Part 36 ~ Romeo und Julia

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"Doch still, was schimmert durch das Fenster dort? Es ist der Ost und Julia die Sonne", las ich den kleinen Ausschnitt aus dem Deutsch Buch laut vor.
"Sehr schöner Vers. Hat jemand von euch das ganze Buch bereits gelesen?", fragte unsere Professorin und schob sich die Brille zurecht.
"Jap", meldete ich mich und lehnte mich zurück.
"Das du nichts besseres zu tun hast, sieht man dir an", prustete Zoey heraus und wickelte sich eine braune Locke um den Finger. Die halbe Klasse lachte.
"Ruhe Zoey! Also, was hälst du von dem Buch Kathleen?"
"Es ist total schön", schwärmte ich.
Zoey rieb sich gespielt die Augen und bewegte ihre Schultern auf und ab, um ein Weinen zu imitieren.
Diesmal lachten fast alle. Frau Professor Schögel ignorierte es einfach und ging weiter im Text.

Als es klingelte, wollte ich schnellstmöglich die Klasse verlassen. Ich konnte Zoey nicht mehr sehen. So was von arrogant und eingebildet wie sie sich benahm, es machte mich einfach wütend.
Ein Arm stemmte sich vor mir in den Türstock und hinderte mich am weitergehen.
"Wie ich gehört hab, hast du dich am Samstag mit Peter angelegt", sagte Andrew und schaute mich bedrohlich an.
"Selbst wenn, das kann dir doch egal sein", fauchte ich zurück. Anna und Damian stellten sich hinter mich.
"Hau ab, Andrew", forderte Damian und verschränkte die Arme.
"Ach wir reden doch nur, oder Leen?"
"Lass mich in Ruhe"
"Werd ich, aber wenn du mich oder Peter noch einmal nervst"
Er beugte sich zu mir und flüsterte mir ins Ohr "landest du wieder im Krankenhaus. Und deine hübsche Freundin, gleich dazu"
Er grinste Anna mit einem widerlichen Lächeln an, die sofort einen Schritt zurück ging.
"Ich hab dich gewarnt", sagte er noch, bevor er seinen Arm weg zog und mich passieren lies.
Ich ging schnellen Schritts nach draußen.
"Irgendwann mach ich sie fertig. Andrew, Paul und alle anderen Idioten. Und Zoey, dieses Flittchen.", rief ich leise im Gehen.
"Ich bin die Erste, die dir hilft", meinte Anna, die mir gefolgt war.
Ich war stocksauer. Mir konnte er vielleicht drohen, aber bei meiner besten Freundin hörte es sich auf. In diesem Moment schwor ich mir, sie alle dran zu kriegen. Ich lasse mich doch nicht einschüchtern!

Am Nachmittag

"Er hat was?", fragte Jey entsetzt.
"Ja, er hat gesagt er wird mich und Anna ins Krankenhaus befördern"
"Und ich schwöre dir, dann beförder ich ihn auf den Friedhof"
"Jey..."
"Wenn der einem von euch weh tut, bekommt er es tausendfach zurück und Peter auch", sagte er entschlossen und ich wagte es nicht, ihm zu widersprechen.
Ich wollte schnell das Thema wechseln, er wirkte so aufgebracht.

"Was ist das bitte?", fragte ich verwundert und zeigte neben sein Bett.
Jeydon fing an, glucksend zu lachen.
"Jeydon?"
Er stand auf und ging zum Bett, wo er ein vanilliefarbenes Plastikfläschchen hochhob. Mit dem Daumen klappte er den Deckel auf und spritzte sich schief grinsend etwas in den Mund.
"Was ist das?", fragte ich erneut.
"Weiße Schokosoße", gab er zur Antwort und hob grinsend die Augenbrauen.
"Und warum hast du weiße Schokosoße neben deinem Bett?"
Sobald ich den Satz ausgesprochen hatte, begann das Kopfkino. Ich riss die Augen auf.
Er lachte, tief und sexy. "An was denkst du, Süße?", fragte er und setzte sich aufs Bett. Röte stieg mir ins Gesicht und ich vergrub die Finger in der Couch.
"Ich Ehm ich.... Ich...", stotterte ich.
"Baby, ein Wort und ich mach all deine Gedanken wahr", sagte er leise und grinste breit.
Ich saß einfach mit aufgerissenen Augen da und starrte auf die Schokolade. In meinem Kopf ging es ab, schlimmer als in Hollywood.
Irgendwie fand ich die Vorstellung nicht einmal schlecht.
"Ach Kat, du bist ja ganz rot"
"Bin ich garnicht!", brachte ich heraus.
Er lachte nur. "Nein, manchmal hab ich einfach das Bedürfnis, was Süßes zwischen die Lippen zu bekommen und da du ja nicht immer neben mir bist, wenn ich aufwache - was mich natürlich nicht stören würde, überhaupt nicht - brauch ich eben Schokolade", erklärte er und ich musste schmunzeln.
"Bekomm ich auch?", fragte ich und zeigte auf die Flasche.
Sein Lächeln wurde gefährlich schief.
"Klar. Komm her"

Langsam stand ich auf und ging auf ihn zu. Plötzlich packte er mich am Handgelenk und zog mich aufs Bett.
"Ahh Jeydon!", kicherte ich und drehte mich auf den Rücken.
"Mund auf", befahl er, sich über mich beugend. Ich tat was mir gesagt wurde.
"Und jetzt, Augen zu"
"Was warum?"
"Augen zu!", kommandierte er. Ich gehorchte.

Schokosoße tropfte auf mich herab, aber nicht in meinen Mund, sondern auf meinen Hals und mein Dekolletee.
"JEY!", rief ich lachend.
"Uuups", sagte er unschuldig wie ein Engelchen. "Ich mach dich sauber"
Jaja träum weiter.
"Okay", sagte ich verführerisch.
Erstaunt über meine Antwort hob er eine Augenbraue. Dann grinste er schief wie eh und je.
Ich strich mit meinem Finger über meinen Hals hinunter. Dann beugte ich mich zu ihm. Langsam bewegte er den Kopf zu mir herunter.
Kurz bevor er mich berührte lehnte ich mich zurück und sprang lachend auf.
"Was?", fragte er irritiert und musterte die Stelle, die er gerade noch küssen wollte.
"Du dachtest doch nicht echt, dass du sowas machen darfst, nachdem du vorgestern mit über vierzig Mädchen geflirtet hast", sagte ich grinsend und ging Richtung Bad.
"Das ist unfair", hörte ich ihn mir noch hinterherrufen.
Das ist Gerechtigkeit.

Als ich wieder ins Zimmer kam, saß er im Schneidersitz auf dem Bett und musterte skeptisch die Zutatenliste hinten auf der Flasche.
"Du weißt, dass das grad total fies war", beschwerte er sich, ohne den Blick auf mich zu richten.
"Jaja Romeo. Es ist auch nicht so schön, seinen Freund mit vierzig bildschönen Mädchen flirten zu sehen"
"Erstens, ich hab uns einen Kinobesuch gewonnen, zweitens, Romeo?", jetzt sah er mich an.
"Romeo wie aus Romeo und Julia?", fragte er.
"Kennst du Romeo und Julia?"
Begeistert setzte ich mich ihm gegenüber.
"Nein, ich hab's nie gelesen"
"Du weißt garnicht, was du verpasst!", motzte ich.
"Eine wahnsinnig alte Schnulze"
"Eine wunderschöne Liebesgeschichte", verbesserte ich schwärmerisch.

Er lächelte mich an. Wenn Romeo nur ansatzweise so war wie er, dann verstand ich, dass Julia ihn nach einem knappen Tag schon geheiratet hatte.
Ich spielte mit dem Gedanken, dass Jeydon mein Romeo sei und ich seine Julia. Aber ich wollte nicht so ein Ende.
Ich wollte mit ihm alt werden, egal wie naiv es klang. Ich wünschte es mir.

"Kat?"
"Ja?"
"Wärs okay wenn.... Willst du hier bleiben?"
"Du meinst bis morgen?", fragte ich und musste schlucken.
Er nickte.
"Nur wenn du willst"
Ja, ich wollte hier bleiben, ich wollte es wirklich.
Und nichts sprach dagegen. Ich nahm seit zwei Wochen die Pille, also konnte nicht viel passieren.
Sei kein Feigling. Sei mutig!
Ich atmete ein und zwang mich ihm in die Augen zu schauen. Mein Herz schlug viel zu schnell und war so laut, dass ich sicher war, er würde jeden Schlag hören.
"Ja, das wäre okay", flüsterte ich und lies mich küssen.

running in the rainWo Geschichten leben. Entdecke jetzt