Kapitel 39

4 1 0
                                    

Landos POV

Der Flug nach England fühlte sich endlos an. Mein Kopf war voller Gedanken, voller Erinnerungen an Sarah und an das Herz, das sie mir geschickt hatte. Das Symbol, das so klein und doch so vielsagend war, ließ mich nicht los. Ich konnte mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal so angespannt gewesen war, so besessen von dem Gedanken, jemanden zu erreichen, bevor es zu spät war.

Als ich endlich landete, ging ich direkt zum Taxi und nannte dem Fahrer die Adresse. Ich hatte nicht einmal überlegt, ob ich mitten in der Nacht dort auftauchen sollte, ob das klug war oder sie nur weiter belasten würde. Ich wusste nur, dass ich sie sehen musste, dass ich für sie da sein musste, egal in welchem Zustand sie sich befand.

Die Straßen waren still, die Stadt schien fast verlassen, während das Taxi mich durch die leeren Straßen fuhr. Mein Herz klopfte, und ich starrte aus dem Fenster, jede Minute zog sich endlos hin. Schließlich hielt das Taxi an, und ich zahlte den Fahrer, stieg aus und stand vor der Tür ihrer Wohnung.

Ich zögerte einen Moment. Die Lichter waren aus, und die Stille fühlte sich bedrückend an, als ob das Gebäude selbst den Atem anhielt. Doch ich wusste, dass ich hier sein musste, also hob ich die Hand und klopfte an die Tür. Keine Antwort. Ich klopfte wieder, etwas lauter diesmal. Noch immer nichts.

Ein beunruhigendes Gefühl breitete sich in mir aus, und ich versuchte, durch das kleine Fenster neben der Tür zu spähen, doch die Vorhänge waren zugezogen, und ich konnte nichts erkennen. Ich holte tief Luft, dann klopfte ich ein drittes Mal, fast verzweifelt.

Gerade als ich den Gedanken zuließ, dass sie vielleicht gar nicht hier war, hörte ich ein leises Geräusch von innen. Schritte, ganz sachte und vorsichtig, als ob sie sich nicht sicher war, ob sie öffnen sollte. Schließlich öffnete sich die Tür einen Spalt, und ich sah Sarahs Gesicht – oder das, was von ihr übrig geblieben war.

Sie war blass, ihre Augen waren rot und müde, als hätte sie seit Tagen nicht geschlafen. Dunkle Ringe zeichneten sich darunter ab, und ihr Blick war leer, fast geisterhaft. Sie starrte mich an, als ob sie nicht sicher war, ob ich echt war, als ob sie nicht wusste, ob sie mir trauen konnte.

„Lando?" flüsterte sie, ihre Stimme war kaum hörbar und brüchig, als ob sie seit Wochen kein Wort gesprochen hätte.

„Ja, ich bin's," sagte ich sanft, versuchte, den Schmerz und die Besorgnis in meiner Stimme zu verbergen. „Du hast mir ein Herz geschickt, Sarah. Ich... ich hatte das Gefühl, dass du mich brauchst."

Sie schwieg, und ein seltsames, bittersüßes Lächeln huschte über ihre Lippen. „Ich... ich weiß nicht, warum ich dir das geschickt habe." Ihre Stimme zitterte, und ich spürte, dass sie mit den Tränen kämpfte.

„Sarah, bitte... lass mich helfen." Ich trat vorsichtig einen Schritt näher, bereit, jeden Moment zurückzutreten, wenn sie Anzeichen dafür zeigte, dass sie mich wegschicken wollte. „Ich weiß, dass es dir schlecht geht, dass du dich verloren fühlst. Aber du musst das nicht allein durchstehen."

Sie sah zu Boden, und für einen Moment dachte ich, dass sie die Tür wieder schließen würde. Doch dann trat sie einen Schritt zur Seite, und ich verstand, dass sie mich hereinließ. Ich trat in die Wohnung, und ein schwacher Geruch nach abgestandenem Rauch und kaltem Kaffee lag in der Luft. Es war dunkel, die Vorhänge waren zugezogen, und es sah so aus, als ob sie seit Tagen keinen Besuch gehabt hätte.

„Sarah... was ist los mit dir?" fragte ich leise und setzte mich auf die Couch, während sie sich zögernd auf einen Sessel gegenüber von mir niederließ.

Sie sah mich an, und ich konnte die Qual in ihren Augen sehen. „Es ist, als ob die Dunkelheit mich verschluckt hat, Lando. Ich weiß nicht mehr, wer ich bin oder was ich will. Alles fühlt sich falsch an, alles ist... leer."

Ich wollte etwas sagen, etwas Tröstendes, doch die Worte blieben mir im Hals stecken. Ich wusste nicht, wie ich sie aus diesem Albtraum befreien konnte, aber ich spürte, dass ich sie nicht allein lassen durfte. „Du musst mir das nicht allein erzählen. Ich bin hier, und ich bleibe, so lange du mich brauchst."

Für einen Moment schien sie aufzutauen, und eine Spur des alten Funkelns kehrte in ihre Augen zurück. Doch dann senkte sie den Blick und flüsterte: „Es ist nicht nur das... Es ist, als ob... als ob jemand versucht, mich in den Wahnsinn zu treiben."

Ich starrte sie an, überrascht und verwirrt. „Was meinst du? Wer würde das tun?"

„Ich weiß es nicht," murmelte sie und rieb sich die Schläfen, als ob sie die Gedanken ordnen wollte, die durch ihren Kopf wirbelten. „Das Armband, die Zettel, die Stimmen... es ist, als ob jemand überall ist, als ob jemand mich beobachtet und kontrolliert. Und manchmal... manchmal frage ich mich, ob das alles nur in meinem Kopf passiert."

Ich spürte, wie mir das Herz schwer wurde. „Sarah... du bist nicht verrückt. Irgendetwas stimmt nicht, aber du musst mir vertrauen. Wir finden heraus, was dahintersteckt."

In diesem Moment sah sie mich an, und ihre Augen waren voller Verzweiflung. „Und was, wenn es wirklich nur mein Kopf ist, Lando? Was, wenn ich mir das alles nur einbilde und längst verloren bin?"

Ich griff nach ihrer Hand und hielt sie fest, versuchte, ihr Halt zu geben. „Nein, Sarah. Das bist du nicht. Du bist immer noch hier, und ich bin hier mit dir. Wir kämpfen das gemeinsam."

Die Tränen, die sie so lange zurückgehalten hatte, brachen hervor, und sie begann zu weinen, leise, aber unkontrolliert. Ich hielt sie einfach fest, ließ sie loslassen, was sie all die Zeit in sich getragen hatte. Und für einen Moment schien die Dunkelheit sich zurückzuziehen, als ob sie mir den Raum geben würde, sie zu beschützen.

Doch plötzlich hörten wir ein Geräusch aus dem Flur, ein leises Klicken, das die Stille durchbrach. Sofort war ich angespannt und richtete mich auf.

„Hast du das gehört?" flüsterte ich, doch Sarah sah mich nur verwirrt an. „Was meinst du?"

Das Klicken wiederholte sich, und ich trat vorsichtig zur Tür, öffnete sie einen Spalt und spähte hinaus. Der Flur war dunkel und still, doch ich hatte das unheimliche Gefühl, dass jemand oder etwas uns beobachtete.

Als ich die Tür wieder schloss, fühlte ich eine beklemmende Kälte. Jemand spielte ein böses Spiel, und ich schwor mir, dass ich nicht ruhen würde, bis ich herausgefunden hatte, was – oder wer – Sarah in diesen Abgrund stürzen wollte.

Gebrochene Flügel, rasende Herzen  //Lando Norris FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt