„Will nicht!" Gilraen verschränkte die Ärmchen vor der Brust und schüttelte energisch den Kopf. Muriel seufzte. Gilraen hatte sich nur mit ihrer Unterwäsche bekleidet auf den Boden im Kinderzimmer gesetzt und wehrte sich mit Händen und Füßen dagegen, von ihrer Mutter angezogen zu werden.
Es war ja nicht so, dass Gilraen überhaupt nicht angezogen werden wollte, jedoch war sie mit der Kleiderauswahl ihrer Mutter nicht wirklich einverstanden.
Gilraen hatte sich in den Kopf gesetzt, das neue Nachthemd anzuziehen, das Oma Butterblum ihr in Bree genäht hatte. Es hatte ein kleines Pferdchen auf der Brust aufgenäht und genau dieses hatte es der kleinen Prinzessin angetan.
„Gilraen, du kannst das Nachthemd heute abend anziehen, wenn du ins Bett gehst!", versuchte Muriel sie zu überzeugen. „Aber wir wollen uns gleich mit Lydia treffen, da musst du doch ein richtiges Kleid anziehen!"
Doch Gilraen schüttelte schon wieder den Kopf. „Lyda Pferd auch sehen", meinte sie bestimmt. „Gilraen, wenn du jetzt brav ein anderes Kleid anziehst, kannst du das Nachthemd mitnehmen und Lydia zeigen!", begann Muriel wieder.
„Und wenn du lieb bist, frage ich die Oma, ob sie dir auch noch ein Kleid mit einem Pferdchen darauf näht. Das macht sie bestimmt", fügte sie zuckersüß hinzu. Endlich schien die kleine Prinzessin überzeugt zu sein und sie ließ sich ohne Gegenwehr ein Kleid anziehen.
Erleichtert erhob sich Muriel wieder und nahm Gilraen an der Hand. Diese hielt noch immer das Nachthemd fest an sich gepresst und schien nicht gewillt, es an diesem Tag noch einmal aus der Hand zu geben.
So betraten sie endlich das Speisezimmer, wo Aragorn sein Frühstück gerade beendet hatte. „Guten Morgen ihr Hübschen", meinte er lächelnd. „Habt ihr gut geschlafen?"
Sanft zog er Muriel in eine liebevolle Umarmung und gab ihr einen zärtlichen Kuss. Dann ging er in die Knie, um auch seine Tochter zu umarmen und ihr einen Kuss auf die Stirn zu geben. „Was hast du denn da schönes, Gilraen?", fragte er neugierig und sah auf das Etwas, was die Kleine in ihrer Hand hielt.
„Da Pferd, Gilan anziehen!", erklärte sie ernsthaft. Fragend sah Aragorn Muriel an. „Deine Tochter hat sich in den Kopf gesetzt, heute dieses Nachthemd anziehen zu wollen, weil so ein schönes Pferdchen darauf ist", erklärte sie schmunzelnd.
„Ich konnte sie gerade noch einmal davon abbringen, aber ich fürchte, sie lässt es heute nicht mehr los." Aragorn lächelte verschmitzt. „Die kleine Dame weiß anscheinend sehr genau, was sie will!", meinte er dann.
„Und wie geht es den anderen beiden Winzlingen?", fragte er dann leise und legte Muriel liebevoll die Hand auf den Bauch, wo bereits eine leichte Wölbung auszumachen war. Muriel zuckte mit den Schultern.
„Für heute habe ich noch keine Beschwerden vorzubringen, keine Übelkeit, kein Schwindel, alles in Ordnung", antwortete sie grinsend. „Ich hoffe nur, die beiden werden nicht ganz so starrsinnig wie unsere Tochter!", fügte sie seufzend hinzu.
Muriel und Gilraen setzten sich an den Esstisch, um zu frühstücken, und Aragorn verließ das Speisezimmer, um vor der Sitzung mit der Ministerrunde noch einigen Schreibkram in seinem Arbeitszimmer zu erledigen.
Während der wochenlangen Abwesenheit des Königs war doch einiges liegen geblieben, auch wenn Lord Ardenal als neuer erster Minister insgesamt sehr gute Arbeit geleistet hatte.
Doch gab es natürlich Schriftstücke, die allein der König unterzeichnen durfte und so hatte sich trotzdem ein beachtlicher Stapel von Dokumenten auf Aragorns Schreibtisch angesammelt.
Als auch Muriel und Gilraen ihr Frühstück beendet hatten, trafen sie sich mit Frau Lydia zur wöchentlichen Besprechung. Zu Muriels großer Erleichterung hatte sie schon direkt nach ihrer Rückkehr aus Bree erfahren, dass die gefährliche Seuche besiegt worden war und auch die restlichen Erkrankten inzwischen die Häuser der Heilung wieder hatten verlassen können.
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Von Hoffnung, Angst und Liebe
FanfictionMuriel ist eine junge Frau, die im Städtchen Bree nahe der Grenze zum Auenland aufgewachsen ist. Sie führt ein ganz normales Leben und unterstützt ihre Eltern bei der täglichen Arbeit. Doch dann erfährt sie Dinge, die sie niemals für möglich gehalte...