Der Angriff

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Muriel wälzte sich unruhig in ihrem Bett hin und her. Sie konnte einfach nicht schlafen, obwohl sie müde war. Vielleicht hätte sie schlafen können, wenn sie nicht Angst vor den schlimmen Träumen gehabt hätte, die sie noch immer fast jede Nacht quälten.

Orks, immer nur Orks. Mal sah sie Orks, die ihre Eltern töteten, dann wieder sah sie die Gefährten erbittert gegen diese Kreaturen kämpfen. Und manches Mal stand sie ihnen im Traum selbst gegenüber, wie damals im Wald, als sie mit Aragorn gegen sie gekämpft hatte.

Muriel seufzte. Aber wach zu liegen war auch nicht besser, wenn sofort das Gedankenkarussell ansprang.

Sie setzte sich auf und nahm das Fläschchen von ihrem Nachtschränkchen. Sie tropfte etwas daraus in das bereitgestellte Glas Wasser und trank es aus. Seit sie das so machte, bevor sie aufstand, wurde ihr nicht mehr so übel.

Auch konnte sie wieder etwas mehr essen. Trotzdem war sie alles andere als beruhigt. Sie würde endlich den Häusern der Heilung einen Besuch abstatten müssen. Doch hatte sie das bisher immer wieder aufgeschoben. Zu groß war ihre Angst davor, bestätigt zu bekommen, was sie eigentlich längst wusste.

Muriel stand auf und öffnete die Balkontür. Draußen war es noch tiefste Nacht. Sie trat hinaus und nahm einige tiefe Atemzüge. Wie friedlich das Leben hier in Bruchtal doch war, wo sich anderswo in Mittelerde das Böse unaufhaltsam ausbreitete und an Macht gewann.

Plötzlich blieben Muriels Augen an einem hellen Punkt am Hang unterhalb der Tore Bruchtals hängen. Er bewegte sich. Und da! Noch einer! Muriel kniff die Augen zusammen. Und auch auf der anderen Seite sah sie, dass sich zwischen den Bäumen etwas bewegte. Von überall aus dem Tal schien sich plötzlich etwas an den Hängen hinauf nach Bruchtal zu bewegen.

Muriel fühlte eine wohlbekannte Beklemmung in sich aufsteigen. Orks! Das waren Orks! Hier in Bruchtal! Und hier gab es nicht einmal Wachen!

Muriel rannte durch ihr Zimmer und hinaus auf den Flur. Sie nahm sich nicht einmal Zeit, einen Morgenmantel überzustreifen. „Aufwachen!", schrie sie, so laut sie konnte. „Orks greifen uns an!". Sie hastete durch die Gänge und schrie, so laut sie konnte.

Im Vorübergehen griff sie nach einem Schürhaken, der an einer Wand hing und drosch damit auf eine Messingvase ein, die ebenfalls im Flur stand. Dieser Lärm war nun wirklich nicht mehr zu überhören.

Muriel kam es trotzdem wie eine Ewigkeit vor, bis sie endlich hörte, dass Türen geöffnet wurden.

Plötzlich stand Elladan vor ihr und sah sie entgeistert an. „Orks!" Draußen wimmelt es von Orks! Sie greifen uns an!", schrie Muriel ihn atemlos an, noch bevor er irgend etwas sagen konnte.

„Was?" rief er ungläubig und sah Muriel mit einem Blick an, der vermuten ließ, dass er sie für nicht ganz zurechnungsfähig hielt. „Orks! Draußen!", schrie sie wieder verzweifelt, während sie ihn am Arm packte und zum nächsten Fenster zog.

Er sah nur einen Moment hinaus, bevor er fluchte. „Alarm! Ich schlage Alarm!" schrie er Muriel noch zu, bevor er davon rannte. Muriel hastete zurück in Richtung ihres Zimmers, als langsam Leben in die Häuser Bruchtals kam.

Sie riss ihren Schrank auf und zog sich rasch ihre Hose und Jacke über ihr Nachthemd, während laut die Glocke erklang, die sonst zu den Mahlzeiten rief. In Windeseile gürtete Muriel sich ihr Schwert um und rannte aus dem Haus, wo sie beinahe mit einigen Kriegern zusammenstieß, die ebenfalls gerade angerannt kamen.

Elrond hastete durch die langen Flure, während er den Gürtel mit seinem Schwert an seiner Rüstung befestigte. Insgeheim verfluchte er, dass sein Gemach so weit vom Schuss lag. Aber wer konnte auch ahnen, dass es hier in Bruchtal einmal einen nächtlichen Angriff geben würde?

Von Hoffnung, Angst und LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt