XXVI.

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Ein Monat. Ein Monat ist es nun her das ich Felix geküsst hab. Meine Gedanken haben nicht aufgehört mich mit diesem Thema zu quälen. Ein Monat, vier Wochen, 31 Tage, 730 Stunden, 43800 Minuten, 2628002 Sekunden. Einen Monat lang hatte ich nichts anderes im Kopf, als zu versuchen aufzuhören es im Kopf zu haben. Unmöglich. Jeden Tag sehe ich ihm in die braunen Augen und ich muss mich damit quälen zu widerstehen. Ich muss meine Gefühle runterschlucken, seit 2628016 Sekunden versuche ich nichts anderes.
Ich denke nicht daran mit was ich vielleicht den Tag verbringe, nein ich muss mich fragen womit Felix den Tag verbringt. Ich mache mir Sorgen um ihn und achte darauf das er isst und vergesse selbst zu essen. Ich vergesse selbst zu atmen. Ich gehe daran kaputt ihn zu lieben, doch kein Gedanke um mich dringt zu mir durch. Mein Kopf ist überfüllt von Felix.
,,Was machst du?",fragte Paluten als er ins Zimmer kam. ,,Auf dem Boden sitzen und du?",stellte ich die Gegenfrage. ,,Ins Zimmer kommen",antwortete er. ,,Tolle Aktivität",lachte ich. ,,Gleichfalls",sagte er und setzte sich neben mich.
,,Kommst du mit zu dieser Gruppentherapie?",fragte Paluten. ,,Geht ihr?",fragte ich. ,,Keine Ahnung eigentlich müssen wir alle",antwortete er. ,,Es ist Zeit Verschwendung, wir sollen mit fremden zusammen über Probleme reden, denkst du irgendwer redet da?",verdrehte ich die Augen. ,,Ja ok es ist Müll, aber Frau Klein meinte es gehört ab sofort zu unserem Plan. Also los es ist fast 15:00",sagte er und stand auf. ,,Unser Plan ist Müll",rief ich ihm hinterher als er den Raum verließ. ,,Komm du Spast",rief Felix als er am Zimmer vorbei ging.
Ein Monat ist vorbei und immer noch kribbeln meine Lippen.
Ich stand auf und folgte den beiden die Treppe runter zum Gemeinschaftsraum.
,,Willkommen im Kindergarten",begrüßte mich Taddl. ,,Nimm in unserem Stuhlkreis platz und sing mit uns",scherzte Ardy. ,,Das ist der größte Müll den ich je gesehen hab",sagte ich. ,,Sei froh das du nicht hier warst, als noch Gruppen Aktivitäten wie zusammen basteln veranstaltet wurden",lachte Paluten. ,,Leider wurde das abgeschafft",seufzte Taddl gespielt.
,,Wie viele kommen jetzt?",fragte ich. ,,Es sind verschiedene Gruppen, zum Beispiel sind Manu, Izzi und Dner um 16:00 dran. Wir sind hier so 30 Leute",antwortete Ardy. Ich nickte und setzte mich auf einen der Stühle. Neben mich setzte sich Felix. ,,Ich hoffe irgendwas passiert und das hier wird eine einmalige Sache bleiben",sagte er.
Eine einmalige Sache.
Vier Wochen sind vergangen und immer noch spüre ich seinen Atem auf meinen Lippen.
,,Ich hoffe auch",seufzte ich.
Langsam füllte sich der Raum und jeder Stuhl wurde besetzt.
,,Schön das ihr alle gekommen seid, am besten Stellt ihr euch alle mal vor",begann eine Psychologin.

,,Habt ihr die peinliche Stille gehört als sie gefragt hat wer Anfangen will?",fragte Taddl lachend als wir den Raum verließen. ,,Klar, aber das alles war peinlich",antwortete Paluten. ,,Wir müssen das jetzt alle 3 Tage durchmachen",sagte Ardy. ,,Können wir uns nicht davor drücken?",fragte ich. ,,Wir können fragen, aber ich glaube nicht",seufzte Taddl.
Paluten, Felix und ich gingen auf unsere Station. ,,Kommst du mit zu uns?",fragte Paluten, Felix. ,,Ja hab eh nichts zu tun",antwortete dieser.
Ich setzte mich auf mein Bett und Felix neben mich. Ungewollte wärme breitete sich aus.
Es war vor 31 Tagen und immer noch stockt mir der Atem.
Ich rückte ein Stück zur Seite, was Felix bemerkte. ,,Alles okay?",fragte er. ,,Jaja klar",antwortete ich. Über Felix Lippen kam ein kurzes betrübtes lächeln.
Ihm ist der Abstand aufgefallen, der Abstand den ich zu ihm hielt. Er hatte es nicht verdient für meine Dummheit und Fehler zu büßen. Ich bin schuld, nicht er. Ich musste mich zusammenreißen, er fühlt sich schlecht wenn ich mich von ihm fern halte. Ich musste meine Gefühle besser kontrollieren, damit er nicht verletzt wird. Und schon wieder drehten sich meine Gedanken um ihn.  ,,Du musst heute nicht zum Psychologen oder?",fragte Paluten mich. ,,Nein nur alle drei Tage",antwortete ich. Palle nickte lächelnd und lehnte sich an die Wand. ,,Du hast aber dafür morgen ein Gespräch mit deinen Eltern, wie ich und Izzi",sagte Felix. ,,Ja, Monatsgespräch",seufzte ich. ,,Denken immer noch alle das du irgendwas besonderes machst?",fragte Palle. ,,Austausch in Paris schätze ich, davon hatte sie mich immer überzeugen wollen",antwortete ich. ,,Frag sie doch warum sie das sagt",schlug Palle vor. ,,Sie würde es lügen und sagen es gäbe nichts wichtigeres als mein wohl",sagte ich. ,,Und die Wahrheit ist",begann Felix. ,,Ihr Image ist wichtiger",beendete ich den Satz. ,,Haben alle Eltern n Schaden?",lachte Palle. ,,Ich glaube nur die mit Psychisch gestörten Kindern",nickte ich. ,,Von irgendwo müssen wir das ja haben",lachte Felix.
Sein Lachen.

730 Stunden, 43800 Minuten, 2628002 Sekunden ist es her dass ich ihn geküsst habe. Und immer noch explodiert es, brennt es und schmerzt es in mir. Es ist Zeit vergangen, aber es heilt nicht.
Mit jedem Lächeln, jedem Wort, jedem Blick und jeder nähe von ihm reißt die Wunde wieder auf.

Psychiatrie | RewilzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt