Part 51 ~ nicht mein Mädchen!

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"Ach kommen Sie, das ist doch Bullshit", meinte Jey wütend und klopfte auf den Tisch.
"Es tut uns leid Sir, aber wir können da nichts machen. Miss Dorby hat ihre Aussage zurückgezogen", antwortete der Beamte kurz und warf Jeydon einen finsteren Blick zu.
Er blickte fast eben so finster - ach was sag ich - doppelt so finster zurück.
"Ach ja, und Sie sind wohl auch eher Kapitän als Polizist mit ihrer komischen Kappe", er deutete auf die Polizeihaube, die wirklich etwas nach Kapitän aussah, "denn sonst hätten Sie sicherlich bemerkt, das Bernadette mit einem blauen Auge durch die Gegend läuft. Officer.", sagte Jey mit ,vor Sarkasmus triefender, Stimme.
Die Gesichtszüge des Polizeibeamten verhärteten sich.
"Er hat das nicht so gemeint, Officer -", warf ich förmlich zwischen die zwei.
"Außerdem hat Miss Dorby auch behauptet-"
"Was hat sie auch behauptet?", unterbrach Jey ihn und die beiden starrten sich weiter wütend an.
"Sie hat behauptet, dass Sie sie zu der Aussage genötigt hätten", meinte der Beamte streng.
Jeydon verengte die Augen zu Schlitzen.
"Das glauben Sie doch nicht im Ernst?"
Er stemmte die Handflächen auf den Tisch und wollte schon aufstehen, den Blick immer noch auf dem Polizisten, der ihn schon fast herausfordernd musterte.
"Hey, er kann ja nichts dafür", sagte ich leise und zog Jey am Arm zurück, damit er nichts Dummes machen konnte.
"Käpt'n Blaubär hier geht mir ganz schön auf den Sack"
"Wie bitte?", fragte der Polizist bissig.
"Bernadette hat also behauptet, wir seien das gewesen?", wendete ich mich an den Beamten, um das Gespräch schnell wegzulenken, "glauben Sie ihr?"
"Was ich glaube oder nicht, ist leider nicht von Belang. Sie hat keine Anzeige gegen sie erhoben"
"Das wäre ja noch schöner", murmelte Jey und starrte nun auf seine Hände.
"Und gegen Peter können wir nun nichts mehr tun oder?"
"Ich fürchte, nein", gab er knapp zurück und setzte sich nun hin.
"Und wenn sie aussagen würde?", fragte Jey und deutete mit dem Kinn in meine Richtung.
"Haben Sie denn Beweise?"
"Nein", meinte ich kopfschüttelnd.
"Dann sind uns die Hände gebunden", erklärte er teilnahmslos und schlug irgendeine Akte auf. Was für ein Arsch.
"Ach komm Kat", Jeydon zog mich hoch, "hauen wir hier ab. Achja und Sie", er sah den Polizisten an, "hab gehört Captain Jack Sparrow soll noch einen Platz in seiner Crew frei haben. Dort sind Sie sicher besser aufgehoben"
Er sagte das mit so viel Arroganz in der Stimme, dass ich grinsen musste. Der Polizist sprang wütend auf und wollte etwas sagen, aber wir waren schon bei der Tür draußen.


"Was ein Arsch", murmelte Jey und starrte auf die Straße.
"Mhm", machte ich nur. Ich war im Gedanken versunken.
Uns sind die Hände gebunden. Wir können nichts machen. Haben Sie Beweise? Nein.
"Jey, er hat gewonnen oder?", fragte ich und beobachtete wie sich tausende von dicken Regentropfen auf die Windschutzscheibe legten. Dann kam der Scheibenwischer.
"Nein", antwortete Jeydon und sah mich kurz an.
"Okay", meinte ich und zuckte die Schultern.
Er wird mich schlagen.
"Ich hab Angst, Jey", sagte ich und atmete aus. Ich weinte nicht, ich hatte keine Panik, ich brach nicht zusammen. Ich hatte nur Angst.
"Musst du nicht, Süße", gab er mit fester Stimme zurück und umklammerte das Lenkrad.
"Der wird dich nicht anfassen"
Nein?
Ich lachte verbittert. Dann schloss ich die Augen und lehnte mich im Sitz zurück.
"Ich hab dir doch gesagt, was Andrew-"
"Kat, wenn ich sage, er wird dich nicht anfassen, dann wird er dich auch nicht anrühren", sagte er bestimmt und ich merkte, wie sich seine Oberarme anspannten.
Es tut mir leid, hatte Berni gesagt.
Ich glaubte ihr. Was sie durchmachen musste, war wohl kaum zu begreifen. Sie tat mir unendlich leid.
"Jeydon"
"Ja, Süße?", flüsterte er.
"Er wird mich auch nicht anfassen", meinte ich kalt und schaute aus dem Fenster in den Regen. Die Reifen quietschten auf dem nassen Asphalt.
"Er wird mich umbringen", sagte ich und lehnte den Kopf an das kühle Glas.
"Er. Wird. Dir. Kein. Einziges. Blondes. Haar. Krümmen. Das schwöre ich dir!", sagte er wütend und musste sich beherrschen. Ich bemerkte seine Anspannung.
"Wenn er dich anrührt, werde ich ihn-"
Den Rest verstand ich nicht mehr, denn meine Schluchzer übertönten ihn. Nichts wirst du. Nein. Nein. Nein. Nein. Nein.
Jeydon schien sichtlich überrascht über meinen plötzlichen Zusammenbruch.
"Hey Süße", flüsterte er und legte fürsorglich eine Hand auf meine Schulter. Mit dem Finger strich er mir eine Träne weg.
"Dir wird nichts passieren"
"Ist mir doch scheiß egal, ob mir was passiert!", schrie ich unter Tränen, "pass verdammt nochmal auf dich auf!", schrie ich ihn weiter an und verschluckte mich an meinen Schluchzern.
Er zog die Hand weg und legte sie wieder ans Lenkrad. "Versprich er mir Jeydon!", flehte ich weinend und sah ihn an. Er schenkte mir keinen Blick.
"Mir passiert schon nichts, aber eins musst du wissen", er sah mich kurz eindringlich an, "könnte ich mich entscheiden, würde ich mich erschießen lassen, damit dir nichts passiert"
Und danach sagte keine mehr etwas. Ich heulte, er strich mir beruhigend über den Oberschenkel, aber keiner sagte etwas.

* * * * * * *

Am nächsten Morgen stand Jeydon schon um halb Acht bei mir vor der Tür, um mich zur Schule zu fahren. "Ab jetzt bin ich dein Bring- und Abholservice", hatte er nur gesagt, und damit meine ich auch wirklich gesagt. Ich würde erst garnicht gefragt. Aber es war mir sowieso recht, denn ich hatte zum Ersten Schiss und zum Zweiten schien es ihn zu beruhigen, dass er mich sicher wusste.

Als wir beim Schulgebäude ankamen, sah ich, dass da jemand vor dem Haupteingang stand. In diesem Moment schmeckte ich einen metallischen Geschmack in meinem Mund.
Hatte ich mir auf die Lippe gebissen?
"Jeydon", flüsterte ich panisch.
Peter, Andrew und noch ein paar dieser Footballspieler lehnten am Geländer bei der Treppe und starrten in unsere Richtung.
Der Schulhof war keineswegs leer, aber ich zweifelte keine Sekunde, dass Peter mich auch hier totschlagen würde.
"Keine Panik, Kat", sagte er und verengte die Augen zu Schlitzen.
Ich verlasse diesen Wagen nicht. Ich bleib hier. Bitte lass mich hier bleiben. Lass uns wieder abhauen.
Doch er haute nicht ab, er stand auf, ging mit aufrechter Haltung um das Auto und öffnete meine Tür.
"Ich bring dich", sagte er strickt.
Ich nickte bloß.
Dann stieg ich zaghaft aus und ging dicht neben ihm zwei Schritte Richtung Tür. Peter drehte sich zu mir und fing an merkwürdig zu Grinsen. Ich schluckte schwer.
"Nicht mit meinem Mädchen", murmelte Jey verärgert und legte besitzergreifend einen Arm um mich. Die Blicke der Leute am Schulhof ruhten auf uns. Naja eher auf Jeydon. Ich bemerkte, wie irgend eine Tusse aus der Achten ihre Zigarette aus Versehen fallen lies. Innerlich schmunzelte ich, äußerlich verkrampfte ich.

Dann war es so weit, wir gingen an Peter und Co vorbei. Ich würde langsamer, aber Jey zog mich förmlich mit.
Andrew und der Rest stellten sich aufrecht hin und warfen uns einen tödlichen Blick zu.
"Na wen haben wir denn da?", fragte er spöttisch.
"Ach mein Lieblingsmädchen", meinte Peter und lachte boshaft. Jey stoppte abrupt und drehte den Kopf langsam in Peters Richtung.
"Was war das?", fragte Jeydon bissig.
Oh oh.
"Ach dein kleines Freundchen mitgebracht? Hatte da wer Angst, dass er genau das kriegt, was er-", Peter konnte seinen Satz nicht beenden, denn ein gewisser jemand hatte ihn mit einer blitzschnellen Bewegung übers Geländer gedrückt.
"Droh ihr nochmal und du kannst dir die Schuhe mit dem Mund zubinden", flüsterte Jey bedrohlich. Im selben Moment wurde er von Andrew und noch einem Typen von Peter weggerissen.
Schnell befreite er sich aus deren Griff und stellte sich direkt vor Peter, der sich aufgerichtet hatte. Sie waren ungefähr gleich groß, aber Peter war breiter. Dennoch wirkte Jeydon irgendwie härter.
"Mach das nochmal und du kannst deine kleine Freundin am Friedhof besuchen", drohte Peter wütend.
Jeder einzelne im Schulhof starrte zu uns. Ich war mir nicht sicher, ob ich atmete.
"Du bist wirklich Abschaum", sagte Jey laut und abwertend. Andrew wollte ihn gerade packen, aber als er ihn auch nur anschaute, ging Andrew einen Schritt zurück.
Dann wendete sich Jeydon wieder Peter zu und sah ihn kurz an.
"Lass sie in Ruhe, oder du erlebst dein blaues Wunder"
"Das wirst du bereuen. Und sie auch", flüsterte Peter mit hochrotem Kopf und ging einen Schritt auf Jey zu. Dieser tat es ihm gleich und spuckte ihm einfach mitten ins Gesicht.
Oh mein Gott.
Peter lachte für eine Millisekunde, bevor sich seine Gesichtszüge in pure Wut veränderten und er zum Schlag ausholte. Aber noch bevor er Jey treffen konnte, hatte dieser sein Handgelenk gepackt.
What the fuck ging hier ab? Peter war ein Tier, ein Tier verdammt nochmal! Wie schaffte es Jey einfach sein Handgelenk....
"Geh spielen, Kleiner. Leg dich nicht mit den großen Jungs an", meinte Jeydon grinsend.
Falls ich noch geatmet hatte, dann jetzt sicher nicht mehr.
Wider meiner Erwartung passierte nichts.
Weder Peter noch Andrew oder ein anderer dieser Arschlöcher wagten es, die Hand zu erheben. Ohne dass noch jemand was sagte, schob Jey mich schnell bei der Tür rein.
"Um halb vier bin ich wieder genau hier. Warte auf mich, verstanden?"
Ich nickte tapfer.
"Hier bist du derweil sicher, Süße"
Ich nickte wieder. Mir fehlten einfach die Worte. Bevor er ging, küsste er mich noch einmal grinsend, was mir einige böse Blicke von so manchem Mädchen einbrachte.
Als er den ersten Fuß bei der Tür draußen hatte, rief ich ihm ein "Danke" hinterher, aber er antwortete nicht, sondern drehte sich nur kurz um und nickte mir zu. 

Was bringen die breiten Schultern, wenn du nicht das Herz eines Löwen hast? Gar nichts, Peter, gar nichts.

running in the rainWo Geschichten leben. Entdecke jetzt