Part 47 ~ Sonnenaufgang

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Ein warmer Herbstsonnenstrahl fiel auf mein Gesicht und weckte mich auf. Langsam, ganz langsam, erwachte ich aus dem schönsten Traum meines Lebens. Ich war mit Jeydon beim Teich gewesen, in der Nacht. Er hatte mich ins Wasser gezogen und mich geküsste. Und dann hatten wir....

Poch poch poch.

Ich öffnete die Augen und starrte mein Kissen an. Es hob und senkte sich gleichmäßig und seine dunklen Haare standen in alle Richtungen ab.
Es war gar kein Traum gewesen?

Unwillkürlich legte sich ein Lächeln auf Jeys Lippen. Träumte er? Wenn ja, wovon? Ich bemerkte, dass ich auch schmunzeln musste.
Ich nahm sein Gesicht zwischen meine Hände und strich mit dem Daumen sanft über seine Lippen, dann küsste ich ihn.
"Guten Morgen, Süße", sagte er leise, ohne die Augen zu öffnen, aber sein Lächeln wurde breiter und er zog mich in seine Arme.

"Sollten wir nicht langsam nach Hause?", fragte ich, mir der Tatsache bewusst, dass ich eigentlich am liebsten hier geblieben wäre. Für den Rest meines Lebens. In Jeys Armen.
"Nö", murmelte er nur und drückte sein Gesicht in meine Haare.
"Deine Mum wird sich fragen, wo du steckst"
"Nicht in dir leider"
"Jey!", rief ich entsetzt und belustigt, dann musste ich kichern.
"Lass uns doch hier bleiben. Nur für heute. Und morgen. Vielleicht auch die nächsten vierzig Stunden, Jahre, ach keine Ahnung, bleiben wir einfach hier liegen", sagte er und schlief wieder ein.

"Lässt du mich jetzt aufstehen, oder muss ich Gewalt anwenden?", fragte ich und versuchte mich auf seinem Griff zu befreien. Es musste inzwischen Mittag sein und wir lagen noch immer da. Im weichen Oktobergras.
"Du bist so scharf, wenn du versuchst tough zu sein", sagte er und grinste mich schief an.
"Ich bin tough", gab ich zurück und nickte bestätigend.
"Ach ja?", fragte er und hob eine kohlrabenschwarze Augenbraue.
"Wird sich zeigen"

Das war die letzte Vorwarnung, bevor er aufsprang und mich hochhob.
Strampelnd versuchte ich mich zu befreien. Keine Chance.
"Lass mich runter"
"Oh wende bitte keine Gewalt an, du bist viel zu tough für mich", flehte er lachend und ging mit mir zum Wasser.
"Nein Jey, du wirst mich da jetzt nicht reinschmeißen!", schrie ich und strampelte weiter.
"Nicht?", fragte er verblüfft.
"Nein!"
"Und wenn doch?"
"Dann kriegst du mich die nächsten vierzig Jahre nicht mehr ins Bett"
"Ouh das tut weh", sagte er grinsend und lies mich runter.

Als ich wieder auf meinen Füßen stand, sah ich ihn aus großen Kulleraugen an. Gekonnt umschlangen meine Arme seinen Hals und ich zog mich auf die Zehenspitzen um ihn zu küssen. Ohne zu wissen was ihm geschah, tat mein Knie seine Arbeit und ich traf ihn genau zwischen die Beine.
"Ah fuck!", fluchte er und legte den Kopf zurück.
"Kleine Rache", flüsterte ich und gab ihm einen Kuss auf die Wange.
"Doch tougher als gedacht, meine Süße", sagte er und küsste mich.

Als wir bei ihm zu Hause ankamen, war es halb drei. Seine Mum schien es nicht besonders gewundert zu haben, dass wir nicht da waren. Sie stellte nicht einmal Fragen. Meine Mum hatte auch keine Panik bekommen, auf meine SMS hatte sie nur >Okay sei zum Abendessen morgen zu Hause< geantwortet. Gut, sehr gut.

"Soll ich euch was kochen?", fragte Jeys Mum. Sie sah toll aus, mit ihrem dunklen Dutt und den rosigen Wangen. Was für eine Familie....
"Mögt ihr auch Pfannkuchen?", rief Stef und sprang auf der Küchenbank fröhlich auf und ab.
"Und du hilfst Mum auch kochen?", fragte Jey und sah sie skeptisch an. Sie stürmte von der Bank auf uns zu und blieb vor uns stehen.
"Ja klar! Ich kann das ganz gut! Und du musst dann kosten okay?"
"Na wenn das so ist", sagte er und hob sie auf, "werden wir liebend gern deine Pfannkuchen kosten. Ich meine, wenn Kat auch darf?"
"Klar darf sie!", rief die Kleine fröhlich und drückte den Kopf an Jeys Schulter.
"Ich fühle mich geehrt", bedankte ich mich und machte einen Knicks, der sie zum Kichern brachte. Und das Kichern brachte Jey zum Strahlen, was mein Herz zum Austicken brachte.
"Wir sind pünktlich um halb fünf in der Küche", sagte Jey und stellte sie ab.
Stef nickte und klammerte sich an ihre Mummy.

"Halb fünf?", fragte ich leise auf dem Weg nach oben.
"Pfannkuchenzeit", sagte er schulterzuckend, als hätte ich ihn gerade nach dem Jahr gefragt.
"Mein Fehler", gab ich zurück und hob ergeben die Hände.

In seinem Zimmer angelangt, lag Lyra am Bett und hechelte zufrieden vor sich hin. "Was machst du denn hier, Ly?", fragte Jey und tätschelte ihren Kopf.
Sie wedelte mit dem Schwanz und klopfte damit auf den Kopfpolster.
"Das war.... schön.... gestern", sagte ich leise und setzte mich neben Lyra.
"Ja. Oh ja, das war", er küsste mich, "unglaublich"
Ich strahlte und küsste zurück. Unser Kuss wurde intensiver und ich fuhr durch seine Haare. Plötzlich spürte ich etwas nasses am Kinn.
"Boah Lyra!", rief Jey.
"Da will dich wohl noch wer küssen", entgegnete ich lachend.
"Ich weiß, ich bin unwiderstehlich, aber das geht zu weit"
Mit einer Bewegung schickte er den Labrador nach draußen.

"Und?"
"Und?", fragte er verwirrt und legte den Kopf schief, wie ein kleiner Hund, der nicht wusste, was er zu tun hatte.
"Küsst du mich jetzt wieder weiter?"
Und jetzt begann er schief zu grinsen, wusste genau was zu tun war und nahm mein Gesicht zwischen seine Hände.

Ungefähr zehn Minuten lang dauerte dieser Kuss nun schon, dieser unglaublich gute Kuss. Dann klingelte mein Handy. Ich ging nicht ran, ich war zu sehr in diese weichen Lippen vertieft. Sekunden später klingelte es wieder. Ich wollte es aus meiner hinteren Hosentasche ziehen, aber jemand hielt meinen Arm fest und lies ihn gleich wieder los. "Das kann warten", flüsterte Jey und küsste mich weiter.
Ja, ja und wie das warten konnte.
Zwanzig Sekunden später wieder. Piep piep piep.
Genervt seufzte ich, lies aber nicht von Jey ab. Und dann wieder. Und noch einmal.
"Welcher verdammte Wichser", murmelte Jey und zog schnurstracks mein Handy aus dem Sack.
Er hob so schnell ab, dass ich keine Chance hatte, es selbst zu tun.
"Egal wer du bist, das ist echt mega schlechtes Timing, also geh einfach Kaffee trinken oder mach irgendwas anderes, wie dich auf den Mond zu schießen, aber hör auf uns zu -"
Dann sagte er nichts mehr, verzog aber das Gesicht zu einer Grimasse, die ungefähr 'Ouh shit' ausdrückte.
"Sorry, ich dachte du wärst.... Ja klar, wart ich geb sie dir"
Er gab mir das Handy.
"Hallo?"
"Hi, hier ist Bernadette"
Ach du scheiße.

"Was wollte sie denn?", fragte Jey, während ich immer noch auf den Display starrte.
"Wir sollen sie morgen ins Revier begleiten, sie will nicht alleine gehen. Andrew und Peter haben ihr anscheinend gedroht"
Mir wurde schlecht, wenn ich nur daran dachte. Bernadette musste sich genau so fühlen, wie ich mich gefühlt hatte.
"Diese Arschlöcher. Irgendwann werde ich die beiden...."
Er hörte auf zu sprechen als er meinen Gesichtsausdruck sah.
Eine Träne rollte über meine Wange.
Die ganze Angst war wieder da. Die Angst, dass sie mir weh taten, dass sie Jeydon was antun würden, dass ich ihn in das ganze mit hineingezogen hatte.

Nichts wirst du tun Jey, bitte.

running in the rainWo Geschichten leben. Entdecke jetzt