Herz aus Eis

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Es war schon fast Abend als Aragorn endlich in die gemeinsamen Gemächer zurückkam. Muriel sprang auf, als er den Wohnraum betrat. Stunden lang hatte sie in ihrem Sessel gesessen und einfach nur vor sich hin gestarrt.

Aragorn war bleich und Muriel sah ihm an, dass er sehr erschöpft war. Zaghaft nahm sie seine Hand und sah ihn fragend an. Sie hatte Angst vor dem, was er ihr jetzt sagen würde. Was, wenn ihre Hoffnungen sich nicht erfüllt hatten?

„Sie lebt", beantwortete Aragorn Muriels unausgesprochene Frage. „Noch...", fügte er leise hinzu. Muriel führte Aragorn zu einem der Sessel und reichte ihm ein Glas Wasser, das er dankbar annahm, nachdem er sich gesetzt hatte.

„Wie schlimm ist es?", fragte Muriel leise. Aragorn atmete tief durch. „Es ist ein Wunder, dass sie überhaupt noch lebt", sagte er dann.

„Sie hat mehrere schwere Knochenbrüche. Unter anderem ist eine Rippe gebrochen, die sich in die Lunge gebohrt hat. Das alleine kann tödlich sein. Und es ist nicht sicher, ob sie sonst noch innere Blutungen hat", erklärte Aragorn ernst. Muriel nickte.

„Ist Adar noch bei ihr?", fragte sie dann und Aragorn nickte bestätigend. „Er hat sie jetzt erst einmal in einen Heilschlaf versetzt, damit ihr Organismus sich auf die absolut lebensnotwendigen Funktionen beschränken kann", berichtete er weiter.

„Er wird wohl die Nacht über bei ihr bleiben, denn sollte es Komplikationen geben, muss schnell und vor allem richtig gehandelt werden." Muriel nickte verstehend.

Die erste Hürde war genommen. Die Elbin war noch am Leben. Alles Weitere würde sich erst in den kommenden Tagen zeigen.

„Aragorn, du solltest etwas essen", meinte Muriel und musterte ihren Mann besorgt. Aragorn nickte müde. Der Einsatz seiner Heilkräfte hatte ihn viel Energie gekostet. Schnell verließ Muriel ihre Gemächer und lief in die Küche, um Aragorn noch ein Abendessen zu besorgen.

Kaum hatte er gegessen, ging er zu Bett und auch Muriel spürte nun, wie sehr dieser Tag auch an ihren Kräften gezehrt hatte. So ging sie ebenfalls zu Bett. Sie fiel schnell in einen traumlosen, tiefen Schlaf und musste glücklicherweise in dieser Nacht nur einmal aufstehen, weil Gilraen Hunger hatte.

Zum Frühstück am nächsten Morgen erschien Elrond nicht. Auch Arwen hatte ihn noch nicht gesehen. Ob er immer noch in den Häusern der Heilung war?

Muriel fasste einen schnellen Entschluss und packte ein Frühstück für ihren Ziehvater und die Heilerinnen zusammen. Die hatten im Moment bestimmt alle keinen Kopf, an so etwas Banales wie essen zu denken.

Dann machte sie sich auf den Weg zu den Häusern der Heilung. Mit gemischten Gefühlen öffnete sie die Tür. Das letzte und auch einzige Mal war sie hier gewesen, als Morwen ihr auf ihre so ganz eigene Weise ihre Schwangerschaft bestätigt hatte.

Kaum hatte sie den Vorraum betreten, kam auch schon Andreth auf sie zu. Auch sie schien in dieser Nacht nicht geschlafen zu haben. „Lady Muriel?" Die Elbin nickte freundlich zur Begrüßung und sah Muriel fragend an.

„Ist mein Vater, noch hier?", fragte sie die Heilerin. Andreth nickte. „Er ließ sich bisher noch zu keiner Ruhepause überreden", sagte sie ernst. Das hatte Muriel schon befürchtet, doch auch Andreth hatte mit Sicherheit heute noch nichts gegessen.

„Frau Andreth, setzt Euch doch einen Moment", bat Muriel die Elbin, die sie daraufhin verwirrt ansah. „Ihr habt bestimmt heute noch nichts gegessen, und geschlafen habt Ihr heute Nacht vermutlich auch nicht", meinte Muriel ernst.

„Ich habe für Euch alle Frühstück mitgebracht. Es ist niemandem geholfen, wenn die Heiler sich irgendwann selbst nicht mehr auf den Beinen halten können", fügte sie entschlossen hinzu.

Von Hoffnung, Angst und LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt