Geschockt starrte ich einen Moment auf diese Frau, die maximal 25 Jahre alt war, wenn überhaupt! Wieso hatte mir keiner gesagt, dass sie so jung ist?! Sie war so aufgetakelt, als sei sie gerade von einer Hochzeit gekommen. Ihr Blick schweifte durch das Wohnzimmer. Sie schnaubte verächtlich. Wie respektlos ist das denn?! Auf einmal trafen sich unsere Blicke. Sie zog arrogant ihre Augenbraue hoch und musterte mich von oben bis unten, als sei ich ein Stück Ware, das zum Verkauf steht.
„Du musst wohl Sibel sein?!", fragte sie mich und hielt mir dann die Hand hin.
Oh mein Gott! Wie kann man nur so eingebildet klingen? Als ob sie Gift auspukt! Ich ergriff ihre Hand, doch als ich sie kurz darauf wieder entziehen wollte hielt sie mich fest und drehte ihre Handoberfläche nach oben. Ich sollte ihre Hand küssen?! Ich riss mich zusammen, sie war immerhin die Frau meines Schwiegervaters. Da ich nicht respektlos erscheinen wollte, tat ich ihr diesen Gefallen ..
„Selma, wo ist dein Mann?", fragte Emres Papa.
„Der muss leider arbeiten Baba ..", antwortete sie leise.
So kannte ich Selma gar nicht. So leise und zurückhaltend, sonst hatte sie ein vorlautes Mundwerk. Aber die Gegenwart ihres Vaters schien sie einzuschüchtern. Genauso wie sie mich einschüchterte. Man sah auf den ersten Blick, dass er viel Geld hatte. Er war Autohändler, das hatte mir Emre einmal flüchtig erzählt gehabt. Ich bewunderte Mutter. Sie saß gelassen neben Selma und liess sich im Gespräch nicht aus der Ruhe bringen. Ich fand es nicht selbstverständlich, dass sie so ruhig war.. ich mein .. die neue Frau ihres Exmannes .. könnte ihre eigene Tochter sein? Emre war auch ein Rätsel für sich. Er hielt sich den ganzen Abend zurück, seine Antworten waren knapp. Ich saß irgendwie verloren neben ihm. Meryem, die auf der gegenüberliegenden Couch neben Kerim (Emres Papa) saß, warf Selma, Mutter und besonders mir immer wieder verächtliche Blicke zu. Erst jetzt merkte ich, wie stark sie geschminkt war. Ihre Haare waren elegant hochgesteckt worden. Das schlimmste an allem war, ihr Oberteil. Unglaublich mit was für einen Ausschnitt die sich aus dem Haus traut. Man sah so gut wie ihre halbe Brust! Es herrschte alles andere als eine angenehme Atmosphäre. Ich hatte es mir definitiv anders vorgestellt. Ich stand auf und ging in die Küche um Kaffee zu machen. Selma folgte mir.
„Selma, wieso habt ihr mir nie gesagt, dass diese Frau so jung ist?!", flüsterte ich leise.
„Keine Ahnung ..ich hab sie auch erst 2 mal gesehen.", gab sie zurück.
Ihre Stimme zitterte, sie war den Tränen nahe.
„Canim was ist denn los?", fragte ich und nahm sie in den Arm.
„Ich hasse diesen Mann! Ich hasse ihn! Ich wollte gar nicht kommen! Anne hat darauf bestanden.. ", schluchzte sie leise.
Ich war total überrascht von ihrer Reaktion. Mir war bewusst dass, das Verhältniss zwischen den beiden nicht das beste war. Er war nicht mal auf ihre Hochzeit gekommen. Das war ein richtiger Stich ins Herz damals für Selma. Aber dass sie ihn hasste ..
„Canim sag sowas nicht, er ist dein Vater.", versuchte ich sie zu beruhigen.
Sie löste sich von mir und wischte sich die Tränen weg.
„Was für ein toller Vater. Nicht mal zur Hochzeit seiner Kinder kommt er.", sagte sie.
Selma: „Der lässt sich einmal im Jahr blicken und bringt uns dann teure Geschenke mit. Als ob das die Zeit gut macht, die er nicht mit uns verbringt."
Sibel: „Canim ich .."
Mir fehlten die Worte.
„Und dann kommt der mit dieser kleinen Nutte her. Ganz ehrlich die sollen sich so schnell wie möglich verpissen. Sehen die nicht dass sie unerwünscht sind?!", sagte Selma laut. Vielleicht einen Tick zu laut.
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Liebe mit Hindernissen
General FictionSibel ist zwanzig, hat eine jüngere Schwester und einen wundervollen Vater, der sich nach dem plötzlichen Unfalltod der Mutter vor vier Jahren, hervorragend um seine Töchter kümmert. Gemeinsam mit ihrer besten Freundin, Selma, studiert sie Geschicht...