Langsam wich der Schlaf von Muriel. Sie hielt die Augen noch einen Moment geschlossen. Dann lächelte sie. Ganz deutlich war das fröhliche Zwitschern der Vögel draußen zu hören. Mit einem glücklichen Seufzen öffnete sie die Augen.
Die Sonne strahlte schon durch ihr Fenster und malte lustige helle Muster an ihre Wand. Wie wohltuend diese heitere Helligkeit war. Ihr Herz war leicht und voll froher Erwartung. Es konnte nicht mehr lange dauern, bis sie auch hier in Bruchtal die Nachricht erreichen würde, dass die große Schlacht gewonnen war. Dessen war Muriel sich sicher.
Es war nun schon eine gute Woche her, dass sich die auf ihr lastende Dunkelheit mit einem Mal verzogen hatte. Sie war morgens aufgestanden und hatte sich ganz in Gedanken angezogen.
Mit einem Mal hatte sie verdutzt innegehalten. Irgendetwas war anders gewesen, als die Tage zuvor. Sie hatte stirnrunzelnd einen Moment lang überlegen müssen, bevor sie endlich erkannt hatte, was es war. Die Vögel sangen wieder. Ja, wirklich, draußen war ein fröhliches und lautes Gezwitscher zu hören gewesen.
Muriel war ans Fenster getreten und hatte der aufgehenden Sonne entgegengeblickt. Sie war nicht mehr kalt und dunstig gewesen, sondern hatte mit ihren warmen Strahlen ganz Bruchtal in ein liebliches, freundliches Licht getaucht. Das konnte nur eines heißen!
Schnell hatte Muriel die letzten Knöpfe ihres Kleides geschlossen und war hinaus in den Flur gestürmt. Sie war durch die Flure gehastet, auf der Suche nach ihrem Vater. Endlich war sie ihm im Flur vor seinem Arbeitszimmer begegnet.
„Adar!", hatte sie ihm atemlos entgegengerufen. Der Elb hatte sich erschrocken umgedreht und sie besorgt angesehen. „Muriel, was ist geschehen?", hatte er sie gefragt, bevor er ihr beruhigend die Hände auf die Schultern gelegt hatte.
„Adar, die Vögel!", hatte sie nur mühsam hervorgebracht und Elrond war etwas verwirrt gewesen. „Adar, sie singen wieder! Der Schatten ist verschwunden!", hatte sie aufgeregt gekeucht.
Ihr Ziehvater war einen Moment lang mit gerunzelter Stirn stehen geblieben und hatte aufmerksam gelauscht. Dann hatte mit einem Mal ein Lächeln auf sein Gesicht gefunden. „Du hast Recht, iell nîn", hatte er dann freudig gesagt, während er an ein Fenster getreten war und hinausgesehen hatte.
Elrond hatte sie in ihren Wahrnehmungen bestätigt. Auch er war sich sicher gewesen, dass diese Veränderung nur eines bedeuten konnte. Die Macht der Dunkelheit musste zerstört worden sein.
Muriel seufzte. Jetzt würden sie nur noch warten müssen, bis endlich Kunde darüber nach Bruchtal kam, was geschehen war. Und so sehr sie sich darüber freute, dass die gefahrvolle Reise der Gefährten allem Anschein nach erfolgreich gewesen war, so sehr fürchtete sie sich vor dem, was sie erfahren würde. Waren alle Gefährten noch am Leben? Oder würden vielleicht nicht alle zurückkehren?
Muriel hatte nicht einmal eine Vorahnung. Jetzt hätte sie gerne irgendwelche Träume gehabt, die ihr Antworten hätten geben können. Doch sie träumte nichts. Sie schlief so ruhig und friedlich, wie seit dem Aufbruch der Gefährten nicht mehr.
So ging sie nun erst einmal frühstücken.
Nach dem Frühstück ging sie wieder in ihr Zimmer zurück. Dort lag noch immer das Buch der Kräuterheilkunde, in dem sie schon seit einiger Zeit gerne las.
Dieses Thema faszinierte sie wirklich und sie hatte sich fest vorgenommen, noch einiges von Elrond darüber zu lernen. Auch wenn sie wohl nie eine richtige Heilerin werden würde, könnte etwas Heilwissen trotzdem niemandem schaden.
Sie nahm sich das Buch und trat auf ihren Balkon. Dort setzte sie sich auf einen Stuhl und begann, interessiert zu lesen, während die wärmenden Sonnenstrahlen ihr Gesicht kitzelten.
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Von Hoffnung, Angst und Liebe
FanficMuriel ist eine junge Frau, die im Städtchen Bree nahe der Grenze zum Auenland aufgewachsen ist. Sie führt ein ganz normales Leben und unterstützt ihre Eltern bei der täglichen Arbeit. Doch dann erfährt sie Dinge, die sie niemals für möglich gehalte...