Emre:
Emre verfluchte sich selbst in Gedanken. Was zum Teufel war in ihn gefahren? Er bereute die Frage schon in dem Augenblick, in dem er sie aussprach. Er merkte, dass auch Sibel peinlich berührt war. Stille folgte. Endlose Stille, die gefühlte Jahre anhielt. Das Klingeln der Tür befreite uns endlich aus dieser fast schon qualvollen Lage.
Ich sprang sofort auf.
„Da sind sie ja schon", sagte ich und ging an die Tür ...
Sibel:Was für eine beschissene Situation war das denn eben? Ein Glück, dass es klingelte. Ich atmete erleichtert auf. Kurz darauf kamen Selma und ihre Mama ins Wohnzimmer. Ich begrüßte die beiden und half ihnen mit den Einkäufen.
Danach ging ich mit Selma in ihr Zimmer. Ich erzählte ihr alles von gestern Nacht, bis ins letzte Detail. Sie hörte mir ruhig zu, ohne mich zu unterbrechen.
„Wie war der Kuss so?" fragte sie als ich zu Ende erzählt hatte.
„Schön! Also ... ich weiß nicht. Es war ziemlich wild, ich hab mir meinen ersten Kuss etwas sanfter vorgestellt, so wie in diesen kitschigen Liebesfilmen, du weißt."
Wir lachten. Dann änderte sich Selmas Gesichtsausdruck.
„Ich hoffe, er meint es ernst und spielt nicht nur mit dir", meinte sie besorgt.
„Bestimmt nicht!", antwortete ich selbstsicher ... vielleicht eine Spur zu selbstsicher.
Ich chillte den halben Samstag bei Selma, bevor ich nach Hause ging. Des Rest des Tags verbrachte ich mit Papa und Pinar. Wir kochten uns was schönes und machten es uns vor dem Fernseher gemütlich. Gegen 23 Uhr ging ich duschen und machte mich kurz darauf Bettfertig. Ich war müde und wollten einfach nur schlafen. Gerade als mein Kopf auf dem Kissen lag, klingelte mein Handy. Tolga!
Ich nahm lächelnd ab.
„Ja?"
„Hey Süße, wollt dir nur eine Gute Nacht wünschen, ich kann es kaum erwarten, dich Morgen wieder zu sehen."
„Ja, ich auch .."
„Träum was schönes, am besten von mir."
„Gute Nacht, bis dann", flüsterte ich lächelnd.
Ich legte auf. Ich musste wieder an den Kuss denken und mein Herzschlag ging auf einmal schneller. Überglücklich schloss ich meine Augen, lag jedoch stundenlang wach, weil ich viel zu aufgeregt war, um zu schlafen. Irgendwann überkam mich dann doch meine Müdigkeit und ich schlief ein.Ich wachte erst gegen 11 Uhr auf und auch die restliche Zeit verging überraschend schnell. Um 18 uhr kam Tolga und holte mich ab. Wir gingen ins Kino und ich entschied mich für den Film „Für immer Liebe". Der Film war so traurig, immer wieder kullerten mir Tränen über die Wange. Tolga griff nach meiner Hand und streichelte mit seinem Daumen zärtlich meinen Handrücken . Mein Herz schlug wie verrückt und mein Atem ging schneller. Ich konnte mich kaum mehr auf den Film konzentrieren. Er ließ erst los, als der Film zu Ende war. Wir gingen aus den Kinosaal. Zu meiner Überraschung griff er erneut nach meiner Hand.
„Hat er dir gefallen?", fragte er.
"Ja, er war toll, zwar etwas traurig, aber auch schön."
Wir liefen zum Parkplatz. Händchenhaltend! Hatte das was zu bedeuten? Ich hoffte es.
Er wollte mir gerade die Beifahrertür öffnen, als er innehielt. Er dreht sich zu mir um und schaute mir in die Augen. Dann strich er mir mit der Hand über mein Haar. Ich bekam Gänsehaut und mir war plötzlich viel zu warm. Er beugte sich vor und küsste mich. Ich schlang meine Arme um seinen Hals und erwiderte den Kuss. Er umfasste meine Hüften und drückte mich gegen die Autotür. Der Kuss hielt lange an. Irgendwann ließ er dann von meinen Lippen. Ich schnappte nach Luft. Sein Mund näherte sich erneut, doch diesmal strich er nur ganz leicht über meine Lippen.
„Ich liebe dich", keuchte ich.
„Und wie ich dich liebe, Süße."
Drei Wochen ging das so weiter, wir trafen uns oft und unternahmen viel zusammen.
Auch in der Uni hielt er mittlerweile meine Hand. Die Leute wussten von uns und ich muss sagen, dass ich glücklich war. Das war ich zumindest, bis Selma eines Abends vorbei kam. Wir saßen in meinen Zimmer und bereiteten uns auf die Vorlesung am nächsten Morgen vor. Ich merkte, dass etwas nicht mit ihr stimmte, sie redete kaum. Irgendwas bedrückte sie.„Was ist los, Selma?", fragte ich schließlich.
„Nichts was soll los sein", antwortete sie eine Spur zu schnell.
„Doch, du hast irgendwas, ich kenn dich doch!"
Ich ließ nicht locker. Sie sah mich traurig an.
„Spuck es aus, na los!"
"Ich war heute was mit Can trinken, du weißt, Tolgas Freund ..."
„Und? Ist doch gut oder nicht? Mag er dich?"
"Darum geht's nicht -" Sie hielt inne. Ich ließ ihr einen Moment Zeit, doch als sie immer noch nicht weiter sprach, wurde ich wütend.
„Jetzt sag schon, verdammt!", schrie ich.
Selma nahm tief Luft. „Can hat mir erzählt, dass Tolga dich wegen einer Wette, die er mit Kevin abgeschlossen hat ins Bett kriegen will. Er liebt dich nicht, Sibel, er spielt mit dir!"
Sie sagte das alles ohne mit der Wimper zu zucken, es platze förmlich aus ihr heraus.
Ich stand auf. Der Boden unter meinen Füßen schwankte verräterisch und ich hielt mich am Schrank fest ...
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Liebe mit Hindernissen
General FictionSibel ist zwanzig, hat eine jüngere Schwester und einen wundervollen Vater, der sich nach dem plötzlichen Unfalltod der Mutter vor vier Jahren, hervorragend um seine Töchter kümmert. Gemeinsam mit ihrer besten Freundin, Selma, studiert sie Geschicht...