XXX.

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Manchmal öffne ich die Augen und will sie schließen. Manchmal atme ich ein und will nicht ausatmen.
Meine Augen wanderten durch den Raum und ich realisierte dass ich geschlafen hatte. Ich hätte weiter schlafen können, aber ich konnte nicht.
Ich bin seit einem Jahr müde. Aber eingeschlafen bin ich nicht. Hab es oft versucht, aber ich konnte nicht.
Ich sterbe und sterbe. Aber es endet nicht. Hab versucht es zu beenden, aber es ging nicht. Mein Leben ist schmerzhaft. Daran hab ich keine Zweifel. Jeder Atemzug ist schmerzhaft und ich wünschte es wäre nicht so. Ich habe vergessen wie es sich anfühlt frei zu sein. Frei von Schmerz und Gedanken. Ich weiß nicht mehr wie man unbeschwert lacht. Lachen, ist bloß eine Angewohnheit geworden.
War Felix lachen auch gelogen? Konnte so ein Lachen eine Maske sein?
Am liebsten hätte ich meinen Kopf für diese Fragen gegen die Wand geschlagen. Mit einem dumpfen Schlag hatte ich das auch erledigt.
Ich wollte meine Augen wieder schließen, um die wahrscheinliche Begegnung mit Felix nicht noch heute zu erleben. Ein leises klicken ließ mich jedoch aufschrecken, ich wagte es jedoch nicht die Augen zu öffnen, es könnte ja Felix sein.
,,Rewi",flüsterte eine - zum Glück- andere Stimme. Ich seufzte und erblickte Palle. ,,Komm, es gibt nen heftigen Streit",hetzte er. Ich zog die Augenbrauen zusammen, sprang aber auf. Typische Reaktion, es könnte ja etwas mit Felix sein. Ich zischte kurz auf bei meinen Gedanken und ging dann Palle hinterher.
Ich hörte schon von weitem die aufgeregten Stimmen meiner Freunde und den Pflegern. Wir betraten den Gemeinschaftsraum und ich betrachtete das Geschehen. Taddl stand mitten im Raum und schrie Ardy und einen Pfleger an. Etwas versetzt standen Felix und Dner, wahrscheinlich eingriffsbereit. Izzi und Manu waren natürlich nicht da.
,,Ja und? Ich hab aber keine Lust!",schrie Taddl. ,,Du weißt wir müssen?",der Pfleger zog eine Augen braue hoch. ,,Ihr könnt mich nicht zwingen!"
Felix und Dner schlichen auf Taddl zu, vermutlich um ihn zu packen.
Erst jetzt fiel mir die Glasscherbe in seiner rechten Hand auf - meine Variante.
,,Doch, dass können wir",sagte der Pfleger. ,,Rewi konnte sich Milliarden mal umbringen und ist nicht auf der Geschlossenen!"
Die nächsten Sekunden geschahen so schnell dass ich nicht mal Blinzeln konnte. Taddls Hand fuhr zu seinem linken Arm und Felix und Dner packten ihn von hinten. Fast verschwommen bewegte sich die Szene. Taddl fuhr herum und im nächsten Moment blutete nicht er - sondern Felix. Meine Augen schlossen sich und ich wollte sie nicht öffnen. Die Sanitäter waren natürlich Vorort und schienen Felix mit zu nehmen. Ich hörte bloß Schritte und Taddls verzweifelte, tiefe Stimme. ,,Fuck." Wiederholte es sich unzählige male.

Bis ich meine Augen wieder geöffnet hatte war Zeit vergangen. Nicht viel.
Taddl war nicht mehr im Raum, Felix war nicht mehr in Raum. Bloß neben Dner, Paluten und Ardy, nur Pfleger und Pflegerinnen die auf uns einredeten. Wenige Sekunden - höchstens 20 oder 40.
,,Oh mein Gott",brachte Palle raus. ,,Was war das gerade?". ,,Taddl hat Felix mit ner Scherbe angegriffen",antwortete Ardy ungläubig. Ich drehte mich um und ging in Richtung Krankenstation. ,,Wohin gehst du?",frage Dner. ,,Gucken was mit Felix ist." Ich atmete aus, sowas machen auch normale Freunde.
Die anderen Folgten mir Still.

Felix saß auf einer Liege und wurde gerade von einem Arzt behandelt. ,,Hat er dich schwer getroffen?",fragte Ardy. Felix wollte den Kopf schütteln, doch hielt inne als der Arzt ihn ermahnte.
Ein länglicher Strich zog sich von seinem Auge bis hin zu seinem Kinn. Es sah nicht allzu tief aus, aber meine Sorge schien diesen Fakt außer Acht zu lassen. ,,Und Taddl?",nuschelte Felix so gut es ging, während der Arzt seine Wunde reinigte. ,,Er ist in der Geschlossenen",schluckte Ardy.
Felix Miene wurde trauriger, fühlte er sich schuldig? Ich wollte ihn am liebsten in den Arm nehmen, ihm zureden und zu einem echtem Lächeln bringen - und bei jedem Gedanken wurde mein Atmen schmerzvoller.

Psychiatrie | RewilzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt