Part 3 ~ Jeydon

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Ruckartig setzte ich mich auf. Ich wurde ganz ruhig und hielt die Luft an. Meine Hände vergrub ich im nassen Gras und hielt mich daran fest. Plötzlich jagte ein junger, schokobrauner Labrador an mir vorbei in Richtung Stimme. Lyra verschwand zwischen den Büschen und begann laut zu bellen. Ich atmete die Luft aus, die ich angehalten hatte. Wieder sauste die Hündin durch die Büsche, diesmal in meine Richtung. Mit goldbraunen Augen sah sie mich an und legte sich wimmernd neben mich.

Jemand näherte sich. Obwohl ich eigentlich nicht wollte, dass mich jemand hier sah, wollte ich unbedingt wissen, wem diese Stimme gehörte. Ein 1,90m großer Typ bahnte sich seinen Weg durch die Büsche. Die Haare waren klitschnass und ein paar kurze, dunkle Strähnen fielen ihm in die Stirn. Er hatte einen schwarzen Kapuzenpulli und eine graue Jogginghose an. Er sah aus, als wäre er gerade aus dem Bett gehüpft. (Wobei ich nicht dachte, dass er hüpfen würde)

Als er auf der Lichtung stand, sah er zuerst zu Lyra und dann wanderte sein Blick weiter zu mir. Dort blieb er kleben. Mit einer Hand fuhr er sich durchs Nasse Haar. "Lyra komm", sagte er leise und näherte sich uns. Die Hündin sprang auf und lief zu ihm. Noch immer sah er mich an. Langsam kam er auf mich zu. Er hockte sich neben mich und sah mir in die verheulten Augen. "Du zitterst ja", flüsterte er und  zog in einem Ruck seinen Pullover aus, ohne irgendwelche unnötigen Fragen zu stellen. Nur noch mit einem dünnen weißen Tanktop bekleidet, legte er den Pullover um meine Schultern. Oh Mann seine Oberarme.... Ich musste mich zwingen den Blick von seinem Körper zu lösen und blickte nun in strahlend blaue Augen. Er war wirklich schöner als jedes Model, das ich je gesehen hatte. "Danke" flüsterte ich. "Selbstverständlich. Wäre jetzt blöd von mir zu fragen ob es dir gut geht oder?", fragte er mit einem warmen, beruhigendem Unterton. Als Antwort nickte ich bloß. "Ich sollte nach Hause gehen." Hilflos blickte ich auf mein Knie. Scheiße. Auf seinem Gesicht erschien ein schiefes Grinsen. "Süße, wenn du nicht gerade vorhast, wie Superwoman nach Hause zu fliegen, wird das wohl ein bisschen schwierig mit dem Knie." Er legte eine Hand auf mein Knie. Sie war warm. "Ha-ha, ich lach dann später" konterte ich. Kurz trafen sich unsere Blicke und mein Herz setzte einen Schlag aus. Er legte mir einen muskulösen Arm um die Schultern und einen schob er unter meine Beine. Er sprang auf und ich stieß einen heißeren, erschrockenen Schrei aus und schlang automatisch die Hände um seinen Hals. "Darf ich vorstellen : Jeydon Drake alias Superman." Wieder grinste er ein wenig arrogant aber ich musste lächeln. "Ich bezweifle das Superman in der Nacht seiner Hündin nachrennen muss" witzelte ich. "Beweis mir das, dann können wir weiterdiskutieren!" Da mir keine Antwort mehr einfiel, sah ich ihn nur aus großen blauen Augen an. "Lyra!", kommandierte er leise aber bestimmt. Die Hündin schien verstanden zu haben und lief ein paar Schritte hinter uns her.

Er schien es ernst zu meinen, mich nach Hause tragen zu wollen. Ohne auch nur eine Sekunde über mein Gewicht zu jammern, ging er schon fast entspannt den dünnen Waldweg entlang in Richtung Zivilisation. Es war ein Merkwürdiges Gefühl, einem Fremden so nahe zu sein, aber das machte mir nichts.
Irgendetwas an ihm gab mir ein Gefühl von Vertrautheit, Sicherheit. Ein Gefühl, das ich schon lange nicht mehr gehabt hatte.

"Passiert dir das öfters? Das mit Lyra und so, dass sie.... Dass sie wegrennt?", stotterte ich unsicher und ohrfeigte mich innerlich dafür.
Peinlich wie ich mich aufführte.
"Na ja, sie ist ziemlich... Temperamentvoll", gab er seufzend von sich und sah mich kurz an, bevor er zu lachen begann.
"Okay, sie ist eine Mischung aus permanentpubertierender Zicke und liebesbedürftigem Engelchen"
"Klingt nach mir", murmelte ich leise.
"Was?", fragte er skeptisch und grinste.
Hör endlich auf ihn anzustarren!
"Klingt ja nach einem tollen Hund", bemerkte ich ehrlich und warf Lyra einen Blick zu.
"Ja, ist ja auch mein Hund", prustete er los und ich musste lächeln.

Ich navigierte ihn durchs halbe Dorf. Nicht ein Mal hatte er sich beklagt, es war fast, als wäre ich leicht wie eine Feder. Und das war ich nun wirklich nicht. Ich war zwar einigermaßen schlank, aber auch der unsportlichste Mensch im Umkreis von zweihundert Kilometern.
Wir unterhielten uns über Lyra und ihre Stimmungsschwankungen. Jeydon erzählte, dass sie manchmal seinen Schuh anknabbern würde, und dass ihn das richtig auf die Nerven gehe. Ich musste oft lachen, und für einen kurzen Moment, hatte ich vergessen, warum ich in den Wald gerannt war.
Ich hatte Andrew vergessen und stattdessen schwirrte Jeydon Drake alias Superman durch meinen Kopf.

Nach fünfzehn Minuten kamen wir bei meinem Haus an. Lyra war den ganzen Weg ohne einen Laut von sich zu geben, hinter uns her getrottet. "Ziel erreicht" Dankbar sah ich ihn an "Danke noch einmal"
"Immer gern", antwortete er und schenkte mir ein Lächeln. Er hatte wunderschöne weiße Zähne. Er stellte mich in der Einfahrt behutsam ab und ich versicherte ihm, dass ich die sieben Meter bis zum Haus auch selbst schaffen würde. Ich beugte mich zu Lyra hinunter und tätschelte ihren Kopf. Genüsslich legte sie ihn schief. "Morgen bekommst du ein Leckerli. Versprochen!", flüsterte ich ihr zu. Sie schien zu verstehen und spitzte die Ohren. Jeydons Kiefer zuckte und sein schiefes Grinsen war wieder zu sehen. "Bis Morgen, Süße", sagte er und die beiden verschwanden in die Dunkelheit. "Ich bin Kathleen und nicht deine Süße!" , rief ich ihm leicht genervt nach. Ich spürte ein warmes Gefühl in der Brust, als ich ihn von Weitem tief lachen hörte und bemerkte sogleich mein breites Grinsen, dass ich im Gesicht hatte. Als ich die zwei nicht mehr sehen konnte, wurde mir wieder schlecht und ich dachte an Andrew. Die Kopfschmerzen waren wieder da.

running in the rainWo Geschichten leben. Entdecke jetzt