XVII.

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Ich stellte das Glas Wasser neben mir auf meinen Nachttisch. Ich war gerade mal eine Stunde aus dem Krankenhaus, schon drückten die mir Antidepressiva in die Hand. Eine Tablette morgens, eine abends. Es war 10 Uhr früh, wenn man es früh nennen kann. Bis eben war Felix noch hier, aber ich sagte ihm das er nicht bleiben muss. Auch wenn seine Anwesenheit meine normale hälfte überglücklich macht, bringt es meine kaputte Seite um. Außerdem ertrug ich diese andauernd wechselnden Gedankengänge dabei nicht.
Schwulette.
Ich liebe ihn.
Ich hasse ihn.
Ich hasse dich.
Ich will das er bleibt.
Ich hasse mich.
Schwul.
Halt die Fresse.

Das ganze ist alles so unerträglich. Ich will ihn nicht lieben, ich will es wirklich nicht. Ich will ihn nicht verlieren, ich will nicht das er mich hasst. Ich will nicht darüber nachdenken.
Ich würde so gerne Schlafen.

Realität erkennt,
man flehend nach dem Schlafen rennt.
Doch Schlafen hält nicht ewig an,
nur sterben jetzt noch retten kann.

In eine Traumwelt, in der die Realität nicht existiert. In der keine Schwärze mein Leben kontrolliert und mich in den Tot treibt. Aber ich kann nicht schlafen, ich kann nicht aufhören nachzudenken. Es gibt so vieles worüber ich mir Gedanken machen muss. Gedanken die mich fertig machen.

Er wird dich hassen.

Ich stand schlapp auf. Fühlte mich schwer und kaputt.
Ich öffnete die Zimmertür und stoppte meinen müden gang an der Tür welche nur ein paar Meter von meiner Entfernt war. Ich hob meine Hand um zu klopfen, unterdrückte die Bewegung jedoch. Es würde doch alles nur noch schlimmer machen, ich sollte abstand von ihm halten. Also drehte ich um und ging zurück zu meiner matten Tür. Ein relativ stumpfes ,,Hey" unterbrach mich. Paluten kam auf mich zu. Ich lächelte kurz, da ich meinen Mund gerade nicht zum antworten bringen konnte. Ich öffnete die Tür und wir traten ins Zimmer. Wie setzten uns auf unsere Betten und eine bedrückende Stimmung machte sich breit. Ich vergesse manchmal das Palle Depressiv ist. Er macht meistens einen fröhlichen, normalen Eindruck. Im Prinzip zeigt es nur wie gut er darin ist das ganze in sich rein zu fressen. Generell wirken alle hier nicht wirklich Psycho. Natürlich merkt man irgendwann das sie nicht normal sind. Aber sie können ihre Krankheiten ziemlich gut verstecken. Ich hätte zum Beispiel nie erwartet das Dner Tabletten süchtig war, er macht einen vernünftigen Eindruck. Aber wann kann man schon von Eindrücken ausgehen, immerhin dachte bei mir auch niemand das ich Suizid begehen würde. Nun ja zunächst. Dann rieten sie es mir.
,,Meine Fresse wann wirken diese Tabletten",zischte ich in die Stille.
Palle sah nicht auf. ,,Ist alles okay?",fragte ich, auch wenn ich wusste wie beschissen die Frage ist.
Palle hob den Kopf und antwortete:,,Joa ich hab jetzt n Gespräch, mit der Psychologin und meinem Vater". Ich nickte mitfühlend. Ich hätte auch keinen nerv meine Mutter zu sehen. Ich meine mein Vater würde sowieso nicht kommen, ich bin ja nicht mehr sein Sohn. Dabei wusste er ja nichtmal das ich Schwul bin, er sagte es allein aus dem Grund da ich mich Ritzte, Depressiv war und Suizid versuche hinter mir hatte. Und meine Mutter war da nicht mal anderer Meinung, sie spielte auf fürsorglich, sagte aber zu ihren Buchclub Freundinnen so etwas wie:,,Ja der Sebastian, der macht gerade einen Austausch in Paris, Schule für besonders begabte". Ihr war das ganze mit mir peinlich, sie verleugnete es und wollte mich einfach nur normal haben.
Ich war ja immer der vorzeige Sohn, mit guten Noten. Und dann, großer Schreck, wurde der gute Sebastian gemobbt, verprügelt, fing an sich zu ritzen, wurde Depressiv und versuchte sich umzubringen. Was eine Blamage für Frau Meyer, die vorzeige Mutter.
,,Was halten deine Eltern eigentlich von dem ganzen?",fragte ich.
,,Naja mein Vater sieht es einfach nicht ein. Ich bin ja gesund, vollkommen normal und mache bloß eine Phase durch. Ich soll mich nicht anstellen. Und meine Mutter, sie ist vor 3 Jahren gestorben",erzählte er mir.
Ich nickte.
,,Deine?",fragte er.
Ich erzählte ihm das ganze.
,,Ah Frau Meyer, die Mutter vom begabten Sebastian, comment est Paris Sebastienne?",fragte Palle belustigt.
Ich lachte kurz.
,,Und du bist gesund, Patrick, stell dich nicht an",schüttelte ich ironisch den Kopf.
,,Sorry du musst es ja wissen du hochbegabter",sagte er.
,,Oui, et maintenant Palûten, musst du zu deinem Gespräch",lachte ich.
,,Danke für diese Information Sebastienne, ich beneide dich für deine Intelligenz",lachte er und stand auf.
,,Danke, und jetzt geh zu deiner Psychologin, du völlig normaler",antwortete ich.
Palle nickte und die Tür fiel ins Schloss.

Psychiatrie | RewilzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt