Starke Nerven

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Seufzend vergrub Muriel ihren Kopf unter ihrem Kopfkissen. Das durfte doch nicht wahr sein! Draußen war es noch stockdunkel und Gilraen war im Stande, die ganze Veste mit ihrem Aktionismus aus dem Schlaf zu reißen.

Die kleine Prinzessin schien ganz im Gegensatz zu ihren Eltern nicht wirklich viel Schlaf zu benötigen. Seit Wochen wachte sie nun schon zu nachtschlafender Zeit auf und fing an, in ihrem Bettchen zu singen und anderweitig Lärm zu veranstalten.

Einige Male waren Muriel oder auch Aragorn aufgestanden und hatten versucht, ihre Tochter wieder irgendwie zur Ruhe zu bringen. Diese Versuche waren aber nicht von Erfolg gekrönt gewesen. Im Gegenteil.

Hatte Gilraen ihre Mutter oder ihren Vater erst einmal bei sich im Zimmer gehabt, war sie nicht mehr dazu zu bewegen gewesen, sich noch einmal hinzulegen und hatte ein riesiges Geschrei angefangen, wenn sie es tatsächlich gewagt hatten, das Kinderzimmer ohne sie wieder zu verlassen.

Schließlich hatte Aragorn sich nicht anders zu helfen gewusst, als Gilraen mit ins elterliche Bett zu nehmen. Doch anstatt dass die kleine Prinzessin es sich zwischen ihren Eltern einfach gemütlich gemacht und wieder geschlafen hätte, war sie ruhelos in der Gegend herumgeturnt und hatte abwechselnd Aragorn und Muriel von ihrem so ersehnten Schlaf abgehalten. Das war also auch keine Lösung gewesen.

So waren Aragorn und Muriel nun dazu übergegangen, die Geräusche aus dem Nebenzimmer so gut es ging zu ignorieren und einfach nicht darauf zu reagieren. Eigentlich müsste Gilraen dann doch irgendwann begreifen, dass niemand kam und das Theater wieder einstellen.

Jedenfalls war das die schöne Theorie gewesen. Doch Gilraen schien sich nicht für Theorien zu interessieren oder machte es zu ihrer Aufgabe, jede einmal ersonnene Theorie kurzerhand zu widerlegen.

Aragorn schnaubte genervt auf, als er sich im Bett herumdrehte und sich die Decke über die Ohren zog. Schließlich ließen die Geräusche aus Gilraens Zimmer nach, doch gerade als Muriel wieder dabei war, in die Traumwelt abzudriften, tat es im Nebenraum einen Rumms, gefolgt von lautem Geschrei von Gilraen.

Schlagartig war sie wieder hellwach und setzte sich im Bett auf. Doch Aragorn war schneller als sie und war schon aufgestanden.

„Bleib du liegen, ich sehe nach ihr!", meinte er nur und war auch schon aus dem Zimmer verschwunden.

Muriel hörte Gilraen noch immer weinen und dann gleich auch Aragorns beruhigende Stimme. Nur wenige Augenblicke später betrat er mit seiner Tochter auf dem Arm wieder das Schlafgemach.

„Du wirst es nicht glauben", wandte er sich seufzend an Muriel. „Sie ist tatsächlich über das Gitter ihres Bettchens geklettert und dann hinunter gefallen", gab er ihr eine Erklärung.

Behutsam legte Aragorn Gilraen neben ihre Mutter ins Bett. „Ich hole einen kühlen Lappen", meinte er dann nur. „Das wird eine schöne Beule geben!"

Muriel wandte sich kopfschüttelnd ihrer kleinen Tochter zu, die immer noch leise schniefte. Behutsam strich sie ihr die widerspenstigen Locken aus dem Gesicht. „Ach du liebe Güte", murmelte Muriel nur leise, als sie über die deutliche Erhebung an Gilraens Stirn strich. „Was machst du nur für Sachen, Kind?", seufzte sie dann kopfschüttelnd.

Gleich darauf betrat Aragorn mit einem feuchten Lappen wieder das Schlafgemach und drückte ihn seiner Tochter auf die wachsende Beule. Gilraen heulte wütend auf und versuchte, ihren Kopf wegzudrehen, doch Aragorn wusste die Kleine in dieser Position zu halten.

„Schluss jetzt, Gilraen!", fuhr er sie wenig mitleidig an. „Das muss gekühlt werden, sonst wird die Beule noch größer!"

Schließlich hielt Gilraen dann doch ruhig. Sie schien wohl zu merken, dass das kühle Tuch doch ganz wohl tat.

Von Hoffnung, Angst und LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt