Part 15 ~ Andrew

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Die restliche Woche sahen Jeydon und ich uns fast täglich. Wir gingen mit Lyra spazieren, spielten mit Steff fangen und ich lernte seine Eltern kennen. Seine Mum hatte schulterlanges, dunkles Haar und war genauso schön, wie ihre Kinder. Was für Gene. Schwärm. Ich unterhielt mich gut mit ihr und sie war mir auf Anhieb sympathisch. Man merkte sofort, dass Jeydon sehr viel Verantwortung in der Familie trug. Sie behandelte ihn wie einen Erwachsenen. Seinem Dad war ich erst gestern kurz begegnet. Auch er hatte dunkles Haar und war mit Hemd und Krawatte unterwegs. Leider musste er schnell zum Flughafen, weswegen wir uns nur kurz kennenlernen konnten. Heute hatte Jey schon etwas vor.

Es regnete mal wieder und ich war allein zu Hause. Noch sechs Tage bis die Schule anfing. Jay. Ich schob den Gedanken bei Seite und zog mir zwei verschiedenfarbige Kuschelsocken an. Ich stellte mich ans offene Fenster. Der warme Landregen fiel weich auf das hohe Gras am Feld. Tief atmete ich ein. Es klingelte. Was? Er hatte doch gesagt, er hätte heute keine Zeit.

Ich ging zur Tür und öffnete. Er lehnte betont lässig am Türstock. Die Hände hatte er in die Taschen seiner zerrissenen Jeans gesteckt. Aus dunkelbraunen Augen, die er zu Schlitzen verengt hatte, sah er mich an. Andrew.
"Ich will mit dir reden, Leen."
"Es gibt nichts mehr zu reden", fauchte ich ihn an und wollte die Tür zuschlagen, doch er war schneller und stellte seinen Fuß hinein. Ich wich erschrocken zurück. Was wollte er? Ohne hereingebeten worden zu sein, stürmte er ins Haus und setzte sich auf die Couch im Wohnzimmer. "Leen, ich muss dir was sagen."
"Du hast zwei Minuten."
Der alten Zeiten Willen, wollte ich mir anhören, was er zu sagen hatte.
"Weißt du, es tut mir leid, dass ich dich geschlagen hab. Aber als Peter das Gerücht hörte, du würdest mich peinlich finden, bestand er darauf, dass ich dir zeige wo es lang geht. Verstehst du, ich hatte keine Wahl. Wenn ich nichts getan hätte, hätte mich keiner von meinen Jungs mehr akzeptiert. Ich wollte einfach dazugehören." Ein undefinierbares Gefühl brannte sich durch meine Adern. Wut? Verachtung? Ich ballte die Hände zu Fäusten. "Was fällt dir eigentlich ein, du Arschloch!"
Er hob eine Augenbraue.
"Ohne mich bist du doch aufgeschmissen Leen. Wen hast du denn, außer Anna und Lexi? Du brauchst mich und glaub mir, du willst mich nicht als Feind haben."
"Ich brauche dich ganz sicher nicht! Du bist ein asoziales Arschloch! Du hast mich bewusstlos geschlagen, obwohl du wusstest, dass Zoey gelogen hatte. Du hast im Krankenhaus erzählt, du wärst froh, dass du mich los bist. Und jetzt bildest du dir ein, alles sei wieder in Ordnung? Du. Bist. Erbärmlich." , spuckte ich die Worte aus. Er stand auf und stellte sich vor mich. "Ach komm, wir können wieder befreundet sein. Ich erzähl den Jungs einfach, du hättest deine Lektion gelernt und damit ist die Sache für mich gegessen. Alles wäre wie früher."
"Spinnst du? So einen Freund wie dich brauch ich nicht! Das einzige, was du vorhast, ist, vor deiner beschissenen Gang damit anzugeben, ich wäre auf dich angewiesen und hätte dich um Freundschaft angebettelt. Du mieses Stück Scheisse."
"Heul doch rum, du Schlampe. Du warst mir schon seit langem egal. Ich hab dich nur gebraucht, weil ich keine anderen Freunde hatte. Jetzt bin ich beliebt und ich würde dich noch zehn Mal zusammenschlagen, damit das so bleibt!", schrie er mich an.
Ich holte aus und verpasste ihm eine schallende Ohrfeige. Noch nie in meinem Leben, hatte ich mich in einem Menschen so getäuscht. "Du bist so armselig", wisperte ich.

Wut kochte in seinen Augen auf und er knackste mit dem Hals. "Das hättest du nicht tun dürfen." Seine letzte Vorwarnung. Im nächsten Moment traf mich sein Schlag mit voller Wucht in die Magengrube. Schmerz durchbohrte mich. Er verließ mein Haus und schloss noch nicht einmal die Tür. Ich weinte. Weinte lang. Nach einer Weile rappelte ich mich vom Boden auf um die Haustür zu schließen und mich in mein Bett zu schleppen.

Ich hatte nicht vor, meiner Mum davon zu erzählen. Sie machte sich schon genug Sorgen um mich. Ich sagte nur, ich hätte Bauchschmerzen und sie gab mir eine Tablette. Als sie ging, um mit Dad zu Abend zu essen, schloss ich mich in mein Zimmer ein und schaute aus dem Fenster. Noch nie war ich so verletzt worden. Es regnete immer noch. Ich weinte schon wieder.

running in the rainWo Geschichten leben. Entdecke jetzt