Neue Heimat

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„Rate einmal, was ich hier habe, schöne Frau!", rief Aragorn vergnügt, als er den Wohnraum betrat, in seiner Hand einen Zettel schwenkend.

Muriel sah von dem Buch auf, aus dem sie Gilraen gerade eine Geschichte vorlas. Sie zuckte ratlos mit den Schultern und sah Aragorn fragend an.

„Einen Brief?", mutmaßte sie schließlich. Aragorn nickte. „Richtig, einen Brief! Aber von wem, weißt du nicht!", spannte er Muriel weiter auf die Folter.

„Arwen? Eowyn? Elrond? Mutter und Vater?", fragte sie planlos drauflos. „Gar nicht schlecht", lachte Aragorn. „Jetzt musst du dich nur noch für eine Antwort entscheiden!"

Muriel verdrehte die Augen. „Jetzt mach es doch nicht so spannend!", beschwerte sie sich und zog eine Schnute. Aragorn ließ sich lässig in den Sessel neben Muriel fallen.

„Deine Eltern haben geschrieben!", löste er das Rätsel schließlich auf. „Und du wirst es nicht glauben, sie haben tatsächlich entschieden, zu uns nach Minas Tirith zu ziehen!"

Gespannt wartete Aragorn auf Muriels Reaktion. Die saß mit offenem Mund in ihrem Sessel und starrte ihren Mann an, als sei er von allen guten Geistern verlassen.

„Was?", hauchte sie schließlich ungläubig. Aragorn nickte bestätigend. „Es ist wirklich wahr. Deine Eltern verkaufen das ‚Tänzelnde Pony' in Bree und übernehmen dafür den ‚Weißen Baum'!", erklärte er.

Muriel schüttelte immer noch ungläubig den Kopf. „Das muss ich selbst lesen, sonst kann ich es nicht glauben!", meinte sie und Aragorn reichte ihr den Brief. Schnell nahm sie ihn an sich. Er trug eindeutig die Handschrift ihres Vaters.

Ganz ausführlich schrieb Gerstenmann Butterblum in der ihm eigenen Umständlichkeit, was er und seine Frau in den vergangenen Wochen entschieden hatten.

Er berichtete davon, wie sehr seine Frau darunter litt, so weit weg von ihrer geliebten Tochter und der kleinen Enkelin zu sein, die sie so sehr in ihr Herz geschlossen hatte. Außerdem wäre sie so gerne in Muriels Nähe, wenn bald schon die Zwillinge geboren werden würden.

Vater Butterblum hatte sich die Entscheidung nicht leicht gemacht. Schließlich war das ‚Tänzelnde Pony' in der dritten Generation im Familienbesitz. Doch auch er hatte in den vergangenen Jahren seit Muriels Weggang erfahren müssen, dass die Menschen aus Bree sich verändert hatten.

Zumindest hatten sie ihr Verhalten ihm und seiner Frau gegenüber verändert. Seit Muriel Königin war, wusste er nicht mehr so recht, woran er bei den Leuten war.

Früher war er der Gastwirt gewesen, der danach beurteilt worden war, ob das Essen und das Bier in seinem Hause schmeckten, ob seine Gastzimmer gut gepflegt waren, und ob die Gäste zuvorkommend behandelt wurden.

Doch seit die Leute wussten, dass er der Schwiegervater des Königs von Gondor war, hatte Butterblum das Gefühl, dass sie ihm nicht mehr ehrlich gegenüber traten.

Nicht nur einmal war es passiert, dass Gäste unglaublich freundlich und ehrerbietend mit ihm umgegangen waren, nur um zu vorgerückter Stunde zu fragen, ob er in der einen oder anderen Sache etwas Einfluss auf seinen Schwiegersohn nehmen könnte, was er natürlich immer entrüstet abgelehnt hatte.

Gerstenmann Butterblum war kein politischer Mensch und interessierte sich auch nur für Erlasse und Gesetze, so weit sie ihn persönlich betrafen.

Auch schienen die Gäste der Meinung zu sein, dass ein Gastwirt, der einen König zum Schwiegersohn hatte, kein Trinkgeld mehr benötigen würde. Anscheinend gingen sie davon aus, dass er nun als Schwiegervater des Königs finanziell ohnehin ausgesorgt hätte.

Von Hoffnung, Angst und LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt