Ich weinte wie ein kleines Kind. Die ganzen Tränen, die ich bis eben zurückgehalten hatte kamen mir auf einmal hoch und wollten nicht mehr stoppen.
„Alles meine Schuld.", jammerte ich immer wieder.
Selma kniete neben mir und legte einen Arm um mich.
„Hör auf! Sag sowas nicht.", versuchte sie mich zu besänftigen.
Niedergeschlagen klammerte ich mich an Selma.
„Es stimmt aber .. es stimmt. Es ist alles meine Schuld.", schluchzte ich leise.
Plötzlich legte sich eine Hand auf meine Schulter. Bei der Berührung zuckte ich kurz zusammen und hob dann langsam meinen Kopf. Ich sah in die Tränengefüllten Augen von Emres Mutter. Es versetzte mir einen Stich zu wissen, dass ich Schuld an dieser Situation war. Behutsam strich mir Emres Mutter über die Haare.
„Kizim aglama (Nicht weinen meine Tochter).", sagte sie leise.
Ihre Stimme klang so liebevoll und zärtlich, dass ich noch heftiger zu weinen anfing.
„Es tut mir so leid! Lütfen beni affet.(Bitte verzeih mir)", wimmerte ich.
Sie nahm mich in den Arm und drückte mich an ihre Brust.
„Yapma. (Hör auf.) Emre wird wieder gesund und dann wird alles gut.", sagte sie.
„Es tut mir so leid Anne (Mutter). Es tut mir so leid.", flüsterte ich leise.
Verzweifelt hielt ich mich an ihr fest. Zum ersten mal nannte ich sie so, sie war immer Teyze (Tante) für mich gewesen. Doch diese kleine, zierliche, liebevolle Frau gab mir alles was ich seit dem Tod meiner Mutter vermisst hatte. Geborgenheit, Schutz und Trost. Mütterliche Liebe. Sanft strich sie mir über den Rücken und flüsterte mir beruhigende Worte ins Ohr. Es war zu viel für mich. Wann würde das alles einfach ein Ende haben? Dieser ganze Schmerz. Dieser ganzer Kummer. Er soll weg gehen!
Nach ein paar Stunden erfuhren wir von Kevins Festnahme. Er würde jetzt erst mal in Untersuchungshaft bleiben bis der Richter den Prozessbeginn festlegt, erklärte uns ein Beamter, der gekommen war um nach Emre zu schauen.
„Herr Kaya ist momentan nicht in der Lage ausszusagen.", stellte der Arzt fest.
Wir saßen im Flur und warteten dass Erme endlich aufwacht. Baba und Can waren ebenfalls gekommen. Ich saß zwischen Selma und ihrer Mutter, beide hielten meine Hand. Can und mein Vater unterhielten sich leise. Der Arzt kam erneut um uns über Emres Zustand zu berichten. Sofort sprang ich auf.
„Er ist stabil, sie brauchen sich keine Sorgen zu machen.", sagte er.
Erleichterung breitete sich in unseren Gesichtern aus. Ich legte eine Hand auf die Brust und atmete einmal tief aus. Es war als hätte ich die ganze Zeit über die Luft angehalten.
„Er sollte auch bald aufwachen, dann können wir ihn in ein normales Zimmer verlegen.", fügte der Arzt noch hinzu.
„Können wir ihn sehen?", fragte ich leise.
Der Arzt sich mich streng an.
„Herr Kaya braucht Ruhe ..", tadelte er mich.
„Bitte! Nur 5 Minuten?", bettelte ich.
„In Ordnung, aber nur einer von euch!", gab er nach.
Ich wollte ihn sehen, wollte in seiner Nähe sein. Seine Hand halten. Für ihn da sein. Er soll mich als erstes sehen, wenn er die Augen aufmacht.
Emres Mutter lächelte mich an, als ich ihr einen Blick zu warf.
„Geh nur kizim (Tochter). Wir warten hier.", sagte sie.
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Liebe mit Hindernissen
General FictionSibel ist zwanzig, hat eine jüngere Schwester und einen wundervollen Vater, der sich nach dem plötzlichen Unfalltod der Mutter vor vier Jahren, hervorragend um seine Töchter kümmert. Gemeinsam mit ihrer besten Freundin, Selma, studiert sie Geschicht...