Unscheinbare Helden

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Muriel hörte, wie jemand neben sie trat und sich zu ihr auf den Boden kniete. „Mylady, sie sind weg, Ihr könnt beruhigt die Augen aufmachen", hörte sie Laylas Stimme. Langsam öffnete sie die Augen.

Die braunhaarige Frau blickte sich noch einmal unsicher um und beugte sich dann zu Muriel hinunter. „Ihr müsst weg hier, so schnell Ihr könnt! Ich werde Euch helfen", flüsterte sie. Muriel richtete sich langsam auf.

„Layla, wer sind diese Männer und wer ist ihr Auftraggeber?", fragte sie schnell.

„Harweth ist mein Bruder", erwiderte Layla. „Unsere Eltern starben vor einigen Jahren. Sie waren sehr arm und wir haben keine Verwandten. So leben wir seither hier im Wald und halten uns mit kleinen Diebeszügen über Wasser.

Aber wir haben nie den Menschen, denen wir etwas wegnahmen, ein Leid getan", erklärte Layla.

„Doch dann tauchte Firion hier auf. Er versprach uns ein besseres Leben, wenn wir ihm helfen würden, einige krumme Dinger zu drehen, wie er es nannte.

Er habe einen sehr einflussreichen Auftraggeber und dieser würde uns fürstlich entlohnen, wenn wir die Aufträge zu seiner Zufriedenheit erledigt hätten, sagte er.

Aber ich konnte nicht ahnen, was diese Aufträge beinhalten würden. Mylady, wir sind keine Mörder, ich will das alles nicht!" Verzweifelt sah Layla Muriel an.

„Kennt Ihr den Auftraggeber?", fragte Muriel nun angespannt. Die braunhaarige Frau schüttelte den Kopf. „Ich habe ihn nie gesehen. Nur Firion hat wohl direkten Kontakt zu ihm. Sie nennen ihn nur den ‚Lord'", meinte sie bedauernd.

„Mylady, Ihr müsst etwas essen und dann werdet Ihr fliehen! Ihr müsst den König warnen! Er darf nicht hier ankommen!", sprach sie weiter und Angst stand in ihrem Blick.

Sie schnitt Muriel die Fesseln an Händen und Füßen auf und reichte ihr etwas Brot und einen Becher mit Wasser. Muriel stöhnte, als sie ihre steifen Glieder mühsam streckte.

„Layla, kommt mit mir!", bat sie dann. „Ihr seid ein guter Mensch, Ihr habt ein besseres Leben verdient!"

Doch Layla schüttelte den Kopf.

„Sie werden uns finden. Ich werde hier bleiben und den beiden eine falsche Fährte legen, so habt wenigstens Ihr eine Chance, zu fliehen", meinte sie angespannt.

„Folgt mir", sagte Layla, kaum dass Muriel ihr Brot aufgegessen hatte und reichte ihr die Hand. Muriel ließ sich von der jungen Frau auf die Beine helfen und folgte ihr aus der Höhle.

Sie befanden sich mitten in einem Wald. Rund herum standen die Bäume sehr dicht und auch eine Menge Gestrüpp verbarg den Eingang der Höhle vor neugierigen Blicken, wobei sich Muriel fast sicher war, dass sich in diese Gegend des Waldes wohl kaum einmal eine Menschenseele verirren dürfte.

„Ihr lauft in diese Richtung", begann Layla leise zu sprechen und wies in eine Richtung halbrechts vom Höhleneingang. „Ihr trefft dort auf einen kleinen Bachlauf. Folgt dem Bach in Fließrichtung. Der Bach verlässt den Wald und nur knappe zwei Meilen weiter liegt ein kleines Gehöft direkt am Bach. Dort könnt Ihr Hilfe finden. Habt Ihr das verstanden?"

Layla sah Muriel eindringlich an und Muriel nickte langsam. Layla hob einen großen Ast vom Boden auf. „Schlagt mich nieder", bat sie und hielt Muriel den Ast hin.

„Was?", rief Muriel entsetzt.

„Ihr müsst mich niederschlagen", wiederholte Layla ernst. „Oder soll ich Harweth und Firion erzählen, dass ich Euch habe gehen lassen?" Muriel schüttelte den Kopf. Das wäre mit Sicherheit das Todesurteil für die junge Frau.

Von Hoffnung, Angst und LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt