Muriel stöhnte entnervt auf. Seit einigen Tagen musste sie nun morgens und abends Übungen für ihren immer noch fast komplett gelähmten Arm machen.
„Probier es noch einmal, Muriel", spornte Gandalf sie an. „Du hast gerade wirklich geschafft, deine Finger zu bewegen." Muriel knurrte nur vor sich hin. Bewegen, nannte er das? Das war ein Witz!
Mit irrsinniger Anstrengung hatte sie es gerade einmal geschafft, dass ihre Finger sich um ein paar Millimeter gerührt hatten. Unter bewegen können verstand sie etwas anderes! Doch sie wollte Gandalf nicht enttäuschen, der sich so sehr um ihre Genesung bemühte.
Also nahm sie alle ihre Kraft zusammen und richtete die Gedanken auf ihre Hand. Sie versuchte, alle Gedanken auf ihre Fingerspitzen zu konzentrieren. ‚Bitte, los, ihr müsst mir gehorchen, bitte bewegt euch!', flehte sie ihre Finger im Stillen an.
Gebannt starrte sie ihre Hand an, als sie ihr den Befehl gab. Ihre Hand begann ob der Anstrengung zu zittern, doch ihre Finger bewegten sich nur ein klein Wenig aufeinander zu, als wollte sie eine Faust machen.
„Ich kann es einfach nicht!" Tränen traten Muriel in die Augen und sie blickte Gandalf trotzig an. „Na, na, Fräulein Ungeduld", lächelte der graue Zauberer besänftigend. „So schnell kann das nicht gehen!"
Muriel wusste natürlich, dass er Recht hatte. Sie musste froh sein, überhaupt noch am Leben zu sein und da regte sie sich darüber auf, dass ihr Arm noch nicht wieder ganz genesen war?
Resigniert seufzte sie. „Tut mir leid, Gandalf", sagte sie leise. „Ich hasse es so sehr, auf Hilfe angewiesen zu sein und mir nicht selbst helfen zu können." Der Zauberer nickte verständnisvoll.
„Für jetzt soll es auch genug sein", sagte er schließlich und erhob sich. „Heute Abend probieren wir es wieder." Muriel nickte ergeben. „Und denke daran, je öfter du die Übungen auch zwischendurch machst, desto schneller wirst du Erfolge sehen." Mit diesen Worten verließ Gandalf ihr Zimmer und schloss die Tür hinter sich.
Muriel seufzte. Alle hier waren so freundlich und zuvorkommend zu ihr. Herr Elrond kümmerte sich persönlich um ihr Wohlergehen, Gandalf überwachte die Kräftigungsübungen, die Hobbits versuchten ständig, sie mit ihrer guten Laune anzustecken und Arwen verbrachte viel Zeit mit ihr. Sie war ihr wirklich schon zu einer Freundin geworden, seit sie hier in Bruchtal war.
Muriels Gesicht verfinsterte sich, als sie plötzlich an Aragorn dachte. Ihn hatte sie seit Tagen nicht zu Gesicht bekommen. Seit der Begegnung im Pavillon oberhalb von Bruchtal hatte sie ihn nicht mehr gesehen.
Muriel spürte, wie ihr Herz schon wieder schneller schlug und ihr Magen nervös anfing, zu kribbeln. Sie schüttelte unwillig den Kopf. Er ging ihr aus dem Weg, das spürte sie ganz genau! Und genau das verstand sie nicht! ER hatte sie in den Arm genommen und geküsst. Sie hatte so viel Liebe und Zärtlichkeit in seinen Berührungen gespürt.
Und dann war er einfach davon gerannt! Und was sollte diese Entschuldigung? Warum hatte er es bereut?
„Ach, hier bist du!" Muriel schrak zusammen, als plötzlich Arwen vor ihr stand. „Tut mir leid, ich wollte dich nicht erschrecken", sagte sie entschuldigend. „Ich dachte, du hättest mich kommen hören." Muriel schüttelte den Kopf. Arwen tauchte irgendwie immer lautlos auf und war plötzlich da.
„Wollen wir nicht ein wenig spazieren gehen?", fragte Arwen nun und sah Muriel aufmunternd an. „Du kannst ja nicht immer nur hier in deinem Zimmer herumsitzen." Die Elbin klang fast schon tadelnd.
Seufzend erhob sich Muriel und nickte. „Du hast Recht, frische Luft kann nicht schaden." Schnell ließ sie sich von Arwen in einen warmen Umhang helfen und trat hinter ihr aus dem Zimmer.
DU LIEST GERADE
Von Hoffnung, Angst und Liebe
FanfictionMuriel ist eine junge Frau, die im Städtchen Bree nahe der Grenze zum Auenland aufgewachsen ist. Sie führt ein ganz normales Leben und unterstützt ihre Eltern bei der täglichen Arbeit. Doch dann erfährt sie Dinge, die sie niemals für möglich gehalte...