaren – dennoch irgendwann getroffen werden musste.

Gebrochene Flügel, rasende Herzen  //Lando Norris FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt