Die Woche verging kriechend langsam. Ich lehnte alle Angebote auf Aktivitäten am Wochenende ab, ich wollte eigentlich nur zu Hause in meinem Bett liegen. Tag für Tag lief gleich ab - der Vormittag war eine reine Qual aus niedermachenden Kommentaren von Zoey und verbalen Angriffen von Andrew. Peter und der Rest dieser Idioten warteten nach der Schule auf Andrew und ich versuchte mich an ihnen vorbeizuschmuggeln. Meine Nachmittage bestanden aus Game of Thrones und Schokokuchen. Immer wenn mein Handy vibrierte kam es mir vor, als würde mein 'Wachkoma' kurz unterbrochen, damit ich nachsehen konnte, wer geschrieben hatte. Sicher Jey sicher Jey sicher Jey. Nein, er hatte sich nicht gemeldet. Seit Sonntag. In den Momenten als ich mich kurz durchringen konnte, positiv zu denken, sagte ich mir, dass er vermutlich sein Handy verloren hatte, oder einen spontanen Besuch bei Verwandten im Ausland machte. In meinen schlechten Momenten lachte ich mich dafür selbst aus und sah der Realität ins Auge : Er hatte einfach keine Lust auf mich. Wie konnte ich mich nur in ihn verlieben? War ich überhaupt in ihn verliebt? Schlussendlich schob ich alles auf meine pubertierenden Hormonen und bildete mir ein, er wäre nur ein guter Freund.
Auch wenn mir schrecklich langweilig war, hatte ich keine Lust etwas zu unternehmen. Sogar Anna sagte ich ab und schob eine Erkältung vor.
Als ich am Samstag aufwachte, war ich derartig froh, mich nicht dem Zoey-Andrew-Horror aussetzten zu müssen, dass ich mich sogar durchrang aufzustehen, anstatt den ganzen Tag im Bett zu liegen und vor mich hin zu faulen.
"Hast du gut geschlafen, Schatz?", fragte meine Mum und bügelte Dads hellblaues Hemd.
"Jepp. Freust du dich schon auf morgen?" Ich nahm ein Jogurt aus dem Kühlschrank und schüttelte es.
"Vor allem freue ich mich, dein Brüderchen einmal wiederzusehen. Seit er studiert ist er so selten zu Hause.", sagte sie und stellte das Bügeleisen ab.
"Ja, er geht mir auch ab."
"Na ja, was soll man machen. Ich muss jetzt noch einkaufen gehen, weil der feine Herr gern Käsnudel hätte", sagte sie und blickte genervt lächelnd zu mir. Ich grinste. Ich wusste, dass Mum sich weniger auf ihren Geburtstag morgen freute, sondern viel mehr auf meinen großen Bruder. Vielleicht würde er auch seine neue Freundin vorstellen, wer weiß.
Als sie fuhr war ich schon halb die Treppe zu meinem Zimmer hochgegangen, als es an der Tür klingelte. Ich öffnete sie einen Spalt, um zu sehen wer draußen war. "Hi, Süße. Lange nicht gesehen.", sagte Jeydon schief grinsend und steckte die Hände in die Taschen seiner verwaschenen Jeans. "Was willst du", fragte ich sauer und wunderte mich, dass ich ihn nicht überglücklich hereinbat. Nein, er konnte mich nicht einfach behandeln wie ein Spielzeug und mich in der Ecke liegen lassen, wenn er keinen Bock hatte, damit zu spielen.
"Alles klar bei dir, Süße?", fragte er skeptisch und stemmte sich mit einem Arm gegen die Haustür. "Wenn es wegen dem Dinner ist...."
"Ich hatte sowieso keine Lust. Ich hab zu tun. Bis irgendwann", beeilte ich mich zu sagen und man hörte die Enttäuschung in meiner Stimme.
Bevor ich die Tür schloss stellte er seinen Fuß hinein. "Ist das dein Ernst? Es war nur ein Dinner okay? Tu bitte nicht so, als hätte ich dich vor dem Altar stehen gelassen."
Er wirkte gereizt. Wütend antwortete ich:" Du kannst mich nicht einfach links liegen lassen, wenn du grad keine Lust auf mich hast. Du tust so, als wärst du immer für mich da, und dann haust du ab und meldest dich ewig nicht. Du bist so ein Arschloch!"
Oh Gott, ich klang wie eine alte, verzweifelte Hausfrau, die ihrem Ehemann Feuer unterm Hintern machte.
"Das tut mir sehr leid, Kathleen.", sagte er spöttisch und sein Kiefer zuckte. Ich umklammerte die Tür und war noch verärgerter, dass er mich darstellte, als wäre ich an irgendwas Schuld. Er musterte den Boden, dann wurde seine Stimme ruhig und leise:" Steffanie ist zusammengebrochen. Sie war im Krankenhaus okay? Ich hab sie zu Hause bewusstlos gefunden und ins Krankenhaus gebracht. Das war sonntags. Ich hab die ganze beschissene Woche bei ihr verbracht. Hab drei Mal die Schule geschwänzt. Hab ihr zugesehen, wie sie weinte, weil sie keine Luft bekam und hab ihr Lieder vorgespielt, bevor sie irgendwann in meinem Arm einschlief. Tut mir wirklich leid, dass ich unser Dinner absagen musste, aber gibt wichtigeres." Sein Blick ließ mich zusammensacken. Ich war ein schrecklich egozentrischer Mensch und das Schlechte Gewissen trat vor innen nach meinem Herzen. "Jey... Ich... Es tut....", versuchte ich mich zu entschuldigen. Bevor ich aussprechen konnte, machte er eine abwickelnde Geste mit seiner Hand und ging mit großen, festen Schritten zu seinem Wagen. Ohne noch etwas zu sagen fuhr er mit quietschenden Reifen davon. Ich hielt mir die Hand auf die Stirn und biss mir auf die Lippe, um nicht zu heulen. Was war nur mit mir los?
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running in the rain
RomanceUnd dann merkt man, dass jemand, für den man sich vor eine Kugel geworfen hätte, derjenige ist, der die Waffe in der Hand hält. Kennt ihr das Gefühl, von einem Menschen beleidigt zu werden, von dem ihr dachtet, er wäre euer Freund? Ich auch nicht. I...