Fünfundsiebzig

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Ich zuckte nur mit den Schultern und starrte immer noch auf mein klingelndes Handy. Es war Laura. Wieso ruft sie mich an?! Was zum Teufel wollte sie von mir?

„Kim o? (Wer ist es?)", fragte Emre.

Er stand auf und kam auf mich zu, dann nahm er mir das Handy aus der Hand.

„Was will dieses elende Miststück?", zischte er wütend.

Er drückte auf die Rote Taste und gab mir das Handy wieder.

„Nimm nicht ab hayatim, die will dich bestimmt nur ärgern.", sagte Emre.

„Ja ..", antwortete ich nur.

Can versuchte die Stimmung wieder zu lockern, in dem er Witze erzählte. Und es gelang ihm auch. Wir lachten ununterbrochen, sogar der kleine Murat grinste mit, als ob er uns verstehen könnte. Ich stand auf und wollte nach Baba sehen, der vor ein paar Minuten verschwunden war. Ich ging durch den Flur und wollte in der Küche nach schauen, doch als ich an Babas Zimmertür vorbeilief hörte ich ihn flüstern. Die Tür war nur angelehnt ..

„Ja ich weiss ... das zieht sich immer weiter raus!", hörte ich ihn sagen.

Mit wem sprach er? Und was zog sich immer weiter raus? Ich wusste, dass es falsch war hier zu lauschen, trotzallem stand ich da und rührte mich nicht vom Fleck.

Baba: „Ich kann nicht mehr warten .. askim (schatz) ich will nicht mehr warten."

Ich hielt den Atem an, mein Herz hörte auf zu schlagen. Askim? Askim?! Er hatte .. er hatte eine Beziehung? Komischerweise war das nicht mal schlimm, sondern die Tatsache dass er es verheimlicht. Wieso tut er das? Ich sag ihm schon so lange, dass er sich eine neue Frau suchen soll. Aber immer blockte er ab. Ich hörte wie er auflegte, schnell tapste ich in die Küche. Atemlos setzte ich mich hin. Irgendwie war ich total enttäuscht von ihm. Nicht weil er eine Freundin hatte, nein. Ich wünschte ihm alles Glück auf der Welt, weil er sich nach dem Tod unserer Mutter so gut um uns gekümmert hat. Er wollte immer das beste für uns. Ich war verletzt, weil er mir nichts erzählt hatte .. Grade als ich wieder ins Wohnzimmer wollte, kam Baba in die Küche. Er lächelte mich an, ich dagegen sah ihn ausdruckslos an.

„Noldu kizim? (Was ist los meine Tochter?)", fragt er.

Sollte ich ihn jetzt damit konfrontieren? Nein, lieber nicht. Er sollte es mir selbst sagen.

Sibel: „Nichts Baba, hab nur Hunger gehabt."

Ich setzte ein Lächeln auf, macht den Kühlschrank auf und nahm eine Essiggurke.

„Du hast die gleichen vorlieben wie deine Mutter, als sie mit die schwanger war.", sagte er irgendwie traurig.

Es war jetzt schon so viele Jahre her, aber immer noch brannte dieser Schmerz in mir. Dieser plötzliche Verlust meiner Mutter damals .. sie fehlte. Ich dachte so oft an sie. Emres Mutter war eine tolle Frau und ich nannte sie gerne Anne (Mutter), weil sie mittlerweile einen festen Platz in meinem Leben einnahm. Sie behandelte mich wie eine Tochter und machte keinen Unterschied zwischen mir und Selma. Ich umarmte Baba kurz und ging dann wieder ins Wohnzimmer...

Später am Abend saß ich mit Emre auf der Couch uns sah Fern. Mutter war bei einer Freundin, sie würde erst später nach Hause kommen.

Sibel: „Schatz?"

„Evet? (Ja?)", antwortete Emre ohne den Blick vom Fernseher zu nehmen.

„Ich glaub Baba hat ne Freundin.", sagte ich leise.

„Wie kommst du darauf?", fragte er überrascht.

Sibel: „Hab ihm beim telefonieren gehört."

Liebe mit HindernissenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt